Afrikanische Märchen auf 668 Seiten. T. von Held
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und redete sie an:
»Solch ein hübsches Kindlein lassen die Menschen
unbeachtet zurück?«
Mit diesen Worten hob er sie auf und steckte sie in
sein Fell, das er auf dem Rücken trug. Bald aber fühlte
er einen brennenden Schmerz, fing an sich zu
schütteln und rief voller Schmerzen:
»Geh' hinunter, Sonne; du verbrennst mir ja den
Rücken!«
Aber die Sonne saß unverrückt fest und brannte
einen langen, schwarzen Streifen auf das Fell des
Schakals.
Warum der Hase flieht.
Fabel der Haussaneger.
Der Mond sprach zum Hasen:
»Gehe zu den Menschen und sprich zu ihnen: Der
Mond läßt euch sagen, daß er stirbt und wieder lebendig
wird, so wie ihr ihn jeden Morgen sterben seht
und jeden Abend ihn von neuem begrüßt! Auch ihr
sollt sterben, um wieder von neuem zu leben.«
Nachdem er diese Worte vernommen hatte, trabte
der Hase davon und erreichte bald die Wohnstätten
der Menschen.
»Der Mond läßt euch sagen,« rief er ihnen zu, »daß
er stirbt und wieder lebendig wird, so wie ihr ihn
jeden Morgen sterben seht und jeden Abend ihn von
neuem begrüßt! Auch ihr sollt sterben!«
Danach eilte er zurück zum Monde, dem er wörtlich
berichtete, was er den Menschen gesagt hatte.
Der Mond, als er hörte, daß der Hase seine Botschaft
nur unvollkommen gegeben hatte, ward sehr zornig,
nahm eine Axt und wollte mit ihr den Kopf des Hasen
spalten, traf aber nur seine Oberlippe, die noch heute
das Zeichen des Streites zwischen Mond und Hasen
trägt. Der Hase, wütend gemacht durch den Schmerz,
sprang in das Gesicht des Mondes und kratzte es mit
seinen scharfen Nägeln. Seitdem sieht man schwarze
Streifen in des Mondes Antlitz, die in Wirklichkeit
nichts anderes sind als die Schrammen, die der Hase
gekratzt hat. Entsetzt über seine eigene Kühnheit, floh
der Hase, sobald er sah, was er getan hatte, und
durchläuft noch am heutigen Tage fliehend die Welt.
Warum der Feldhase keinen Schwanz hat.
Sage aus dem Namaqualand.
An dem Tage, da die Verteilung der Schwänze unter
die Tiere stattfand, war der Himmel mit dicken,
schweren Wolken behangen, und es drohte zu regnen.
Der Feldhase, der von jeher den Regen sehr fürchtete,
wagte sich nicht aus seiner Höhle hervor, sondern bat
die anderen Tiere, ihm doch seinen Schwanz mitzubringen.
Sie versprachen es zwar, aber in der Aufregung
das Tages dachte hernach keines der Tiere an
den armen Feldhasen, der sehnsüchtig seines Schwanzes
harrte. Schön beschwänzt liefen alle an der Höhle
vorüber, wedelten vor Freude mit dem eben erhaltenen
Geschenk und hielten es kaum für nötig, sich bei
dem Hasen wegen ihrer Wortbrüchigkeit zu entschuldigen.
So ist es gekommen, daß der Feldhase nie mit
dem Schwanze wedeln kann.
Bestrafter Undank.
Wolossische Fabel aus Boilats Grammaire de la
langue Wolosse.
Einstmals war die Hyäne auf ihren nächtlichen Streifzügen
in eine Grube gefallen. Schon in weiter Ferne
konnte man ihr klägliches Geheul und ihre Angstrufe
hören. Ein Ochse kam gemächlich des Weges gegangen,
blieb stehen, horchte und ging den Tönen nach.
Als er an die Grube kam, blickte er hinab und erkannte
sofort die Hyäne. Gutmütig, wie er und seinesgleichen
ist, hätte er ihr gern geholfen; aber er fürchtete
die Hyäne; denn er kannte ihren hinterlistigen Charakter.
Seine Bedenken teilte er ihr denn auch ganz ehrlich
mit. Die Hyäne bat aber weiter, der Ochse solle
ihr doch hilfreiche Hand leisten, aus ihrer mißlichen
Lage zu entkommen, und fügte hinzu, daß sie gar
nicht begreife, wie er denken könne, daß sie ihrem
Wohltäter etwas anderes als Gutes erweisen würde!
Ja solcher Verdacht kränkte sie so schmerzlich, daß
sie in Tränen ausbrach. Der gute Ochse ließ sich denn
auch wirklich erweichen, hielt der Hyäne seinen langen
Schwanz hin und zog sie an ihm heraus, indem
sie sich festklammerte. Kaum aber sah die Hyäne sich
außer Gefahr, als sie sich über ihren Retter herwarf,
um ihn zu töten. Glücklicherweise kam gerade ein
Elefant des Weges gelaufen. Der vernahm, wie der
Ochse mit lauter Stimme der Hyäne ihre Undankbarkeit
vorwarf. Schnell trat er hinzu,