Der Zorn der Hexe. Lars Burkart

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der Zorn der Hexe - Lars Burkart страница 20

Автор:
Серия:
Издательство:
Der Zorn der Hexe - Lars Burkart

Скачать книгу

Augen schmerzten, sie waren trocken wie die Wüste Gobi. Und ihr Rücken fühlte sich an wie ein Brett. Aber sonst war da nur ein einziger Gedanke: Habe ich eine Tante? Oder einen Onkel? Haben sie eine Familie? Wo sie wohl leben? Haben sie Kinder? Natürlich haben sie Kinder, verdammt. Wer, glaubst du, soll sonst den Fluch fortsetzen?

      Und das holte sie zurück auf den Boden der Tatsachen. Plötzlich wusste sie wieder, was sie hier tat. Sie musste ihre Namen herausfinden! Wenn ihre Vermutung zutraf und ihr Vater wirklich noch Angehörige hatte, war sie es diesen Menschen und ihrer Familie schuldig. Dann musste sie sie warnen. Koste es, was es wolle.

      Diese verdammten Schriftstücke, diese dreimal verdammten! In ihnen stand jede Einzelheit, wie es zu dem Schlamassel hier gekommen war, wer ein Opfer geworden war und wann. Was aber nicht darin zu stehen schien, war ausgerechnet die Frage, die Sabine so brennend interessierte. Und das war doch wirklich zum Mäusemelken!

      Sie suchte noch etliche Stunden weiter, und während der ganzen Zeit überlegte sie, wie es ihr sonst möglich sein könnte, an die Namen heranzukommen. Im Grunde genommen konnte das nicht allzu schwer sein. Oder?

      Das staatliche Geburtenregister. Da müssten doch solche Informationen aufbewahrt werden. Da müsste doch eigentlich alles stehen. Das war schon einmal ein guter Plan. Blieb nur abzuwarten, ob er sich auch einfach in die Tat umsetzen ließ. Sabine hatte nämlich keine Ahnung, ob sie dort überhaupt Zutritt bekam. Konnte gut möglich sein, dass man sie gar nicht erst hineinließ.

      Sie ging einfach vom schlimmsten Fall aus. Da sie aber schlecht vor verschlossener Tür stehen bleiben konnte, musste sie sich etwas einfallen lassen. Was tun, sprach Zeus. Und genau darüber zerbrach sie sich nun einige Zeit lang ihr hübsches Köpfchen.

      Doch ihr wollte partout nichts einfallen. Es war, als sei ihr Kopf zum Bersten gefüllt und kein Platz mehr darin. Und sie saß da und versuchte, mit einem überdimensionierten Holzhammer noch mehr Informationen hinein zu prügeln. Das konnte nicht gutgehen. Da musste irgendwann etwas nachgeben. Blieb nur die Frage, ob es der Holzhammer sein würde oder ihr Kopf …

      Es war ihr Kopf. Er hatte schon seit Längerem seinen Dienst einfach eingestellt und sah auch nicht ein, ihn in nächster Zeit wieder anzutreten – vor allem nicht ohne eine Pause. Aber eine Pause kam für Sabine nicht in Frage. Ob das ein Fehler war? Sie war doch aber so aufgeregt! Wie konnte sie da an eine Pause denken? Zuerst alle diese schrecklichen Neuigkeiten, dann die Nachricht, dass sie vielleicht doch nicht die Letzte ihrer Familie war, und zu guter Letzt wollte ihr nicht einfallen, wie sie Gewissheit bekommen würde. Und da sollte man nicht aufgeregt sein?

      Und dann kam auch noch die bange Frage hinzu, ob die anderen, ihre unbekannten Verwandten, von dem Verhängnis wussten. Das war ein Gefühl, als säße sie auf Kohlen. Vielleicht wussten sie es nicht und es traf sie dann eines Tages wie aus heiterem Himmel? Eine schreckliche Vorstellung! Soweit wollte Sabine es nicht kommen lassen. Sie musste Gewissheit bekommen. Und das ging nur, wenn sie pausenlos arbeitete, forschte und suchte…

      Und genau hier begann der Teufelskreis. Sie musste zwar hart arbeiten, sicher, aber sie musste auch einmal ruhen, um so hart arbeiten zu können. Vielleicht begriff sie diesen Punkt sogar, bevor ihr Körper seinen Tribut forderte, vielleicht aber auch nicht und es traf sie überraschend. Aber wie auch immer: Früher oder später musste sie ausruhen, ob sie nun wollte oder nicht. Die Frage war nur, auf welche Weise. Scheinbar wählte sie die Ich-arbeite-bis-zur-totalen-Erschöpfung-Methode. Denn sie gönnte sich keine Sekunde Ruhe. Na, wenn das mal gut ging!

      Ein paar Stunden später saß sie immer noch da und las in den Blättern – allerdings, ohne den Inhalt zu begreifen. Ihr Kopf hämmerte wie ein Trommelkonzert, in dem keine anderen Instrumente mitwirkten, nur Trommeln, Hunderte von Trommeln. Ihr Nacken war hart, wie in Granit gehauen, in ihrem Rücken piekste und stach es, und ihre Muskeln schmerzten. Wie lange wollte sie dieses Spiel noch weiterspielen?

      „Ganz einfach, so lange ich muss! Und wenn es sein muss, sogar noch länger!“, spie sie dem verdammten Papier entgegen, das in ihren Händen zitterte wie ein ängstliches Rehkitz. Sie hatte kaum noch Kraft, es zu halten, aber noch genug Kraft, um Sprüche zu klopfen.

      Allmählich machte sie sich doch Gedanken. Sie überlegte, was sie eigentlich erreichen wollte und ob sie es auch erreichte, wenn sie nicht einmal mehr genug Kraft hatte, um ein Blatt Papier hochzuheben.

      „Niemand hat gesagt, dass es leicht wird! Ich koche mir einfach einen Kaffee, der bringt mich schon wieder auf die Beine!“

      Das hatte sie sich gut ausgedacht. Sie hat aber nicht bedacht, dass sie schon erschöpft war. Wenn sie saß, ging es noch. Aber wenn sie aufstand …

      Jedenfalls knackten ihre Kniegelenke protestierend, doch als sie ein paar Schritte gegangen war, werkelten sie ohne zu murren. So weit, so gut. Es war aber erst die halbe Miete. Die Knie taten zwar nun, wie sie sollten, aber da war noch der Rücken, der piekste, als hätte sie im Bett eines Fakirs geschlafen und der Kopf, in dem sich scheppernd das Trommelkonzert die Ehre gab.

      Anfangs sah es noch gut aus. Sabine verkraftete die Schmerzen überraschend gut. Sie kochte sich Kaffee. Als sie sich aber an der Arbeitsplatte abstützte, wurde ihr schwummerig, und für den Bruchteil einer Sekunde war es, als geriete sie mit einem kleinen Boot in einen Sturm. Der Wind schüttelte das Gefährt hin und her, und die Wellen trieben es wie ein Streichholzheftchen vor sich hin. Wenn es einen Wellenkamm erreichte, stürzte es mit Karacho zurück ins Tal. Vielleicht sollte ich mich kurz mal hinlegen, dachte sie, das hier kann ja nicht gesund sein!

      Bist du verrückt, fragte ihre innere Stimme sofort, wenn du das tust, stehst du doch nie, nie, nie wieder auf!

      „So weit ist es also schon: Selbst meine innere Stimme quasselt doppelt gemoppelt. Ich sollte mich wirklich einen Augenblick hinlegen …“

      Sabine stapfte in Richtung Wohnzimmer und war davon überzeugt, sich nur ganz kurz hinzulegen. Nur mal eben die müden Beine ausstrecken, mehr wollte sie gar nicht! Doch sie hatte die Rechnung ohne ihre müden Glieder gemacht. Es dauerte nämlich keine zwei Sekunden, und sie war eingeschlafen. Es war kurz nach Mitternacht, und sie schlief bis zum Vormittag des übernächsten Tages. Sie schlief sechsunddreißig Stunden.

      7. Kapitel

       7. Kapitel

      Sabine erwachte gegen zehn. Sie hatte keine Ahnung, wie lange sie geschlafen hatte – sie glaubte, knapp zehn Stunden. Sie fühlte sich jedoch, als könne sie gleich noch einmal so lange schlafen. Und ihre Blase erst, die war zum Bersten gefüllt!

      Sie stand mühsam auf, ging sich erleichtern und wollte sich Kaffee aufsetzen. Doch als sie die Küche betrat, lag bereits ein Duft von gebrühtem Kaffee in der Luft. Als sei nichts von alledem geschehen. Als wäre ihr Vater vor ihr aufgestanden und hätte ihn schon aufgesetzt … So war das nämlich immer: Wenn sie endlich aufstand, duftete es schon nach frisch gebrühtem Kaffee.

      In der Kanne war tatsächlich Kaffee, dieses köstliche, schwarze Getränk, und einen Augenblick lang glaubte sie tatsächlich, sie hätte die letzten Tage nur geträumt. Alles war nur ein Traum gewesen, gleich würde ihr alter Herr in die Küche kommen, ein „Guten Morgen“ grummeln, sich den Kopf kratzen, wie er es immer tat und sie beide gemeinsam frühstücken.

      Doch dann begriff sie, dass es leider nicht so war. Der Kaffee war nur der, den sie selbst sich gekocht hatte, bevor sie eingeschlafen war. Und das hieß leider auch: Es war leider kein Traum gewesen, sondern die bittere Wirklichkeit.

      Sie schaltete

Скачать книгу