Dunkle Tiefen der Seele. Bärbel Junker

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Dunkle Tiefen der Seele - Bärbel Junker

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ächzte Kowalski. Und trotz der ihn zerreißenden Schmerzen ... LACHTE! er. „Duuu?!“, wimmerte er ein letztes Mal. Sein massiger Körper streckte sich. Paul Kowalski war tot.

      Der Mörder wandte sich schaudernd ab. Einen Moment starrte er verwundert auf den Hut in seiner Hand. Warum hatte er ihn abgenommen? Es fiel ihm nicht ein. Egal. Er zuckte mit den Schultern. Plötzlich wollte er nur noch weg von hier, raus aus dieser grauenhaften Spelunke. Er riss die Küchentür auf, stürzte in den Flur und rannte zur Wohnungstür.

      Dabei kam er an der offenen Schlafzimmertür vorbei, die durch die Erschütterung der zufallenden Küchentür aufgesprungen war. Im Vorbeihasten warf er aus den Augenwinkeln einen kurzen Blick hinein und blieb so abrupt stehen, dass er fast gestürzt wäre. Unter der unordentlich übers Bett geworfenen, speckigen Tagesdecke lugte ein schmaler Fuß hervor.

      EIN FUSS!

      „Ich wollt´, ich könnt´ dich umbring´, so wie dieses Miststück nebenan“, hörte er den Toten schreien. Zögernd trat er in das Zimmer. Langsam ging er auf das breite Metallbett zu.

      EIN METALLBETT!

      Kowalski schien eine Vorliebe dafür gehabt zu haben. Mit zitternden Händen lüftete der Mörder die schmierige Bettdecke an und … taumelte entsetzt zurück. Fassungslos starrte er in das blau angelaufene, blutige Gesicht eines jungen Mädchens.

      Sie war tot! Daran ließen ihre weit aufgerissenen, starren Augen keinen Zweifel. Sie war erstickt! Erstickt an dem zu festen Knebel in ihrem Mund.

      „Dieses Schwein“, flüsterte er. Dieses arme Mädchen war eine weitere Rechtfertigung für das, was er soeben in der Küche getan hatte. Paul Kowalski hatte den Tod tausendfach verdient! Er war eine menschliche Bestie, ohne jegliche Moral und Ethik gewesen. Nur seiner Gier und seinen perversen Gelüsten nachgehend, ohne Rücksicht auf die Empfindungen und das Leben anderer. Der sichtbare Beweis seiner grenzenlosen Schlechtigkeit, seiner moralischen Verwahrlosung und seiner Grausamkeit lag hier, auf diesem Metallbett.

      Er hätte die Tote gerne von dem Knebel befreit, wagte es jedoch nicht aus Angst, irgendwelche Hinweise auf seine Person zu hinterlassen, denn die Spurensicherung der Polizei war ausgezeichnet. Nur gut, dass diese keinerlei Hinweise auf das Motiv hatte. Dumm war jedoch der irrtümliche Tod des Zwillingsbruders. Aber wer hätte so etwas auch ahnen können.

      Ein ZWILLINGSBRUDER!

      “Hättest du aufmerksamer recherchiert, wäre kein Unschuldiger getötet worden“, klagte diese kleine, impertinente Stimme in seinem Kopf, die sich immer wieder ungefragt einmischte und ihn nicht zur Ruhe kommen ließ.

      „Ja, ich hätte dann zwar keinen Unschuldigen getötet, aber dieses Scheusal in der Küche wäre vielleicht ungestraft davongekommen. Es ist nun einmal so, wo gehobelt wird, fallen auch Späne“, murmelte er und schob das ungefragte Stimmchen in die hinterste Ecke seines Verstandes zurück.

      Aber würde er das immer können? Er hatte getötet, obwohl er Gewalt verabscheute. Für Paul Kowalskis Tod mochte er vielleicht noch eine Rechtfertigung haben. Aber was war mit dessen Bruder Fred?

      Wer dem Leitspruch des Alten Testaments anhing der da hieß: AUGE UM AUGE, ZAHN UM ZAHN,

      konnte vielleicht damit leben eine menschliche Fehlentwicklung wie Paul Kowalski getötet zu haben, doch auch damit, einem Unschuldigen sein Leben gestohlen zu haben?

      Tief bewegt und voller Mitleid schloss er die starren Augen der Toten und ging. Er öffnete die Wohnungstür einen Spalt breit und lauschte. Nichts! Das Treppenhaus war leer. Er schloss geräuschlos die Tür hinter sich und zog den Schlapphut tief ins Gesicht. Unbemerkt erreichte er die erste Etage.

      Und hier passierte es!

      „Guten Tag“, grüßte der ältere Herr freundlich, der mit Mülltüten bepackt aus der Wohnungstür trat.

      Der Mörder drehte hastig den Kopf zur Seite und eilte stumm die restlichen Stufen hinab. Krachend fiel die Haustür hinter ihm zu. Obwohl er am liebsten gerannt wäre, ging er ruhigen Schrittes weiter. Durch die Gegend hastende Menschen erregten Aufmerksamkeit und das war das Letzte, was er gebrauchen konnte.

      War der Mann als Zeuge gefährlich? Eigentlich nicht. Der Schlapphut und die große Sonnenbrille verdeckten den größten Teil seines Gesichts. Was sollte er da schon groß beschreiben können. Nein, der Mann war als Zeuge ungefährlich.

      Kein Fingerzeig, kein Indiz wies auf ihn als Täter hin. Und nachdem er seinen gottgewollten Auftrag erfüllt hatte, würde er sein Leben dort fortführen, wo er es kurzfristig unterbrochen hatte, um Paul Kowalski zu bestrafen. Niemand würde ihn entdecken. Beruhigt ging er zu seinem Wagen, stieg ein und fuhr davon.

      TREFFEN MIT KARLA

      Karla schaute zum wiederholten Male nervös auf ihre Armbanduhr. Wo Julia nur blieb? Um vierzehn Uhr waren sie zum Essen verabredet und jetzt war es bereits zwanzig Minuten nach zwei. Dabei brannte ihr die Zeit unter den Nägeln.

      Sie hatte noch einen Termin in der psychiatrischen Klinik, in der sie acht Stunden in der Woche als Psychiaterin Patienten betreute. Eine höhere Stundenanzahl erlaubte ihr die eigene, gut gehende Praxis leider nicht. Die Arbeit in der Klinik lag Karla sehr am Herzen, da sie hier auch einen früheren Patienten betreute, den das mangelnde Mitgefühl seiner Mitmenschen und die widrigen Umstände in seinem Leben zu einem Gewalttäter werden ließen.

      Doch war diese Klinik nicht die Endstation für den mordenden Bodensatz unserer, selbst immer gewalttätiger werdenden, so genannten normalen Gesellschaft. Nein, diese Anstalt war hauptsächlich ein Auffangbecken für seelisch und körperlich misshandelte, durch derlei Erfahrungen zu manchmal ungehemmter Gewalt neigender Kranker, die jedoch selbst Opfer waren.

      Und besonders diese Gruppe Ausgestoßener besaß Karlas Mitgefühl. Sie war eine ausgezeichnete Psychiaterin und wusste sehr fein zwischen den wahren Kranken und den Blendern zu unterscheiden, die alles und jedes auf ihre schlimme Kindheit schoben, die häufig keineswegs schlimmer gewesen war als die anderer Leidensgenossen, die jedoch trotzdem zu anständigen Menschen herangewachsen waren.

      „Entschuldige bitte, aber mein Wagen sprang nicht an“, riss Julias weiche Stimme Karla aus ihren trüben Gedanken.

      „Macht nichts, Kleines. Wir müssen uns nur etwas beeilen. Ich habe nämlich noch einen Termin in der Klinik.“

      „Bei deinem Lieblingspatienten?“, fragte Julia lächelnd.

      „Ja, genau. Benjamin erwartet mich“, sagte Karla weich. „Er freut sich immer so sehr über meinen Besuch. Außerdem habe ich ihm einige Dinge für sein Wellensittichpärchen besorgt, auf die er sicherlich ungeduldig wartet. Er ist ein so lieber Mensch.“

      „Hast du schon bestellt?“

      „Nein, ich habe auf dich gewartet“, erwiderte Karla.

      „Ich nehme einen Salatteller und Lammkoteletts und dazu ein Mineralwasser. Und du?“

      „Ich auch“, entgegnete Karla.

      Julia winkte den Ober heran und gab ihre Bestellung auf. Mit der Speisekarte fächelte sie sich Kühlung zu. „Mein Gott, diese Hitze“, stöhnte sie, obwohl bestimmt nicht mehr als zwanzig höchstens dreiundzwanzig Grad waren.

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