Die hohle Schlange, das Labyrinth und die schrecklichen Mönche von Bresel. Gerhard Gemke

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Die hohle Schlange, das Labyrinth und die schrecklichen Mönche von Bresel - Gerhard Gemke

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Gewühl und ihren netten Cousins. Dann würde sie zurückkommen. Und vielleicht zum Wildschweingrill rübergehn. Rein zufällig. Sie konnte ja so tun, als wollte sie nur mit Emma schwatzen …

      Kurz bevor sie die Tür erreichte, glitten ihre Augen über die Palasmauern. Hinauf zu ihrem Lieblingsfenster. Und da standen sie! Jo schüttelte sich. Tusnelda, Tante Adelgunde und dieser Lackonkel. Und starrten hinunter auf das Volk.

      Das sich im Übrigen prächtig amüsierte. Die Stimmung auf dem Burghof konnte nicht besser sein. Die Henkersmahlzeit spielte wie noch nie, Bierbudenbesitzer Bruno Brubeck riss mit denselben Nasen wie letzte Nacht dieselben Witze, und drei nachgemachte Ritter kämpften, dass selbst die Rüstung von Raubritter Arnulf in den Museumsräumen das große Visierklappern bekam.

      Zwischen ihnen rannte Freddie als Meinhardt der Dicke und versuchte Wolfram mit dem Buckel (also Jan) über die Südklippen zu jagen. Lisa stand am Wildschweingrill und beobachtete dieses Mädchen mit dem langen Zopf, das mit gelangweilter Miene am Brunnenrand lehnte und zwei noch langweiligeren Bengeln zusah. Heute zum Glück ohne rosa Rüschenkleid. Für einen Moment hatten sich ihre Blicke getroffen. Hatte sie gelächelt? Oder nur den Mund verzogen über den Haufen Breselner, der sich schwatzend vor Lisas Nase schob und weiter zum Burgtor zog.

      Unter dem steinernen Bogen begrüßte gerade Direktor Zuffhausen freudestrahlend Oskar Sievers – und rauschte mit ausgebreiteten Armen an Anke Rufus vorbei. Lisa lachte schallend über das Gesicht ihrer Lieblingslehrerin. Achja, wie hatte die sich noch ausgedrückt? Wir müssten mal mit den Burgbewohnern verhandeln. Okay!

      Gerade als Lisa sich in Bewegung setzen wollte, sah sie den Zopf des Mädchens durch eine Tür in der Burgmauer verschwinden. Möglicherweise genervt von diesen Grimassen schneidenden Witzbolden. Lisa blieb enttäuscht stehen. Einen Moment überlegte sie, ob die beiden Knallerbsen auch zu den Burgbewohnern gehörten. In Bresel zumindest hatte Lisa die noch nie gesehen. Doch mit denen wollte sie auf keinen Fall verhandeln. Außerdem waren sie mit ihrem Affentanz hinter Elfriedes und Agathes Rücken vollauf beschäftigt.

      Lisa wandte sich kopfschüttelnd ab. Es würde sich eine bessere Gelegenheit bieten, das Burgmädchen kennen zu lernen. Irgendwann. Sie arbeitete sich zurück zum Grill, wo sich inzwischen Köchin Emma kaum retten konnte vor lauter Komplimenten für ihr Wildschwein am Spieß.

      Und dann erschien sie. Tusnelda persönlich. Oben auf der Treppe zum Hof. Blieb stehen und blickte hinunter auf das Volk. Bog mit aller Kraft die Mundwinkel zu einer Art Grinsen. Was blieb ihr anderes übrig? Sie musste dort hinunter. Wenigstens einmal. Die Querflöte der Henkersmahlzeit rührte in ihrem Ohrenschmalz. Hatte nicht so ein Flötenheini in – wo war das noch gleich – die Ratten aus der Stadt gepfiffen und im Fluss ertränkt? Tusneldas Augen wanderten über die Wehrmauern hinunter auf das silberne Bändchen des Breselbachs. Spiel, Pfeife, spiel!

      Sie stakste die Treppe hinunter. Und da kamen sie auch schon. Allen voran Elfriede, die Frau von diesem Heimatforscher, dicht gefolgt von Agathe Müller-Pfuhr. Tusnelda stellte die Ohren auf Durchzug. Ach, Frau Baronin hier! und Ach, Frau Baronin da! Über was sollte man sich auch mit solchen Leuten unterhalten?

      Tusnelda holte tief Luft: „Wie werden Sie denn in der Stadt mit den Ratten fertig?“

      Agathe Müller-Pfuhr sah sie ungläubig an. „Ach, Frau Baronin, haben Sie damit auch Probleme?“

      Tusnelda ließ ihren Blick über die feiernden Breselner gleiten. „Gelegentlich!“

      „Also wenn Sie meinen Rat brauchen …“ Schnatter, schnatter, schnatter. Ein endloser Wortschwall ergoss sich über die Burgherrin. Von Agathes Experimenten mit Schwarzbrot, mit Weißbrot und ihrem unerwarteten Erfolg mit Rosinenstuten. Und die rote Flüssigkeit draufgetropft – von Bruder Bramsch.

      „Sie kennen doch Bruder Bramsch?“

      „Ja!“

      „Bruder Bramsch von den Florian-Mönchen“, mischte sich Elfriede ein.

      „Ich sagte schon: Ja!“

      „Der immer den guten roten Saft hat. Aber pscht! Dass das unter uns bleibt …“

      Tusneldas Blicke hätten jedes andere Lebewesen erstochen. Nur Agathe und Elfriede waren dagegen immun.

      „Davon ein bis zwei Tropfen auf jedes Rosinenstutenwürfelchen, und die Ratten, ach Frau Baronin, ich kann Ihnen sagen, mmh, lecker, lecker! Und vierundzwanzig Stunden später: Aargh!“ Agathe würgte wie eine sterbende Ratte, und Tusnelda bohrte ihr die Blicke bis in die Nebennieren.

      „Mmh, lecker, lecker! Und dann vierundzwanzig Stunden später: alle tot. So kann's gehn!“ Elfriede kicherte.

      „Wenn Sie noch weitere Tipps brauchen …“ Agathe war mit ihrer Vorstellung am Ende und wandte sich mit strahlenden Augen dem Fleckchen Burgpflaster zu, auf dem gerade noch Baronin Tusnelda gestanden hatte.

      Doch die rauschte schon mit stampfenden Hufen zur Treppe, warf dem Flötisten der Henkersmahlzeit einen vernichtenden Blick zu, und verschwand wie ein Gespenst im Schatten der Museumsräume.

      „Rattengift!“, fauchte sie. „Als ob ich nicht wüsste, wo man Rattengift bekommt!“ Mit krachender Tür verließ sie den Saal Richtung Palas.

      Auf dem Burghof blickte Eduard stumm seiner Gattin hinterher. Neben ihm stritten Agathe und Elfriede, wer denn die verehrte Frau Baronin verscheucht habe. Über ihnen schiss eine Elster auf die Welt. Der glibberige Klecks landete exakt zwischen den streitbaren Damen und Plitsch! hatten sie ein neues Gesprächsthema.

      Der Elster war das egal. Sie schwebte hoch über Burg Knittelstein, sah das Fest über den Nachmittag in den Abend ziehen, krakte zu den Liedern der Henkersmahlzeit und flatterte mit den Raketen um die Wette, die zum krönenden Abschluss zu den Sternen geschickt wurden.

      Bald darauf packten die Schausteller und Musikanten ihre Siebensachen. Baron Eduard und Clemens Zuffhausen fanden ein paar rührende Abschiedsworte, und die Breselner trollten sich den Berg hinunter, verteilten sich aufs Städtchen, krochen in ihre Betten und erzählten noch Jahre später von den wundervollen Festtagen im wonnigen Mai.

      Als an diesem Abend die Glocken von Sankt Urban elf schlugen und die Glöckchen in der Knittelsteiner Burgkapelle hinterher bimmelten, saß Jo mit angezogenen Knien auf ihrem Lieblingsplatz in der Bibliothek, gut versteckt hinter dem Brockatvorhang. Und dachte an Tante Elvira. Elvira und ihre Werkstatt, wo es so wunderbar nach altem Holz und noch älteren Geschichten gerochen hatte. In der Jo Puppenstuben gebaut hatte, zwischen dunklen Gemälden und tischhohen Kerzenständern, zwischen Heiligenfiguren und anderem uralten Kram. Drei Jahre lang. Nach dem Autounfall, den nur Jo und ihr Vater überlebt hatten. Drei Jahre, in denen Elvira neben ihr gesessen und die Gesichter von Antonius, Laurentius, von Blasius und weiß der Himmel wem aufgefrischt hatte, bis sie mit Jos Wangen um die Wette glänzten. Wenn das Glöckchen an der Ladentür klingelte, war Klein-Josephine losgestapft und hatte die Besucher unter dem goldenen Schriftzug empfangen, auf dem Elvira Casaverde - Restauratorin stand. Jo hatte niemals fort gewollt. Aber es war anders gekommen. Ganz anders.

      Später erfuhr Jo, dass ihr Vater die beiden bei einem Weihnachtsessen kennengelernt hatte. Adelgunde und Humbert von Breselberg-Rummelpott. Das wäre kaum der Rede wert gewesen, doch Adelgunde hatte eine Schwester. Vier Jahre älter, unverheiratet und in ständiger Angst, es auch zu bleiben. Baronin Tusnelda von Knittelstein-Breselberg, Herrin auf Burg Knittelstein zu Bresel. Die nun alles daran setzte, Eduard zu gefallen. So weit so schön.

      Und

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