Dunkle Tiefen der Seele. Bärbel Junker

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Dunkle Tiefen der Seele - Bärbel Junker

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nahm mit kreidebleichem Gesicht den Zettel und steckte ihn in seinen Anorak. Mit seinem ermordeten Hund auf dem Arm ging er heim. Er versteckte Snoopy im Garten seines Elternhauses unter einen Busch. Unbemerkt schlüpfte er in sein Zimmer.

       Hier packte er Snoopys gelben Fressnapf und den blauen Trinknapf, etwas Trockenfutter, Snoopys Ball und seinen kleinen Gummibären, mit dem er so gerne gespielt hatte, in eine Plastiktüte. Über seinen Arm hängte er eine kuschelige Wolldecke und unter seinen anderen Arm klemmte er sich ein kleines, weiches Kissen. So bepackt schlich er aus dem Haus und eilte zu seinem toten Freund. Er versteckte seine Schätze neben Snoopy unter dem Busch. Dann schlich er zum Geräteschuppen. Mit dem Spaten seines Vaters in der Hand eilte er zurück.

      Er schaffte die Sachen zu der kleinen Lichtung im Wald, auf der er zusammen mit Snoopy die glücklichsten Stunden seines Lebens verbracht hatte, und stapelte alles unter einem Baum. Dann ging er ein letztes Mal zurück und holte seinen toten, kleinen Freund. Er legte ihn auf die Wolldecke. Snoopys Köpfchen bettete er auf das kleine Kissen. Dann begann er ein tiefes Loch auszuheben, die letzte Ruhestätte für seinen geliebten Freund, beerdigt inmitten seiner liebsten Sachen. Danach saß Benny noch lange bitterlich weinend an Snoopys Grab.

       Jetzt war er wieder ganz allein!

       Als die Kinder am nächsten Morgen ihre Klassenräume aufgesucht hatten und die Lehrkräfte mit dem Unterricht begannen, brachen zuerst im Chemieraum, dann im Bastelzimmer und danach an anderen feuergefährlichen Orten Brände aus. Das Feuer griff schon bald auf das gesamte Gebäude über und vernichtete es.

       In dem mit Benzin gespeisten Höllenfeuer kamen sechs Kinder, der Mathematiklehrer Franz Köppke und die Lehrerin Amalia Nosbusch um, was Benny ganz besonders freute, denn ihre Ungerechtigkeit war schuld daran, dass seine herzlosen Schulkameraden seinen Snoopy entführen und töten konnten.

      Die Brandstiftung wurde Benny nachgewiesen, und er kam in ein Erziehungsheim, wo sich die Nachstellungen und Schikanen fortsetzten. Erst als er volljährig war, durfte er das Heim endlich verlassen. Er fand Arbeit in einer Gärtnerei und schaffte sich wieder einen kleinen, weißen Hund an. Diesmal mit einem schwarzen Ohr, den er Snoopy 2 nannte. Und das führte zur nächsten Tragödie seines Lebens.

       Benny kam dazu, als zwei etwa zwölfjährige Jungen Snoopy 2, der neben dem Treibhaus lag und an einem Knochen nagte, gerade die Gurgel durchschnitten. Benny schrie gequält auf und rastete völlig aus! Er schnappte sich die beiden Jungen und schlug ihre Köpfe so lange gegen eine Steinmauer, bis sie nur noch eine breiige Masse waren. Erst dann ließ er ihre leblosen Körper los und lief davon.

       Blutverschmiert war er in Karlas Behandlungszimmer gestürzt und weinend zusammengebrochen. Kaum hatte er ihr stammelnd das Entsetzliche berichtet, da erschien bereits die Polizei und nahm ihn mit.

       Karlas Gutachten und ihre Bemühungen hatten dafür gesorgt, dass Benny in diese ausgezeichnete Anstalt eingewiesen wurde, wo sie ihn regelmäßig behandelte und besuchte und dafür sorgte, dass ihm kein neuerliches Leid zugefügt wurde.

       Benny fühlte sich in der Anstalt wohl. Auf seine Bitte hin hatte sie durchgesetzt, dass er sich ein Wellensittichpärchen halten durfte, welches er liebevoll versorgte. Einen Hund wolle er niemals wieder haben, hatte er Karla gestanden. Obwohl ich sie doch so sehr liebe, bringe ich ihnen den Tod, hatte er traurig gesagt und dabei zärtlich das Köpfchen des Wellensittichweibchens gestreichelt.

       Der Schock über den sinnlosen und grausamen Tod seines zweiten Hundes, dessen Existenz er von Anfang an mit Snoopy 1 vermischte, hatte diesen sanftmütigen jungen Mann, den Kinder und Erwachsene nur seines nicht so ansehnlichen Äußeren wegen zeit seines Lebens verfolgten und misshandelten, hatten Benny für ein künftiges Leben in der menschlichen Gesellschaft – die oftmals so gar nichts Menschliches an sich hat – unfähig gemacht.

       Der Anblick seines blutüberströmten Hundes hatte das damalige schreckliche Erlebnis mit Snoopy 1 in Benny wieder aufleben lassen und etwas in Benny bewirkt, das ihn zu einer künftigen Gefahr für die menschliche Gesellschaft werden ließ. Er würde aller Voraussicht nach sein Leben unter ärztlicher Aufsicht und im Schutze einer Anstalt verbringen müssen. Und Karla würde alles in ihrer Macht stehende tun, damit Benny sein Leben lang in dieser Klinik bleiben konnte, in der er sich so behütet fühlte.

      Karla schüttelte gewaltsam die traurigen Gedanken ab und sah Benny an, der sie beobachtete. „Sind Sie heute traurig?“, fragte er einfühlsam.

      „Nein, Benny, im Gegenteil. Ich bin sehr froh hier zu sein“, erwiderte Karla lächelnd. „Wie geht es deinen Wellensittichen?“

      „Minni und Balu sind wohlauf. Möchten Sie die beiden besuchen?“, fragte Benny.

      Karla nickte. „Ja, denn ich habe einige wunderbare Dinge für sie mitgebracht.“

      „Sie haben wirklich daran gedacht? Wie schön“, rief Benny freudig und zog sie mit sich fort.

      DAS TOTE MÄDCHEN

      Kommissar Sörensen und Inspektor Thomsen standen in Paul Kowalskis Schlafzimmer und beobachteten den Gerichtsmediziner bei seiner deprimierenden Arbeit.

      „Sie ist seit mindestens fünf Stunden tot“, sagte dieser.

      „Woran ist sie gestorben?“, fragte Kommissar Sörensen.

      „Sie ist erstickt. Wahrscheinlich saß der zum Knebel zusammengedrehte Slip zu fest. Sie wurde missbraucht und schwer misshandelt. Ihr Alter liegt zwischen sechzehn und zwanzig Jahre. Genaueres nach der Obduktion“, erwiderte der Arzt.

      „Danke, Doktor.“

      „Hat der Tote nebenan das Mädchen so zugerichtet?“

      „Höchstwahrscheinlich“, entgegnete Sven knapp.

      „Wenn das so ist, dann hat der Kerl keinen Funken Mitleid verdient. Wissen Sie, ich habe gedacht, dass mich nach so vielen Jahren nichts mehr aus der Ruhe bringen könnte. Aber ich habe mich geirrt. Diese Sache hier ist selbst für einen so abgebrühten Knochenklempner wie mich zu viel“, sagte der Arzt aufgebracht.

      „Wissen Sie, ich habe selber eine siebzehnjährige Tochter, und wenn ich mir dann dieses arme Mädchen ansehe ...!“ Er verstummte. „Sie können die Tote abtransportieren lassen“, sagte er leise und begab sich in die Küche, zu dem zweiten Tatort.

      Kommissar Sörensen und Inspektor Thomsen verließen ebenfalls das Schlafzimmer. Sie gingen hinüber ins Wohnzimmer, in dem sie vor knapp vier Stunden mit Paul Kowalski gesprochen hatten. Jetzt war er tot und in seinem Schlafzimmer lag eine tote junge Frau. Sie konnten es nicht fassen.

      „Sie muss da schon tot gelegen haben, als wir hier waren“, sagte der Kommissar.

      „Ja. Ich muss unentwegt an den unangenehmen Geruch in der Wohnung denken. Jetzt wissen wir woher er kam“, sagte der Inspektor schaudernd.

      „Nur gut, dass Fred nicht mehr erfahren hat wie schlecht und verkommen sein Bruder wirklich war. Anscheinend vereinigten sich in Paul Kowalski sämtliche schlechten Gene und in Fred die guten Gene. Ob Fred wohl in den letzten Sekunden seines Lebens erkannte, dass er für seinen Bruder sterben musste? Was meinst du Phil?“

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