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      Diego musste sich neben den Colonel stellen und zu ihm rüberbeugen, um der leisen Stimme folgen zu können. „Zehn, maximal fünfzehn Tage.“

      Der Offizier strich sich nachdenklich übers Kinn und studierte die hinter ihnen aufragende Skyline San Diegos. Nach einer Pause fuhr er leise fort: „Es bleibt alles, wie vereinbart. Nur die Präsentation, die werden wir verschieben.“ Auf die Reling gelehnt, warf er dem neben ihm stehenden Diego einen kurzen Blick zu. „Bis ihr die Sache geregelt habt.“

      Diego nickte, während die Fähre ihre Fahrt verlangsamte, um am Pier der Halbinsel anzulegen.

      „Warum fahren Sie nicht noch ein bisschen weiter?“ Daraufhin streckte sich der Colonel und verschwand dann raschen Schrittes die Gangway hinauf. Leise fluchend blieb Diego am Heck stehen, den Kopf ratlos in die Hände gestützt.

      Wo waren diese verdammten Diamanten?

      „Noch etwas zu trinken?“ Fragend schaut die Bedienung auf den Mexikaner und den neben ihm sitzenden attraktiven Blondschopf von vielleicht vierzig Jahren. Genau ihr Typ. Vielleicht etwas zu alt. Er schaut sie mit seinen tiefen dunkelbraunen Augen an, lächelt leicht.

      „Danke, nein.“

      Sie zuckt mit den Achseln und geht zum nächsten Tisch. Aus seinen trüben Gedanken gerissen, sieht Diego ihr nach. Süßer Hintern.

      Obwohl sich drüben in dem Büro weiterhin nichts tut, ist er optimistisch. Sicher, die Diamanten sind noch immer verschwunden. Aber er ahnt, wer sie haben könnte.

      Und das ist doch schon was.

      5. Kapitel

      Auf wackligen Beinen steigt Claire aus dem Bus, als dieser nach zwei Stunden vor ihrer Wohnanlage am Sunset Cliffs Boulevard hält. Sie nimmt ihr Gepäck und schlurft nach Eingabe des Codes durch das stählerne Tor zu den Treppen. Es ist eine kühle Nacht, eigentlich zu kalt für August. Vor der Tür zu ihrem Appartement angelangt, sucht sie fluchend eine volle Minute in den Tiefen ihrer Reisetasche nach dem Schlüssel. Nachdem sie endlich in die Wohnung gelangt ist, lässt sie ihr Gepäck noch im Flur fallen und geht in den angrenzenden Wohnraum, um das Licht einzuschalten. Sie blickt sich um. Alles steht genau so aufgeräumt und leer da, wie sie es zwei Wochen zuvor verlassen hat. Sie fühlt sich wie die erste Besucherin eines für lange Zeit unbewohnten fremden Hauses. Gedankenverloren streicht sie über das beigefarbene Sofa und betrachtet missmutig den dünnen Staubfilm, der sich auf ihre Finger gelegt hat. Und dazu diese abgestandene Luft. Sie öffnet die Fenster, um das Appartement von dem muffigen Geruch zu befreien. Sofort dringt das vertraute Geräusch surrender Klimaanlagen vermischt mit dem heraufklingenden Straßenlärm von draußen an ihr Ohr. Etwas, das sie die Wohnung gleich ein wenig wohler, vertrauter empfinden lässt.

      Claire geht ins Bad, duscht und cremt sich ein. Nur noch Zähneputzen, ein Nachthemd über und fertig für die Nacht. Ihre Vorfreude trübt sich, als sie im Schlafzimmer Matratze und Decke unbezogen vor sich liegen sieht. Leise fluchend wühlt sie in einer Kommode nach frischen Laken.

      Als sie mit dem Beziehen fertig ist, lässt sie sich auf das gemachte Bett fallen, schaltet das Licht aus und schließt die Augen.

      Aber obwohl sie müde und erschöpft ist, lässt sie der ersehnte Schlaf im Stich. Ihre Gedanken wandern zur Beerdigung ihres Vaters in Südafrika. Da ihre Mutter sich standhaft geweigert hatte, ihrem untreuen Ex-Ehemann die letzte Ehre zu erweisen, flog Claire allein ans Kap. Die Veranstaltung fand in großem Rahmen statt, locker achtzig Trauergäste. Ganz und gar nicht nach Claires Geschmack. Statt sich auf eine der vier vorderen, für die Familie reservierten Bänke zu setzen, nahm sie in einer der hinteren Reihen Platz. Von dort aus sah sie zum ersten Mal in ihrem Leben die zweite Frau ihres Vaters, Nele. Klein, von Trauer gebeugt und rundlich saß sie in der ersten Reihe. So ein ganz anderer Typ, verglichen mit ihrer Mutter. Eingerahmt wurde sie von zwei Männern in den Zwanzigern. Offensichtlich Peter und Greg, Claires Halbbrüder. Ansonsten erkannte Claire niemanden.

      Nach der Hälfte des Gottesdienstes ertrug sie die Litanei nicht mehr, stand auf und ging nach draußen. Dort schnorrte sie von einem der wartenden Sargträger eine Zigarette und rauchte seit sehr langer Zeit wieder ein paar Züge.

      Als die Zeremonie zu Ende war, kondolierte Claire am Ausgang unbeholfen Nele und ihren Söhnen. Am Begräbnis nahm sie nicht mehr teil, ging dafür am nächsten Tag auf den Friedhof zum Grab ihres Vaters. Aber auch da, wie schon am Tag zuvor, spürte sie statt Trauer nur eine tiefe Leere in sich. Hätte sie nicht bis zur Testamentseröffnung in Kimberley bleiben müssen, am liebsten wäre sie gleich wieder abgereist.

      Dort wurde der ihr drei Tage später eröffnet, dass ihr Vater jedem seiner drei Kinder ein Anlagenpaket im Wert von einer Million Rand hinterließ. Überrascht, weniger von dem Geldsegen, als von der Tatsache, dass ihr Vater überhaupt an sie gedacht hatte, schüttelte sie Nele und ihren Halbbrüdern zum zweiten und wohl auch letzten Mal in ihrem Leben die Hand und reiste unverzüglich ab.

      Für ein paar Tage fuhr sie nach Kapstadt zu den Orten ihrer Kindheit und Jugend. Immer auf der Suche nach etwas Fühlbarem. Aber ob in Constantia, vor dem Haus, in dem sie so viele Jahre gelebt hatten, oder in Camps Bay und Clifton: Sie fand es nicht. Sogar ihrer alten Highschool und den Plätzen, an den sie mit der Gang surfen gewesen war, stattete sie einen Besuch ab. Nichts. Nur als sie durch Simons Town fuhr, empfand sie so etwas wie Freude. Das aber lag an den nostalgischen Erinnerungen an die mit Dave dort verbrachten Stunden. So sehr sie die Schönheit der Kap-Region liebte, Claire war froh, als sie drei Tage später abreisen konnte.

      * * *

      Gerädert von unruhigem und jetlagbedingt viel zu früh geendetem Schlaf klettert Claire gegen halb sechs verkatert aus dem Bett. Unschlüssig geht sie in die Küche, trinkt ein paar Schluck Wasser aus dem Hahn. Dabei fallen ihr die in der Ecke stehenden Laufschuhe auf.

      Während der ganzen Reise war sie vielleicht dreimal am Strand joggen, viel zu wenig für eine, die sonst bei Wind und Wetter draußen ist. Also schnappt sie die Schuhe, schlüpft in ihre Sportsachen und geht runter zu ihrem alten Chrysler Voyager. Ab zum Mission Beach.

      Dort läuft sie im Schein der hinter den Bergen San Diegos aufgehenden Sonne ihre übliche Vier-Kilometer-Tour den verwaisten Strand hinauf und hinab, um dann in der Sandbar beim Ocean Walk ein ausgiebiges Frühstück zu bestellen.

      Sie hat ihren Kindle dabei, doch statt den Roman weiterzulesen, schaut sie zerstreut Ben bei seiner Arbeit zu. Es ist noch nicht viel los, deshalb setzt sich der Kellner zwischen zwei Bestellungen kurz an ihren Tisch.

      „Hey, länger nicht gesehen.“

      „Ja, war verreist.“

      „Wo denn?“

      „Kapstadt.“

      „Scharf.“ Jetzt ist sein Interesse geweckt.

      „Und, warst du draußen?“

      Draußen ist für Ben gleichbedeutend mit surfen. Außer dem Job und Schlaf scheint es für ihn nichts anderes zu geben. Und beides gehört auch irgendwie zum Surfen dazu. Der Job, um zu reisen und Boards zu finanzieren, und der Schlaf, um fit für die nächste Session zu sein.

      Claire muss lachen, denn sie ahnt, was kommt. Seit sie ihn kennt, seit ein paar Jahren also, versucht er immer wieder, sie zu ein paar Wellen zu überreden. Und das bloß, weil sie ihm in einem schwachen Moment von

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