Sky-Navy 07 - Jäger und Gejagte. Michael Schenk
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„Ausführende Hand der Seher“, meldete sich dieser. „Ich empfange leichte Schwingungswellen.“
„Austritt?“, fragte Ter-Tesor hastig.
Der Ortungsspezialist schwieg einen Moment und konzentrierte sich auf seine Anzeigen. Im Stachelfutteral seines Sitzes bildeten sich Pheromone, als die Schiffssysteme die Ergebnisse der Scanner in feinste Duftmoleküle umwandelten. „Ich bestätige die Schwingungen eines nahen Austritts. Entfernung geschätzt 350. Richtung auf den Bug, ungefähr bei einem Viertelkreis nach Rechts und einem Achtelkreis in der Höhe. Schwingungen werden stärker. Austritt aus dem Schwingungsraum steht unmittelbar bevor.“
„Hand der Sprecher!“ Ter-Tesor trat näher an den Funker heran. „Sofortige Verbindung zu allen Schiffen.“
„Meine Hand folgt deinem Willen“, kam die Entgegnung. Einige Anzeigen im Pult erloschen, andere glühten auf. „Verbindung steht.“
„Höchst-Wort an alle Hoch-Worte: Feindkontakt steht unmittelbar bevor. Entfernung voraussichtlich 350, bei einem Viertelkreis rechts auf den Bug und einer Erhöhung von einem Achtelkreis. Ich spreche das Wort an alle Hoch-Worte und die ausführenden Hände der Stecher: Alle Einheiten ändern den Kurs auf die Austrittsposition des Gegners. Wenn sich bei den Feinden ein Schiff des neuen Typs befindet, so darf dies unter keinen Umständen zerstört werden. Alle Stecher konzentrieren sich auf das dortige Nest der Worte und machen das Schiff handlungsunfähig.“ Mit dem Nest der Worte war nichts anderes als die Brücke des Gegners gemeint. „Die beiden Dreischiffe bleiben zurück und halten sich bereit, die Kleinschiffe mit den Bions und den ausgewählten Händen auszuschleusen. Alle Zweischiffe bilden die Formation der zupackenden Klaue. Sobald der Feind aus dem Schwingungsraum austritt, beschleunigen alle Zweischiffe mit maximaler Fahrt, um die Distanz zu verkürzen und günstige Positionen zum Stechen einzunehmen. Alle Hoch-Worte: bestätigen.“
Die Kommandanten der einzelnen Schiffe bestätigten die Befehle, während Ter-Tesor sich bereits Kelar zuwandte, der inzwischen die Kursänderung der Nelharab befohlen hatte. Am Heck des Schiffes flammten die Schubdüsen auf und beschleunigten das riesige Hantelschiff. „Ich erwarte, dass die Nelharab als Erste am Feind ist.“
Die Pheromone des Kommandanten des überschweren Zweischiffes verrieten seinen Ärger, doch er knickte zustimmend die Fühler nach vorne. „Ich weiß, was das Stammvolk von mir erwartet.“
„Austritt!“, kam es von der Ortung. „Zwei Negaruyen des neuen Typs auf vorausberechneter Position!“
Ter-Tesor empfand eine Mischung aus Freude und Furcht. Gleich zwei der neuen Schiffe. Das erhöhte die Chance eines von ihnen aufzubringen und endlich das Geheimnis der neuen Waffe zu lüften, doch zugleich waren es ernstzunehmende Gegner, auch wenn die eigenen Einheiten in der Überzahl und deutlich größer waren. Nein, Ter-Tesor wollte nicht den Fehler begehen, die Flachschlitz-Nasen zu unterschätzen.
Während die beiden Dreischiffe mit den Truppen ein wenig zurückfielen, beschleunigten die Zweischiffe der Offensiv-Patrouille auf den Feind zu. Er war gerade erst aus dem Schwingungsraum ausgetreten, der die Reise zwischen den Sternen ohne Zeitverlust ermöglichte, und die Negaruyen an Bord mussten noch unter den Auswirkungen der Schwingung leiden. Tatsächlich ließ sich nicht erkennen, dass die Negaruyen auf die Gegenwart des Feindes reagierten.
Während die alten Walzenschiffe einen zylinderförmigen Mittelteil mit halbkugelförmigen Enden an Bug und Heck aufgewiesen hatten, zeigten die neuen Schiffe ein verändertes Design. Der zweihundertvierzig Meter lange und dreißig Meter durchmessende Rumpf wirkte schlanker. Am Bug und in der Mitte befanden sich wulstige Verdickungen, am Heck ein kantiger Kranz, der die Haupttriebwerke beinhaltete. Der bauchige Bug enthielt ein schwächeres Triebwerk, welches die Manövrierbarkeit erhöhte, die Verdickung in der Mitte barg das Kommandozentrum. Unter den Rümpfen, am Ende des vorderen Drittels, waren die Kuppeln sichtbar, welche die gefährlichste Waffe der Negaruyen enthielt: Den Zersetzer.
Jeder raumfahrende Norsun kannte dessen zerstörerische Wirkung. Niemand konnte bislang sagen ob es sich dabei um Partikel, eine reine Strahlungsenergie oder sogar Sporen handelte. Man wusste nur, dass der Zersetzer, dort wo er die Hülle eines Hantelschiffes traf, seinem Namen gerecht wurde. Je nach Intensität zerfiel der Rumpf an der getroffenen Stelle sofort zu Staub oder es breitete sich von dort eine Art Metallfraß aus, der sich rasch über das Schiff ausdehnte. In letzterem Fall gab es noch Hoffnung für die Besatzung, auch wenn sie nicht von einem anderen Schiff aufgenommen werden konnte, da der Metallfraß sonst übertragen wurde. Aber man konnte eine bestimmte Welt anfliegen. Mit etwas Glück und genügend Zeit landete man dort, überließ das Schiff seinem Ende und wurde von speziellen Bergungseinheiten an Bord genommen. Inzwischen gab es eine ganze Reihe von Schiffen, welche dieses Schicksal ereilt hatte.
Die starken Triebwerke brachten die Norsun rasch näher an den Feind. Bald würde man in der Lage sein, die goldene Energie einzusetzen.
Ter-Tesor hoffte bereits, das alles nach Plan verlaufen würde, als der Feind unerwartet schnell zum Leben erwachte.
Es waren nicht die erwarteten Verteidigungssysteme, die eigenständig aktiv wurden sobald ein Schiff angegriffen wurde und sich gegen Strahlen oder Projektile zur Wehr setzen musste. Nein, bei einer der Walzen gleißte ein grün schillernder Strahl, der den Hanteln mit Lichtgeschwindigkeit entgegen eilte. Da sich die Gegner zudem mit erheblicher Fahrt näherten, schien der Lichtfinger des Zersetzers sogar noch schneller zu sein.
Der Zersetzer traf einen der kleineren Kreuzer. Die vordere 200-Meter-Kugel des Bugs leuchtete auf, ihr Grün wurde intensiver und dann schlagartig stumpf. Die Farbe wechselte zu einem düsteren Grau. Die Hülle war innerhalb von Augenblicken derartig geschwächt, dass sie dem Innendruck der Schiffsatmosphäre nicht mehr standhielt. Der gesamte Bug löste sich in einer expandierenden Wolke aus großen Trümmern und winzigen Partikeln auf, aus der sich das Mittelteil und das Heck hervor schoben. Auch sie waren der Vernichtung geweiht, denn innerhalb einer kaum messbaren Zeit passierten sie die Überreste des Bugs und fielen dem Zersetzer ebenfalls zum Opfer. Der gesamte Vorgang hatte kaum eine Minute gedauert und über dreihundert Norsun das Leben gekostet.
Das andere Walzenschiff reagierte noch nicht. Ter-Tesor fragte sich, ob es vielleicht an Bord des Angreifers eine Handvoll Negaruyen gab, die mit dem Schwingungswechsel besser zurecht kamen, als andere.
Die Hasgarab, das Schwesterschiff der Nelharab, erwiderte das Feuer. Zwei ihrer Projektoren formten die goldene Energie in gleißende Finger, die den Negaruyen entgegen stießen. Doch die Entfernung war noch viel zu groß, um diese zu erreichen.
Die ausführende Hand der Stecher an Bord des Flaggschiffes machte es besser. Ter-Tesor registrierte wie die eigenen Projektoren einen dichten Strom goldener Kugeln entließen. Er knickte seine Fühler beifällig vor. Natürlich würden auch diese Energieprojektile die Walzen nicht erreichen, aber ihr dichter Schwarm konnte die Wirkung des Zersetzers abschwächen.
„Näher an den Feind!“, befahl Hoch-Wort Kelar. „Maximale Beschleunigung!“
Die ausführende Hand des Schiffes bestätigte hastig. Der Pilot schob die Kristalle der Triebwerkssteuerung tiefer in das Pult hinein. Von den grell flammenden Säulen der Antriebsstrahlen geschoben, raste die riesige Hantel auf die Gegner zu, bemüht, den Abstand möglichst schnell zu verkürzen und die eigenen Waffen endlich effektiv einsetzen zu können.
Das aktive Negaruyen-Schiff feuerte erneut. Diesmal raste das grüne Schimmern auf eines der Dreischiffe der 400-Meter-Klasse zu. Der Zersetzer brauchte seine Zeit, um das Ziel zu erreichen und an Bord der Dreier-Hantel erkannte man die Gefahr. Die Bugtriebwerke blitzten auf, als der Pilot das Schiff aus dem