Afrikanische Märchen auf 668 Seiten. T. von Held
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Vom Cakyane-bo Cololo.1
Als einst Cakyane spazieren ging, traf er eine Geiß,
welche Junge hatte, und sagte zu ihr:
»Mutter, laß mich deine Kinder hüten.«
Die Geiß willigte ein. Am nächsten Tage ging die
Geiß aufs Feld; Cakyane blieb mit den Kleinen zu
Hause. Da nahm er eins von den Kleinen und kochte
es. Als es gar gekocht war, aß er davon und setzte
das übrige der Alten vor, indem er sagte:
»Mutter, da ist feiner Braten von einem Wilde. Ich
hörte von Leuten draußen großen Lärm, worauf ich
hinauslief und es erlegte.«
Die Geiß aß, und als sie damit fertig war, sagte
sie:
»Laß mich meine Kinder sehen.«
Cakyane ging, sie zu holen; brachte aber eins
zweimal, damit die Mutter nicht merkte, daß eins
fehlte. So machte es Cakyane jeden Tag, indem er
eins nach dem andern schlachtete und dafür eins der
Jungen so oft brachte, daß die Alte nichts merkte. Als
nur das letzte noch übrig war, hatte er auch mit diesem
kein Erbarmen, sondern schlachtete es und setzte
es der Alten vor. Sie aß und fragte nach den Kindern.
Cakyane sagte:
»Ich werde sie holen,« ging hinaus und rief, als er
draußen war:
»Oho, ho! du hast deine Kinder gegessen statt
Wildbret.«
Da sprang die Geiß auf und ihm nach. Cakyane
lief ans Flußufer und fand den Fluß voll Wasser.
Auch die Geiß lief dorthin, sah aber von Cakyane
nichts mehr, da sich derselbe inzwischen in einen
Stein verwandelt hatte. Sie nahm den Stein und rief,
indem sie ihn über den Fluß hinüberwarf:
»O höchster Geist, du hast Cakyane gesehen, triff'
ihn mit diesem Steine.«
Drüben angekommen, verwandelte sich der Stein
wieder, und Cakyane rief:
»Helele! du hast mich ja prächtig über den Fluß
gesetzt! Mich, den Cakyane-bo-Cololo, welchen du
kennst!«
Cakyane ging nun weiter, bis er an einer Hütte anlangte.
Er ging hinein und traf daselbst ein altes
Weib an. Dieses redete er an mit den Worten:
»Mütterchen, komm; wir wollen einander kochen!
«
Die Alte gab ihre Zustimmung. Hierauf sagte er,
sobald man Hitze verspüre, möge man rufen:
»Ich bin gar gekocht!«
Bei ihm solle begonnen werden. Die Alte war
damit einverstanden, und Cakyane wurde in den Kessel
gesetzt und gekocht.
Nach einer Weile rief er:
»So, genug jetzt! ich bin gekocht!«
Die Alte hob den Deckel weg, und Cakyane kam
heraus. Dann stieg die Alte hinein. Nach einer Weile
rief sie:
»So, nun genug! Ich bin gekocht!«
Aber Cakyane entgegnete:
»Wie kannst du, altes Weib, sagen, daß du schon
gekocht seist, da doch ich viel länger im Kessel war
als du! Ich bin noch jung, indes du alt bist. Dein
Fleisch braucht schon etwas länger zu kochen!«
Sodann legte er neues Holz unter den Kessel. Die
Alte jammerte und rief immerfort:
»Ich bin gesotten, ich bin weich gekocht!«
Aber die Antwort war immer:
»Noch nicht genug; – nur Geduld!«
Cakyane mahlte nun Amabele (Kaffernhirse) auf
dem Steine, kochte davon einen Brei, nahm denselben,
als er fertig gekocht war, heraus und stellte ihn
als Gericht für die Söhne des alten Weibes hin, welche
noch kommen sollten. Er selbst aß hierauf, nahm
den ledernen Rock von der Alten, in den er sich einhüllte,
und stellte sich, als er die Söhne kommen
hörte, schlafend. Die Söhne, welche jetzt eintraten,
hatten ein Reh bei sich, das sie auf der Jagd erlegt
hatten. Cakyane tat, als ob er aufwache, und sagte:
»Bravo, bravo, meine lieben Kindeskinder! Seht,
dort habe ich euch ein Essen gerichtet! Laßt es euch
schmecken; denn ihr scheint müde und hungrig zu
sein!«
Sie aßen alsdann.
Während des Essens sagte der jüngere von den
Söhnen:
»Schau' doch einmal dorthin; das scheint die Hand
unserer Großmutter zu sein!«
Darauf entgegnete der ältere:
»Schweige; siehst du denn nicht, daß die Alte am
Sterben liegt!«