Die Adria entlang von Görz bis Bar. Josef Mugler

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Die Adria entlang von Görz bis Bar - Josef Mugler

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Salinen, deren Besitz den Venezianern immer ein Dorn im Auge gewesen war, wurde ein neuer Stadtteil, der Borgo Teresiano, samt dem Canale Grande errichtet, in dem die Schiffe vor Wetter besser geschützt waren als draußen an den Molen. Die Zollfreiheit war übrigens nur ein Mosaikstein im Gesamtbild der gewährten Privilegien. Beispielsweise genossen zugezogene Händler Straffreiheit für anderswo begangene Delikte. Steuerfreiheiten, Schuldenerlässe und Freiheit vor Zugriffen lokaler Behörden ergänzten sich zu einem fruchtbaren Boden für allerlei Unternehmungen, auch wenn dies nach heutigen Vorstellungen moralisch oder öffentlich-rechtlich fragwürdig erscheint.

      1775 wurde eine Ostindische Handelskompanie gegründet und 1776 segelte ein gewisser Kapitän Bolts mit dem Schiff „Joseph und Theresia“ entlang der Ostküste Afrikas bis nach Ostindien. Er erwarb von Einheimischen kleine Ländereien und gründete auf diese Weise erste österreichische (Zwerg-)Kolonien, die aber bald wieder in Vergessenheit gerieten. Während der napoleonischen Zeit verlor Triest vorübergehend seinen Freihafenstatus, ein Drittel seiner Einwohnerschaft und 95% seines Handelsvolumens.

      Mit der Rückkehr in die österreichische Hegemonie 1813 bzw. „endgültig“ durch die Schlussakte des Wiener Kongresses 1815 setzte allerdings bald wieder ein Aufschwung ein. Mit dem Raddampfer Carolina wurde 1818 die erste Linienschifffahrt in der Adria, von Triest nach dem nunmehr ebenfalls österreichischen Venedig aufgenommen. Die Verwertung der genialen Erfindung des aus Böhmen stammenden Forstbeamten Joseph Ressel versäumte Triest allerdings. 1829 wurde ihm die Vorführung des neuen Antriebs durch eine Schiffsschraube mit dem Schiff „Civetta“ innerhalb des Hafenbereichs wegen Gefährdung der Sicherheit untersagt.

      Im April 1833 gründete der Triestiner Kaufmann Karl Ludwig Freiherr von Bruck nach Londoner Vorbild den Österreichischen Lloyd. Diese Gesellschaft beschloss 1836 den Bau von sechs Dampfschiffen und am 16. Mai 1837 lief der Lloyd-Dampfer „Arciduca Ludovico“ mit 53 Passagieren an Bord zu seiner ersten Fahrt nach Konstantinopel aus.

      chapter6Image1.jpeg Der erste Lloyd-Dampfer "Arciduca Ludovico" (Illustration von Robert Ruß, Kronprinzenwerk, Band Das Küstenland, 1891, S. 315)

      In der Folge wurden in Triest die Versicherungsgesellschaft „Assicurazioni Generali“, das Arsenal und mehrere Werften gegründet. Bis 1914 steigerte der Österreichische Lloyd die Zahl seiner Schiffe auf 65 und die Zahl der Beschäftigten auf 6.000. Dazu kamen noch einige kleinere Reedereien und die von Fiume (Rijeka) aus operierende Ungaro-Croata mit immerhin weiteren 49 Schiffen im Jahr 1914.

      Doch mit dem Hafen ging es in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts trotz des Lloyd wieder mehr bergab als bergauf. Die Wirtschaftskrise im Gefolge des Börsenkrachs von 1873 verstärkte diesen Trend. 1875 appellierte der Präsident der Triestiner Handelskammer Brüll an den Kaiser, „unseren Handel wieder aufblühen zu machen, der jetzt leider in entschiedenem Rückgange begriffen ist“ (Coglievina 1875, S. 9).

      Während der Revolutions- und Abspaltungsversuche der Lombardei, Veneziens und Ungarns im und um das Jahr 1848 blieb Triest den Habsburgern treu und erhielt dafür den Titel „Città fedelissima“ – die Allertreueste. Nach der Gründung des italienischen Nationalstaates 1861 ergriff die Irredentismus-Bewegung aber doch auch Triest. Beim Besuch des Kaisers Franz Joseph 1875 titelte die Zeitung „Adria“ noch: „Noi vogliamo essere Austriaci“ (wir wollen Österreicher sein) und auf der Piazza Giuseppina wurde im Beisein des Kaisers das imposante Denkmal für den in Querétaro hingerichteten Kaiser Maximilian von Mexiko, den Bruder Franz Josephs, enthüllt.

      1882 feierte man das Jubiläum der 500-jährigen Zugehörigkeit Triests zu Österreich ebenfalls in Anwesenheit des Kaisers. Dabei entging Franz Joseph nur knapp einem Bombenattentat durch Guglielmo Oberdan. Im Prozessverfahren bemühte sich angeblich das österreichische Gericht, dem Beschuldigten Verwirrung und fehlende Tötungsabsicht zu unterstellen, was aber am hartnäckigen Bekenntnis von Oberdan gescheitert sein soll. Die Hinrichtung bewirkte seine Verherrlichung als Opfer der österreichischen Unterdrückung.

      Der Schock über die Zustände in Triest – wirtschaftlich und politisch – saß tief. Der Kaiser sprach ein Machtwort: „Es muss etwas für Triest geschehen!“ Auf die allgemeine Ratlosigkeit hin soll Franz Joseph den Stadtplanern gesagt haben: „Machen Sie es so wie in Wien, nur ein bisserl kleiner!“

      An den unbefriedigenden Zuständen konnte auch die neue Bahnverbindung nach Wien wenig ändern: Am 27. Juli 1857 hatte Kaiser Franz Joseph persönlich den Schlussstein für die durchgehende Bahnverbindung von Wien nach Triest gesetzt. Bis dahin „verkehrten“ zwischen Wien und Triest bis zu 40.000 Pferde täglich, welche vor allem von ungarischen Magnaten geliefert wurden. Kein Wunder, dass diese kein Interesse an Kanal- und Bahnbauten über ihr Territorium hatten, sodass zunächst (nach den napoleonischen Kriegen) der Wiener Neustädter Kanal nicht weitergeführt werden konnte und danach die Bahn über den schwierigen Semmering und das hügelige Gelände der Steiermark und Krains geführt werden musste. Der Bahnstrecke folgte 1878 die Eröffnung des im Wesentlichen noch wie damals aussehenden Gebäudes des Südbahnhofes (heute: Trieste Centrale), dessen Architekt jener Wilhelm von Flattich war, der auch den Wiener Südbahnhof geplant hatte.

      chapter6Image2.jpeg Trieste Centrale, einst das Ende der Südbahn am Meer (2015)

      Angeblich wurde diese Bahnverbindung, die von der privaten Südbahngesellschaft betrieben wurde, wegen der hohen Tarife nicht gut angenommen. Eine Staatsbahn sollte Abhilfe schaffen. Also baute man vom Triestiner Südbahnhof entlang der Riva ein Gleis bis Sankt Andrä am Südende der Stadt („Riva-Bahn“) und weiter hinauf in den Karst nach Hrpelje/Erpelle (heute Hrpelje-Kozina). Diese „Hrpelje-Bahn“ hatte auf 27 Kilometern fast 500 Höhenmeter zu überwinden. Von Hrpelje Richtung Laibach fuhr man zunächst auf dem schon vorhandenen Ast der Südbahnverbindung mit Pola weiter, die in Divača auf die alte Südbahntrasse nach Triest traf. Auch diese ab 1887 zur Verfügung stehende Bahnverbindung brachte nicht die erhoffte Steigerung des Güterverkehrs.

      Daher tauchte bald unter dem Namen „Neue Alpenbahn“ die Idee einer weiteren (dritten) Bahnverbindung auf, die Triest über Görz und Kärnten an Westösterreich und Süddeutschland anbinden sollte. Diese bereits im Zusammenhang mit Görz beschriebene Bahn war eingleisig und führte ab 1906 über Sežana und Villa Opicina an den Abhängen des Karst herab und von Süden in die Stadt hinein zu einem neuen Hafengelände und dem dort errichteten Staatsbahnhof. Das führte dazu, dass Triest trotz schwierigem geografischem Terrain am Beginn des 20. Jahrhunderts von zwei Seiten her an das mitteleuropäische Bahnnetz angebunden war.

      Dass es nicht und nicht zu einer wirtschaftlichen Wende kam, war daher weniger einer unzureichenden Verkehrsanbindung als vielmehr der Ineffizienz des Hafens zuzuschreiben. Der 1867 begonnene Ausbau des neuen Hafens, der heute „alter Hafen“ (Porto vecchio) heißt, an der Endstation der Südbahn wurde erst 1883 fertig. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde ein Hochseeschiff in Hamburg in nur 36 Stunden be- und entladen, während man in Triest dafür angeblich mehr als zwei Wochen brauchte (Neumann-Spallart 1882, S. 45). Hamburg ließ in der Tat Triest als Haupthafen für die österreichische Wirtschaft immer weiter hinter sich. Und für die sprunghaft gestiegene Zahl der Durchreisenden, die in Triest eine Schiffsreise antraten oder von einer zurückkehrten und hier einmal übernachten mussten, war noch am Beginn des 20. Jahrhunderts die verfügbare Bettenzahl zu knapp.

      Heute erinnern nur Ruinen, desolate Hallen mit Billighandelsläden und verlotterte Lagergebäude an das einstige „Welt-Logistikzentrum“ – und die eine oder andere Gedenktafel an Menschen, die hier unter nationalsozialistischer Herrschaft oder danach als Heimatvertriebene (Esuli) aus Istrien und Dalmatien zusammengepfercht waren und eines unbekannten Schicksals harrten. Vereinzelt wird einer der vielen ambitionierten Revitalisierungspläne für das 500.000 Quadratmeter große Areal tatsächlich verwirklicht,

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