Tamora - Bordell auf Rädern. Thomas Riedel
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Читать онлайн книгу Tamora - Bordell auf Rädern - Thomas Riedel страница 9
»Du hast schon sehr genau gewusst, warum du mir das Ding geschenkt hast, nicht wahr.«
»Hab' ich das?« Ihre Freundin machte auf unschuldig.
»Hast du!«
»Die Spange tut also mal wieder genau das, was sie soll«, stellte Violett zufrieden fest.
»Ooooh ja, du Teufelin …!« Sie hielt inne und korrigierte: »Süße Teufelin!«
»Na, dann ist doch alles gut«, erwiderte Violett süffisant und gab ihr einen Kuss auf die Wange. »Wenn du die Kutschen willst, dann musst du dich jetzt aber auf die Auktion konzentrieren.«
Tamora nickte. »Aber anschließend suchen wir uns ein lauschiges Plätzchen?« Sie nahm Violetts Hand und führte sie unauffällig an ihren Schoß.
»Dann biete du gleich mal«, forderte Violett sie auf. »Und jetzt erzählst du mir von deiner Idee, mein süßes rolliges Kätzchen.«
»Meow!«, machte Tamora und strich Violett katzenartig über den Arm.
»Du kannst so schön doof sein«, lachte Violett.
»Aber das liebst du doch an mir, nicht wahr?« Sie legte den Kopf schief.
»Und noch so viel mehr«, dabei berührte sie durch den Stoff den Bleistiftrocks ganz leicht die Labienspange, die Tamora immer trug, wenn sie beide rein privat unterwegs waren. Dann sah sie zu den Kutschen hinüber. »Und jetzt erzähl mal.«
Tamoras Hand schlang sich in die ihrer Verlobten. »Diese zehn Kutschen werden uns ein zusätzliches Vermögen einbringen. Der Preis für sie dürfte nicht hoch sein.«
»Aber sie müssen neu aufgebaut werden«, mahnte Violett.
»Stimmt, daran dürfen wir nicht sparen.« Ihre Augen glitten verträumt über die Kutschen auf ihren altersschwachen Rädern hinweg. »Die wurden Anfang des neunzehnten Jahrhunderts im Auftrag des damaligen Lords, eines Mannes, der die Bequemlichkeit über alles liebte und beim Sitzen sehr viel Platz brauchte, gebaut. Denn das viele gute Essen und Trinken hatte ihn unmäßig werden lassen. Hinzu kam, dass er nur sehr ungern allein ausfuhr … am liebsten eben in Begleitung. Die suchte und fand er in Gestalt von jungen, hübschen Frauen. Solchen wie uns.«
»Aha, was du alles weißt«, spöttelte Violett.
»Man fuhr hierhin, mal dorthin«, sprach Tamora unbeirrt weiter, »und amüsierte sich köstlich. In weiser Voraussicht hatte der Lord die Kutschen so bauen lassen, dass sie innen sehr geräumig waren. Wie schon gesagt, der Lord liebte die Bequemlichkeit! Besonders bei seinen zärtlichen Schäferstündchen. Dann, wenn die dicken Samtvorhänge an den beiden Seitenfenstern zugezogen waren und sich der Kutscher diskret entfernte.«
»Aha«, räusperte sich Violett erheitert.
»Ich habe von der Versteigerung mehr durch einen Zufall erfahren. Auch von den Kutschen, die unter den Hammer kommen sollten, und ihrer amourösen Vergangenheit.« Sie sah Violett an. »Stell dir nur vor, wir würden die Dinger kriegen«, sagte sie mit leuchtenden Augen. »Das wird etwas bislang nicht Dagewesenes.« Ihre Stimme klang verträumt und führte noch einmal aus, was sie bereits am Abend vorher angesprochen hatte. »Sie würden von rassigen Pferden gezogen werden. Auf dem Kutschbock säßen livrierte Kutscher. Kleinere und größere Überlandfahrten mit vorher ausgesuchten Übernachtungsstationen in behaglichen Landgaststätten mit hübschen Fremdenzimmern. Na, Vio, wenn das keine Marktlücke ist!«
Violett war im Gegensatz zu Tamora mehr in der Realität angesiedelt, und obwohl sie bereits über die Idee geschlafen hatte, war sie immer noch vorsichtig. »Die Kutschen zu bekommen wird nicht schwer, aber das, was danach kommt, dürfte nicht ganz leicht sein.«
»Wieso?« Tamora sah sie mit großen Augen an.
»Dazu musst du dir die Dinger nur anschauen. Die müssen alle in Schuss gebracht werden und müssen wieder in aller Schönheit erstrahlen, denn ohne lockst du keinen Hund hinterm Ofen hervor.« Sie hob warnend den rechten Zeigefinger. »Und selbst wenn dir das gelingt, wo willst du die Kunden hernehmen? Für eine solche Überlandfahrt müssen die Klienten schon richtig tief in die Tasche greifen. Das ist was anderes, als eine Nacht im Luxusappartement mit einem bestellten Mädchen. Ob da einer anbeißt?«
»Aber wir verlieren doch höchstens unseren Einsatz«, meinte Tamora. »Unsere Geschäfte laufen glänzend … auch die Filmfirma. Das jetzt könnte ein erster Schritt in Richtung eines eigenen Escort-Services sein, und ich denke auch an den eigenen Club. Was, wenn das mit der Immobilie klappt? … da hätten wir alles unter einem Hut.«
»Aber die Mädels kannst du nicht eben mal so am Strich anheuern. Ich wollte das gestern nicht ansprechen, weil ich die Stimmung nicht kippen wollte«, bremste Violett.
»Aber wo liegt das Problem. Denk doch nur an die Kartei, die Cora inzwischen aufgebaut hat. Wir brauchen doch aus der Datenbank nur noch aussuchen.«
»Wie steht es mit den Kunden?«
»Haben wir nicht selbst genug, denen das Geld locker in der Tasche sitzt? Und ich bin sicher, dass die anderen Mädchen auch einige an der Hand haben dürften. Ich glaube daran, dass es funktioniert. Vergiss nicht was passiert, wenn sich das erst einmal herumgesprochen hat. Wir haben einen ausgezeichneten Ruf. Ich sehe schon vor mir, dass wir mit zehn Kutschen gar nicht auskommen.«
Violett schwieg »Ich will dich ja nicht aus deinen Sphären holen, aber du siehst mir das zu rosig. Ganz so einfach wird es nicht werden … aber gut, ich mache mit.«
»Wie würde sich neben unserer ›Kinkylicious Filmproduction‹ eine ›Kinkylicious Rides‹ machen? … Ist doch irgendwie auf unauffällige Weise doppeldeutig, oder?«, grinste Tamora frech.
»Jetzt lass uns erst einmal den Anfang schaffen. Noch haben wir weder die Kutschen nicht und die Villa«, mahnte Violett und deutete auf den Auktionator, der sich bereit machte.
»Starten wir nun mit der Losnummer 72. Sie alle hatten ausreichend Zeit sich das Konvolut anzusehen!«, sagte er laut in die Runde der nur noch wenigen Anwesenden. »Wir starten mit fünfzig Pfund.«
»Fünfzig«, rief ein älterer Herr und zeigte auf.
»Siebzig!«, kam es von einer Dame, rechts neben ihm.
»Fünfhundert!«, rief Tamora dem Auktionator zu und machte damit deutlich, wie sehr sie an den Kutschen interessiert war, und vermutlich noch weit höher gehen würde, um sie zu bekommen.
Die beiden bisherigen Bieter schauten zu ihr herüber und reagierten auf den Blick des Auktionators mit einem Kopfschütteln.
»Bietet keiner mehr?«, fragte er der Form halber noch, aber niemand rührte sich. »Gut, dann fünfhundert zum ersten, zum zweiten und zum … dritten! Verkauft an diese junge Lady.« Er lächelte Tamora zu.
Sie ging auf ihn zu und bezahlte direkt.
»Da haben Sie einen guten Kauf getätigt«, meinte er anerkennend. »Allein die Einzelteile lassen sich gut zu Geld machen.«
»Wir werden sie restaurieren lassen«, erwiderte Tamora mit einem Seitenblick auf ihre Freundin.
»Wenn Sie das im Sinn haben, kann ich Ihnen die Adresse