Kinder erzieht man nicht so nebenbei. Wilma Burk

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Kinder erzieht man nicht so nebenbei - Wilma Burk

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sieht denn das aus?!“

      Über Helmut sprachen wir anfangs nicht mehr. Später, wenn es zufällig doch geschah, spürte ich Konrads Misstrauen, ob da nicht vielleicht mehr zwischen Helmut und mir gewesen war, als er wusste.

      Doch mit der Zeit fiel es uns immer leichter darüber zu reden, wie das gewesen war mit Helmut und uns. Ja, es wurde mir zum Bedürfnis, damit auch mir zu erklären, wie wir uns so hatten entfremden können, dass Konrad mich schließlich betrog und ich mich zu Helmut hingezogen fühlte.

      Erst allmählich hatte ich gespürt, wie Konrad begriff, dass ich selbst in jener Zeit eigentlich nur ihn geliebt hatte und es nur durch die Enttäuschungen über unser Zusammenleben möglich geworden war, dass Helmut eine gewisse Anziehungskraft auf mich ausüben konnte.

      Irgendwann hatten wir dann ohne jede Scheu wieder über alles reden können. Dabei war mir auch klar geworden, wie sehr Konrad es bedauert hatte, dass seine langjährige Freundschaft mit ihm zu Ende sein sollte.

      *

      Und nun war Helmut wieder da. Ein Unwetter über Berlin hatte ihn zurückgebracht.

      Am nächsten Tag waren die Straßen voller Schlamm. Ziegel von den Dächern lagen auf den Gehwegen. Ich bahnte mir den Weg zu meiner Arbeitsstelle. Alle Feuerwehreinheiten waren im Einsatz. Sie pumpten die Keller leer, beseitigten umgestürzte Bäume und räumten schwere Äste von den Fahrbahnen. So ein schweres Unwetter hatte die Stadt noch nicht erlebt, meinte ich.

      Gleich früh am Morgen klingelte bei mir im Büro das Telefon. Traudel war es. Sie machte sich Sorgen, hatte von dem Unwetter erfahren und wollte wissen, ob bei uns und Mama alles in Ordnung sei.

      „Na, Gott sei Dank!“ Sie war sichtlich erleichtert. „Ihr könntet euch bald mal ein Telefon zulegen“, fügte sie noch hinzu. „Es ist schlimm, dass ich dich nicht zu jeder Zeit anrufen kann. Am liebsten wäre mir, Papa und Mama hätten auch eins.“

      „Dann sparst du das Briefschreiben“, neckte ich sie.

      „Als ob es darauf ankommt.“

      „Ich glaube nicht, dass Mama für ein Telefon zu begeistern ist“, vermutete ich.

      „Warte nur ab, bis auch Bruno einmal anrufen kann, dann wirst du dich wundern, wie schnell sie ein Telefon hat“, behauptete Traudel.

      Und so geschah es.

      *

      Die Tage waren kürzer geworden, die Schatten am Abend länger, wenn wir uns sonntagabends wieder auf den Heimweg aus unserem Schrebergarten machten. Noch kamen Papa und Mama nachmittags zu uns und wir konnten zusammen unter dem Kirschbaum Kaffee trinken. Mama hatte immer den neuesten Brief von Bruno oder Traudel dabei. Auch Helmut stellte sich mitunter bei uns ein.

      Zuerst hatte Mama ihn reserviert begrüßt. Doch ihre Sorge war umsonst, mich verband nur Freundschaft mit ihm. Mama wollte natürlich wissen, was er jetzt mache, doch eigentlich interessierte sie viel mehr, ob er eine Freundin hatte.

      Er lachte. „Natürlich habe ich eine Freundin“, versicherte er.

      „Und warum bringen Sie ihre Freundin nicht einmal mit?“, fragte sie lauernd.

      „Mama!“, mahnte ich.

      Aber sie ließ sich nicht beirren. „Man wird doch mal fragen dürfen.“, beharrte sie.

      „Natürlich!“, bestätigte Helmut und fügte hinzu: „Und sollte es mal eine feste Beziehung sein, so werde ich sie auch mitbringen.“ Dennoch spürte ich, es war ihm nicht recht, danach gefragt zu werden, und sein Lächeln gezwungen verbindlich.

      „Aha“, sagte Mama kurz und sah prüfend zu mir.

      Ich angelte aus meiner Kaffeetasse eines der Blätter, die jetzt, vom sanften Wind gelöst, vom Kirschbaum auf unseren Kaffeetisch fielen. So hätte Mama ihn nicht aushorchen müssen, fand ich.

      Doch es dauerte nicht lange, bis auch Mama mit ihm wieder so vertraut wie früher umging, als sie über seine Späße herzhaft lachen konnte.

      So häufig wie früher kam Helmut allerdings nicht mehr zu uns. Es gab eben diese Freundin, mit der er ausging. Bald jedoch erfuhren wir, diese Beziehung war schnell zu Ende gegangen. Danach hatte er eine andere. Doch auch das war nicht von Dauer.

      „Du mit deinen wechselnden Bekanntschaften“, zog Konrad ihn auf.

      „Ich genieße meine Freiheit“, behauptete Helmut.

      Ich aber fragte mich im Stillen: War er noch nicht fähig zu einer neuen Liebe, weil er mich einmal geliebt hat?

      *

      Seit Traudel in Hannover weilte, war Mamas erster Weg, wenn sie sonntags mit Papa zu uns kam, zu den Eltern von Karl-Heinz gegenüber von unserem Garten. Die besaßen bereits ein Telefon in ihrer Stadtwohnung. „Ich muss mal hören, ob Erna etwas Neues von den Kindern weiß. Der letzte Brief von Traudel ist bereits zwei Wochen alt“, rief sie uns zu, ehe sie verschwand.

      Und Erna, die Mutter von Karl-Heinz, wusste bestimmt wieder etwas von den „Kindern da in Hannover“, was Mama noch nicht bekannt war.

      „Was die alles weiß! So ein Telefon wäre vielleicht doch ganz schön“, sagte sie einmal nachdenklich.

      „Wieso?“ fragte Papa verwundert. „Traudel kann dir alles schreiben. Außerdem ist es viel zu teuer.“

      „Hast ja recht“, stimmte sie ihm sofort zu.

      *

      Dann aber bekamen wir ein Telefon gelegt. Der Betrieb von Konrad war daran interessiert, dass er auch außerhalb der Arbeitszeit erreicht werden konnte. Sie boten ihm an, wenn er sich Telefon legen ließe, würden sie ihm einen Teil der Kosten erstatten.

      Das fand mein sparsamer Konrad annehmbar. Und so bimmelte eines Tages bei uns zu Hause ein Telefon, wie jetzt bei immer mehr Leuten in der Stadt.

      Jetzt fand man es wichtig, auch privat telefonisch erreichbar zu sein. Außerdem konnte man damit zeigen, wie gut es einem ging. Das Telefonbuch wurde von Jahr zu Jahr umfangreicher. Auch das war ein Zeichen dessen, was man begann als Wirtschaftswunder zu bezeichnen.

      Ich rief sofort bei Traudel an.

      Sie jubelte. „Dann kann ich jetzt sicher auch einmal mit Mama sprechen.“

      Ich stutzte. Das klang, als würde sie Mama vermissen. „Hast du Kummer?“, fragte ich vorsichtig.

      Da druckste sie herum. „Ich bin schwanger“, gestand sie schließlich fast schuldbewusst.

      „Du bist was?“ Ich war fassungslos.

      „Du hast richtig gehört.“

      „Aber du bist doch erst seit ein paar Monaten verheiratet. Hast du vor Kurzem nicht noch gesagt, Kinder müssten nicht gleich kommen?“

      „Na und? Ist eben passiert!“, antwortete sie leicht pikiert.

      Das war ja eine Neuigkeit!

      Mama war aus dem Häuschen. Sie

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