Tamora - Bordell auf Rädern. Thomas Riedel

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Tamora - Bordell auf Rädern - Thomas Riedel

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hatte. »Deine einfühlende Art ist wohl der Grund, warum sich Tammy wünscht, dass du sie zum Altar führst.« Sie lächelte. »Ihr habt euch heute erst das zweite Mal gesehen, und sie hat es nach dem ersten Mal gewusst. Sie hatte Tränen in den Augen als sie mir eröffnete, wen sie an ihrer Seite haben möchte.«

      »Ich erinnere mich gut, wie ich dir an dem Tag in der Küche gesagt habe, was für einen wundervollen, feinfühligen Menschen du da gefunden hast. Genau das ist sie, Violett.«

      »Ja, ist sie … immer ganz nah am Wasser.« Violett sah Cora an. »Und uns hat sie auch sehr schnell wieder nähergebracht.«

      Cora nickte. Sie schenkte allen Sekt nach und prostete Willow und Violett zu.

      Willow holte währenddessen ihre Zigaretten aus der Handtasche, wobei ihr ein Rezept ihrer Gynäkologin auf den Tisch viel.

      »Ach, das erinnert mich daran, dass ich in ein paar Tagen auch wieder einen Termin habe«, bemerkte Cora darauf lächelnd und wechselte damit das Thema.

      »Wisst ihr eigentlich, dass es für eine Frau wohl nichts Erniedrigenderes als den Besuch bei der Gynäkologin gibt?«, seufzte Willow. »Gerade als ich während der Untersuchung dachte, ich könne gar nicht mehr tiefer fallen, stellte ich einen neuen Tiefenrekord der Erniedrigung auf.«

      »Wie das?«, fragte Violett erstaunt.

      »Da sitzt sie doch allwissend auf ihrem Rollhocker zwischen meinen Beinen, schaut auf ihre Unterlagen und eröffnet mir über die Akte hinweg im Vorfeld, dass alles soweit gut aussehe, ich aber einen Anruf bekäme, wenn der Abstrich doch etwas aufweist. Aber … kam es dann mit einem Lächeln: Alles bis auf eine Kleinigkeit. Ich hätte anscheinend einen trägen Eierstock.«

      »Heißt?«

      »Mein rechter Eierstock hat die Produktion eingestellt.«

      »Na, vielleicht ist er ja nur in einen Streik getreten?«, versuchte Violett sie aufzumuntern, worauf Cora frech grinste.

      Willow warf ihr einen funkelnden Seitenblick zu. »Ich weiß ganz genau was das heißt. Mein rechter Eierstock hat jede Hoffnung aufgegeben, dass ich je im Leben heiraten werde und Kinder bekomme.«

      »Das ist ja, als wenn dein Anwalt an einem juristischen Fall für dich arbeitet, der am Ende eh außergerichtlich beigelegt wird«, erwiderte Cora mit todernster Miene und verkniff sich ein Lachen. »Aber der Linke glaubt noch daran, oder etwa nicht?«

      »Haha«, gab Willow zurück und zündete sich eine Zigarette an. »Jedenfalls bleibe ich biologisch hinter den Erwartungen zurück.«

      »Nimm dir das nicht so zu Herzen, Willow«, lächelte Cora. »Ich zum Bespiel habe schon immer einen Knick im Uterus … Da müssen die Spermien richtig über die Hürde setzen, wenn sie an mein Ei wollen.« Während sie das sagte bildete sie die Szene mit ihren Händen nach.

      »Aber wenn sie da sind, dann gibt es zumindest ein Ei«, klagte Willow.

      »Meine Gynäkologin geht in zwei Monaten in den wohlverdienten Ruhestand«, meldete sich Violett, die sich eine von Willows Zigaretten genommen hatte und sie ansah. »Gefällt dir deine?«

      »Augenblicklich?« Willow inhalierte einen Zug. »Nein, jetzt gerade gefällt sie mir gar nicht!«

      »Sie ist zumindest eine Frau.« Cora nahm einen großen Schluck und drehte das Glas am Stil mit ihren Fingern. »Ich war ja gelegentlich auch schon bei Männern, aber das ist irgendwie eigenartig … Da beschäftigt sich so ein Kerl ganz intensiv mit dir da unten«, sie deutete mit einem Finger in ihren Schritt, »und dann verlässt du die Praxis ohne Orgasmus, aber mit irgendeinem dusseligen Rezept.«

      »Da ist was dran«, lachte Violett und Willow stimmte mit ein.

      ***

      Kapitel 3

      Der nächste Tag war einer der ersten kühlen, ungemütlichen Septembertage, die selbst ein heiteres Gemüt, nach der wundervollen Sommerzeit, verdrießlich stimmen konnte. Der Himmel hatte sich zugezogen. Die wenigen Menschen auf den Straßen des Stadtteils ›Romford‹ am Rande Londons, im östlichen Bezirk ›Borough of Havering‹, spannten besorgt ihre Schirme auf.

      Auch die Menschen in der alten Remise des gut erhaltenen, inmitten eines Parks gelegenen Landguts taten das, denn das Dachgebälk des ehemaligen, wohl seit Jahrzehnten nicht mehr genutzten Stallgebäudes war mit kleineren und größeren Löchern geradezu übersät. In dicken Fäden rann das Wasser daraus hervor und platschte auf den holprigen Steinboden. Auch auf die zehn Kutschen, die neben vielen anderen Dingen heute zur Versteigerung standen. Der letzte Spross des altenglischen Adelsgeschlechts hatte sein Geld in der Londoner Schickimicki-Gesellschaft verjubelt und war jetzt restlos pleite. Eigentlich gehörte ihm nicht einmal mehr das, was er auf seinem schwächlichen Leibe trug. Aber das war ihm schon nicht mehr bewusst, denn das Rauschgift und der Alkohol hatten sein Gehirn bereits derart zerstört, dass er schon frühzeitig zu einem Pflegefall geworden war.

      Der Auktionator hatte alles versucht, die zehn ehemaligen Prachtkutschen an den Mann oder die Frau zu bringen – bislang vergebens, denn offensichtlich interessierte sich niemand für die alten, klapprigen Gefährte. Sie wieder in altem Glanz erstrahlen zu lassen, würde ein Vermögen kosten. »Nein«, brummte er leise vor sich hin, »die verdammten Klapperkisten sind nicht unterzubringen. Die taugen bestenfalls noch als Brennholz.« Er seufzte. »Ich werde den Preis ganz unten ansetzen. Vielleicht bringt es ja zumindest mehr als den für einen Kubikmeter Holz. Aber viel Hoffnung mache ich mir da nicht.« Dann wandte er sich wieder den Anwesenden zu und machte ein letztes Angebot. »Ladies und Gentlemen, wir kommen jetzt zur Position 72. Schauen Sie sich die Kutschen gern noch einmal in aller Ruhe an. Ich komme dann in zehn Minuten zur Versteigerung.«

      Seitlich von ihm, dicht neben einem dicken Standpfeiler, standen Tamora und Violett in perfekten, geschäftsmäßigen Outfits, und wollten damit so gar nicht in die illustre Gesellschaft passen. Beide hatten das Geschehen bisher aufmerksam verfolgt. Als der Auktionator verschwand, wandte sich Tamora an ihre Verlobte und flüsterte: »Ich wüsste genau, wie ich die gestalten würde.«

      »Das denke ich mir!«, schmunzelte Violett.

      »Du kennst mich einfach zu gut«, grinste Tamora. »Die Kutschen werden uns ordentlich was einbringen, glaub' mir. Hast du Vertrauen in deine Prinzessin?« Tamora trat unruhig von einem Bein auf das andere.

      Violett bemerkte es. »Stimmt etwas nicht mit dir?«

      »Als wenn du das nicht ganz genau wüsstest!« Tamora schenkte ihr einen kurzen Seitenblick und versuchte etwas breitbeiniger dazustehen, was aber wegen des engen Rockes problematisch war und nicht recht gelingen wollte.

      »Ach?«

      »Diese Spange im Schritt macht mich immer ganz wuschig. Ich bin ganz nass«, flüsterte Tamora ihr zu.

      »Jetzt sag' nur nicht, es läuft dir wieder einmal an den Schenkeln herunter?«

      »Doch. Genau das tut es!«

      »Schön«, lächelte Violett.

      »Hauptsache du hast deinen Spaß mit mir«, grollte Tamora leise. »Ich bin so geil, dass ich es mir am liebsten vor Deinen Augen machen würde und du machst dich lustig über mich!«

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