Vergängliche Licht und Schatten in den Uhudler Bergen. Christine Feichtinger

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Vergängliche Licht und Schatten in den Uhudler Bergen - Christine Feichtinger

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ein Vogel als heimliches Zeichen pfiff, ihm die Leiter hinunterreichen würde.

      Schon am nächsten Abend hörte Karl wieder ein flehentliches Flüstern: „Toni lass mich zu dir kommen.“ Toni rührte sich nicht und als Karl ihn am nächsten Tag darauf ansprach, sagte Toni nur: „Das macht nichts, die Depperte geht zum nächsten Heuboden.“

      Karl überlegte kurz, ob Toni gewusst hätte, wenn er ihn gefragt hätte, wer diese Frau war. Wie gerne hätte er ihn gefragt. Aber Toni war schon so lange weg. Wie lange hatte er ihn nicht mehr gesehen?

      Im nächsten Moment nahm Karl das Bild von Irene und schaute es an. Sofort erwachten seine Gefühle für Irene. Wie oft schon tröstete er sich mit ihrem Bild und verehrte es wie ein Götzenbild. Seine Erinnerungen und sein Verlangen nach ihr überwältigten ihn, wenn er an ihre eng aneinander gekuschelten Körper und ihre Küsse dachte. Seine Sehnsucht nach ihr ließ sein Blut aufwallen und sein Herz pochte wie wild voller Begierde.

      Als Karl kurz darauf aus dem Fenster sah, freute er sich, denn er sah den Nachbarn ihres Weingartens, den Steffl-Watschi, beim Rebschnitt.

      Er erinnerte sich, wie er als neunjähriger Bub beim Steffl-Watschi im Dienst war.

      An seinem ersten Arbeitstag im Dienst musste Karl mit einem Stock neben der im Freien aufgelegten Leinwand stehen, um die Gänse und Hühner wegzujagen, damit sie den Stoff nicht verunreinigten.

      Die Bauern bauten den Hoarlinsert (Flachs) an und verarbeiteten den eigenen Flachsanbau. Sie rissen den Flachs aus und trockneten ihn in Bündeln auf dem Feld. Die Frauen brechelten den Flachs im Winter, kämmten ihn, spannen mit dem Spinnrad das Garn, trugen das Garn zum Weber und die dadurch gewonnene Leinwand begossen sie und legten diesen kratzenden Stoff zum Bleichen im Freien in die Sonne. Aus dem Material fertigten sie Handtücher, Geschirrtücher, Hemden und andere Kleidungsstücke an.

      Karl half bei den Stallarbeiten, bei den Feld-, Weingärten- und Waldarbeiten. Ebenso half er beim Anschirren der Tiere vor der Ausfuhr auf die Felder und Wiesen, verjagte im Freien die Bremsen und sonstigen Insekten von den Tieren, half bei der Heimkehr, die Tiere zu wassern, wobei die Tiere zum Uisch (Wassertrog) im Hof geführt wurden, wo mit einem an einer Kurbel befestigten Amper (Blechkübel) Wasser vom Brunnen heraufgehoben und in den Wassertrog geschüttet wurde. Oder er schüttete das Wasser in ein Wasserschaff, gab den Wasserprügel zwischen die Henkel des Wasserschaffes, und zu zweit trugen sie das Wasser zum Wassern (Tränken) der Tiere in den Stall. Beim Klebn- (Huf-)Ausputzen und -Schneiden half er die Hufe zu halten. Immer, wenn sich eine Kuh in die Klebn etwas eingetreten hatte, die Hufe eiterten und mehrere Hufe betroffen waren, musste die Kuh auf einem Gestell befestigt und aufgehoben werden, damit der Klebnputzer des Dorfes die Hufe reinigen und schneiden konnte. Daher mussten die Dienstbuben die Hufe aufhalten.

      Beim Zuilossn (Belegen) der Kühe beim Gemeindestier, wohin jede Kuh zum Belegen gebracht wurde, stand Karl vorne beim Zaumzeug, damit das Tiere still hielt, und massierte mit der Goasl (Peitsche) leicht den Rücken, damit die Kuh den Rücken zur leichteren Empfängnis krümmte. Er wachte, wenn die Schweine und Kühe ausschütteten (Junge bekamen), ganze Nächte in den Ställen, um aufzupassen, dass die kleinen Farl (Ferkel) nicht erdrückt werden beziehungsweise massierte das kleine, neugeborene Kalb mit Stroh und Heu, damit der Kreislauf angeregt wurde. Ebenso massierte er die Tiere mit Stroh oder Heu, wenn sie Blähungen hatten. Die Dienstbuben halfen in den vielen Winternächten Kern ausschlagen (Kürbiskerne schälen), trugen die getrockneten Kürbiskerne zum Kernausschlager und brachten in einer Kanne das Kernöl und in einem Korb auf dem Kopf den Abfall (Kuchen) für das Verfüttern der Kühe heim.

      Das Leder des Zaumzeugs rieb Karl mit der Schmer (Fett) ein, damit es nicht brüchig wurde, das Kummet mit Lederöl, um es winterfest zu machen. Das Aluminium putzte er mit Sidol, sodass es glänzte.

      Die Dienstbuben putzten jeden Tag Kühe und Rösser, nur am heiligen Christtag, Pfingstsonntag, Ostersonntag nicht. Dienstbuben gingen an den kirchlichen Feiertagen und an kleinen Bauernfeiertagen, am 2. Feber zu Maria Lichtmess (Kerzenumzug und Dienstbotenwechsel), 3. Feber Blasiustag (Blasiussegen der vor Halsweh schützt), 17. März Patrizitag, 4. Mai Tag des hl. Florian, 8. und 13. Juni hl. Antonius und hl. Patrizius, Schutzpatrone für Wirtschaft und Vieh in die Kirche und machten nur die Stallarbeit, auf den Feldern wurde nicht gearbeitet.

      An diesen heiligen Tagen mussten sie den Stall nicht ausmisten, sondern brauchten nur Stroh über das alte verschmutzte Stroh geben, welches einen Tag vorher bereitgestellt worden war, um an diesen Tagen nur das Notwendigste zu arbeiten. Auch im Haus wurde nur das Notwendigste getan. Nicht einmal die Küche wurde an diesen heiligen Tagen ausgekehrt.

      Die Dienstbuben schliefen im Winter in den warmen Ställen und im Sommer auf den Heuböden oder Futterkammern der Bauern und bekamen Kost und Quartier. Zum Essen in der Früh wurde mit Brot eingebröckelter Malzkaffee verzehrt, mittags gab es von der für alle in der Tischmitte stehenden Rein, und abends bekamen die Buben ein Stück Brot, wenn sie in die Küche kamen. Einige Dienstbuben waren nur über den Sommer im Dienst, während ihre Eltern auf der Grünarbeit waren. Als Lohn bekam Karl von seinem Dienstherrn einen Anzug und seine Eltern bekamen jährlich einen Sack Getreide.

      Im gleichen Augenblick erinnerte sich Karl an jenen denkwürdigen, unvergesslichen Abend, als Karl infolge einer Verletzung zuhause war und der Steffl-Watschi in sein Elternhaus gelaufen kam und weinend von weitem schrie: „Für mich scheint keine Sonne mehr, mein Leben hat keinen Sinn mehr.“

      Dabei schnäuzte er sich ins Schnaiztiachl (Taschentuch). Unter ständigem Schluchzen begann er vom schrecklichen Unglück in seinem Haus zu erzählen.

      Wie schon oft zuvor waren Walzler (Arbeitssuchende) ins Dorf gekommen und hatten sich beim Bürgermeister Viktor Ertl gemeldet, um Arbeit gefragt, und wurden anschließend von Viktor Ertl in abwechselnde Häuser zugewiesen, wo sie Quartier und Verpflegung bekamen. Über die von ihm zugewiesenen Häuser hatte Viktor Ertl genau Buch geführt.

      Als nun zwei Walzler mit ihren Buckelkörben voller Werkzeug in das zugewiesene Haus des Steffl- Watschi kamen und zuerst um Arbeit fragten und ihnen der Steffl-Watschi erklärte, es gäbe nichts zum Tun, anschließend um Essen gebettelt hatten und ihnen der Steffl-Watschi erklärte, er könne ihnen nichts geben, er habe selber nichts, waren sie trotzdem hartnäckig geblieben und gingen nicht weg. Der Steffl-Watschi wurde zornig und vertrieb sie fluchend mit der Heugabel. Kurze Zeit später, als der Steffl-Watschi und alle Hausbewohner auf dem Feld bei der Arbeit waren, ging der Heustadel in Flammen auf, wo die zwei kleinen eingesperrten zwei- und vierjährigen Mädchen, nachdem ihnen seine Frau Mohnhäuptel gekocht und den Saft zu trinken gegeben hatte, schliefen. Sie erstickten im Rauch. Dieses Unglück sorgte im Dorf für Entsetzen und Trauer.

      Gleich danach, als der Steffl-Watschi am selben Abend in die Küche der Familie Ertl eingetreten war und vom tragischen Vorfall erzählt hatte, war, wie zur Bekräftigung seiner Worte, durch die wahnenden (zugigen) Fenster der Wind so heftig hineingefahren, dass der Docht des Petroleumlämpchens wie ein schlechtes Omen erlosch und es stockdunkel wurde. Unter Tränen fragte er Toni, ob er beim Begräbnis als Sargträger fungieren würde. Und Karls Eltern Viktor und Anna Ertl fragte er, ob sie bei den Vorbereitungen für das Begräbnis und dem Tour (Totenmahl) helfen würden.

      Wie es der Brauch verlangte, wurde das vordere große Zimmer außer den Kleiderschränken im Haus vom Steffl-Watschi für die Aufbahrung der zwei kleinen Mädchen ausgeräumt. Die Fenster und Spiegel verhängt und verdunkelt, von der Kirche Heiligenbilder, das große Kreuz an der Stirnseite der Särge aufgestellt, wo die toten Mädchen in weißen Kleidern mit Rosenkränzen in Händen in Weihrauchdämpfen aufgebahrt lagen, daneben ein Weihwasserkessel mit einem Buxbaumbüscherl zum Ohtacken (Kreuzzeichen geben)

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