Kirche im freien Fall. Cristina Fabry

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Kirche im freien Fall - Cristina Fabry

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Tag war noch nicht zu Ende und er beschloss, die Mittelständler vorerst in Ruhe zu lassen. Lieber gleich in die örtliche Schokoladenfabrik, die noch immer keine utz-zertifizierten Produkte lieferte, geschweige denn fair gehandelte. Doch wenn er geglaubt hatte, nur den Hauch einer Chance zu haben, zur Konzernleitung vorzudringen, hatte er sich geschnitten. Die wussten schon, warum sie sich abschotteten, denen hätte sonst schon längst jemand den Kopf gewaschen, den Hintern versohlt und die Eier rasiert. Aber so wichtig, dass sie Personenschutz erhielten, waren sie auch wieder nicht. Die Privat-Adresse der Familie hatte er längst ermittelt und so musste er sich nur an der Einfahrt auf die Lauer legen. Als Heribert keuchend vom Joggen aus dem Wald kam, stellte Kiel sich ihm unversehens in den Weg und sagte: „Sie werden jetzt zuhören, was ich Ihnen zu sagen habe. Es dauert nur eine Minute, danach können Sie damit machen was Sie wollen.“

      „Gehen Sie mir aus dem Weg Sie unverschämter Flegel!“, schnaubte Heribert und versuchte, Kiel beiseite zu schubsen. Aber Kiel war kampferprobt und willensstark und das Überraschungsmoment war auf seiner Seite. Er nahm den Unternehmer in den Schwitzkasten und sprach ruhig direkt in sein Ohr: „Auf den Plantagen Ihrer Bezugsquellen für Kakaopulver arbeiten sich Kinder zu Tode, die von ihren Eltern entführt wurden, um sie als Sklaven auszubeuten, darum ist der Rohstoff so billig. Obwohl Sie das wissen, wechseln Sie nicht den Lieferanten. An ihrer Schokolade klebt das Blut tausender Kinder, genauso wie an ihrem Vermögen. Ändern Sie das oder fahren Sie zur Hölle.“

      Er ließ Heribert los und verschwand in der Dunkelheit.

      Am Dienstag fuhr er mit der Bahn in die Landeshauptstadt. An die Politiker heranzukommen, erwies sich als unmöglich. Da musste er sich schon informieren, wann wer wo öffentlich auftrat und wenn er sich einmal einer Person unrechtmäßig genähert hätte, würde er das kein zweites Mal tun können. Also verlegte er sich auf E-Mails und Videobotschaften. Aber das konnte ja nicht funktionieren, er brauchte den unmittelbaren, menschlichen Kontakt. Nur so konnte er seine Adressaten erreichen.

      Eine Woche später lag Hoberg in seinem Blut. Etliche waren alles andere als betroffen, denn er hatte als die Reinkarnation des Bösesten aller Bösen gegolten. Aber trotz allem war es ein Mensch, der getötet worden war. Kiel hatte es nur aus einem Grund getan: damit sie ihm endlich zuhörten, damit seine Botschaft ankam, damit sie umkehrten, sich auf das besannen was wirklich wichtig war: Wahrheit, Gerechtigkeit, Mitgefühl, Barmherzigkeit, Verantwortung, das Leben und die Liebe. Dafür war ein Opfer nötig gewesen und er hatte ein Opfer gewählt, bei dem der Schmerz über den Verlust am geringsten wog.

      Sie sperrten ihn weg. Niemand hörte ihm zu. Es saßen längst zehn neue Hobergs in den Startlöchern. Das Martyrium ihres Parteifreundes hatte ihnen nur Aufwind beschert. Kiel hatte nichts erreicht. Der Schokoladenonkel rieb sich erfreut die Hände, als er sein Foto in den Nachrichten sah. Pressesprecher Schuhmann atmete erleichtert auf, dass er die Begegnung unbeschadet überlebt hatte.

      Paul aß heute Margherita. Er hatte nicht mehr so viel Zeit im Internet zu shoppen, weil er seit neuestem mit der Straßenbahn zur Arbeit fuhr. Seine Frau war angenervt, aber sie würde sich schon daran gewöhnen, genauso wie Paul sich ihrer neuesten Leidenschaft beugte: Gepa-Schokolade.

      Epilog in der Hölle

      Tobi: Was machst Du denn hier? Wieso bist du nicht im Himmel?

      Grete: Hab' mich freiwillig gemeldet. Dass ich so einen wie dich auf die Welt gebracht und großgezogen habe, werde ich mir nie verzeihen. Außerdem kann man dich ja nicht eine Minute allein lassen. Am Ende machst du noch Terror in der Hölle, als wenn es hier nicht schon ohne dich schlimm genug wäre.

      Tobi: Wieso Terror? Ich hab' aufgeräumt. Neun auf einen Streich. Das soll mir mal

      einer nachmachen.

      Grete: Lieber nicht. Und zählen kannst du auch nicht.

      Tobi: Wieso?

      Grete: Weil es elf Menschen waren. Schließlich hast du erst mich und dann

      dich selbst erledigt.

      Tobi: Das musste ich tun. Ich musste dich schützen.

      Grete: Mich schützen?! Wovor denn?

      Tobi: Vor dem linken Mob, der dir die Schuld gegeben hätte.

      Grete: Ich hätte nichts zu befürchten gehabt, wenn du dich nicht so feige aus dem

      Staub gemacht hättest.

      Tobi: Ich bin nicht feige!

      Grete: Bist du wohl. Schon immer gewesen. Hattest nie den Mut, dich dem Leben zu stellen. Immer war alles zu schwierig. Keine Ausbildung hast du zu Ende gebracht, keine Frau gefunden, der du gefallen hast, hast noch mit über vierzig Jahren an meinem Rockzipfel gehangen...

      Tobi: Ohne mich wärst du doch nicht klargekommen!

      Grete: Wäre ich bestens! Du hast mir nur Arbeit gemacht. Kochen musste ich für dich, deine stinkenden Klamotten waschen, deine miefige Hundehütte wenigstens ab und zu mal saugen und überall feucht durchwischen, damit mein Haus nicht von Parasiten heimgesucht wurde. Beizutragen hattest du gar nichts, nicht einmal die klassischen Männerjobs wie Dachrinne reinigen, Auto reparieren, Terrassenplatten auswechseln oder wenigstens Rasen mähen. Das konnte ich alles besser als du.

      Tobi: Ich war eben beschäftigt.

      Grete: Ja, mit stundenlangem Surfen im Internet, beim Spiele zocken und bei tagelangen Kommentarschlachten mit lauter Dumpfbacken, die genauso blöd sind wie du.

      Tobi: Du hast doch überhaupt keine Ahnung!

      Grete: Nee, stimmt, wenn ich eine Ahnung gehabt hätte, dann hätte ich rechtzeitig

      etwas unternommen. Dummerweise war ich nur genervt, wo ich hätte besorgt sein müssen. Wenigstens hast du dich selbst aus der Welt geschafft. Es wäre nur rücksichtsvoller gewesen, wenn du niemanden mitgenommen hättest. Ist dir eigentlich schon einmal aufgefallen, dass von den Muslimen, die du getötet hast, nicht ein einziger hier in der Hölle gelandet ist?

      Tobi: Die haben bestimmt ihre eigene Hölle.

      Grete: Sicher. Wäre ja eine Zumutung, wenn sie auch noch die Ewigkeit mit dir

      verbringen müssten.

      Tobi: Wieso Ewigkeit? Ich werde sowieso bald wieder geboren, als größter Kanzler

      aller Zeiten! Und dann bringe ich mein Werk zu Ende. Dann werden die alle ausgelöscht, die bösen und minderwertigen Völker!

      Grete: Als Grökaz? Träum weiter! Wenn du wiedergeboren wirst, dann höchstens

      als Kakerlake. Wenn du Glück hast.

      Tobi: Und wenn ich kein Glück habe?

      Grete: Als Eisbär.

      Alles Wurst

      Seltsame Fortbildung. Es war nicht einmal klar, ob die Kollegen, mit denen sie duschen ging, überhaupt Kollegen waren. Seltsames Bad, hatte irgendwie Wohnzimmeratmosphäre, mit Stoff-Vorhängen an einer Seite und drei Duschköpfen in der Mitte des Raums unter der Decke. Sie hatte auch einen Moment gezögert. Jetzt wirklich duschen? Konnte sie das bringen mit diesen

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