Wie das Leben so spielt. Karl Zbigniew Grund

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Wie das Leben so spielt - Karl Zbigniew Grund

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nach all den Jahren

      

       bin ich mir

      

       ein guter Freund

      

       geworden

      Stille

      Ich sitze auf meinem Bett vor der grauen Wand und versuche nichts zu denken. Keine einfache Übung, weil irgendwas denkt man ja immer. Aber in dieser engen Umgebung habe ich viel Zeit. Es ist eine besonders gesicherte Einzelzelle, die ich vorerst unbefristet bewohnen darf. Kein Kontakt zu Mitinsassen, keine Teilnahme an irgendwelchen Freizeitveranstaltungen. Täglich darf ich auch exakt eine Stunde lang in einem kleinen Hof alleine im Kreis gehen. Es bleibt mir überlassen, ob ich von links nach rechts oder von rechts nach links gehe. Ebenso darf ich auch stehen bleiben und in den Himmel schauen. Der Blick in die Wolken ist frei.

      Bewegung ist jedoch wichtig für das Wohlergehen und überhaupt. Duschen darf ich natürlich auch alleine und völlig ungestört. Fernseher und Radio sind mir allerdings auch abgenommen worden. Diese totale Ruhe und Stille kann man auch als Isolation bezeichnen. Immerhin darf ich Bücher lesen. Ich lese auch meistens laut, um das Gefühl für die eigene Stimme nicht zu verlieren. Manchmal führe ich auch Selbstgespräche und erzähle mir Geschichten.

      Jeden Tag öffnet sich dreimal die schwere Eisentür, wo mir ein Beamter das Essen aushändigt. Noch nicht mal die Hausarbeiter bekomme ich zu sehen. Mit den Beamten rede ich nicht. Kein einziges Wort. Seit 6 Monaten läuft bereits diese besondere Maßnahme, die für mich nach drei gescheiterten Fluchtversuchen in drei Monaten und dem Besitz einer Säge angeordnet wurde. Besonders die Säge muss die Anstaltsleitung verärgert haben, weil die in einer Anstalt mit der höchsten Sicherheitsstufe nichts zu suchen hat. Die Säge habe ich aufgrund ungewöhnlicher Umstände praktisch geerbt. Derjenige, der damit flüchten wollte, wurde plötzlich und unerwartet entlassen, weil seine Akten verschlampt wurden. Ich war mit ihm auf einer Zelle untergebracht, weil die Anstalt total überbelegt ist. Er konnte es zuerst kaum fassen, dass er plötzlich seine Sachen packen durfte. So etwas passiert auch höchst selten, ähnlich wie ein Hauptgewinn im Lotto.

      Danach wurde ich von einem anderen Mithäftling verraten, mit dem ich den kleinen Haftraum weiterhin vorübergehend teilen musste. Der Typ bekam die Säge rein zufällig zu sehen, als sie aus dem Versteck zwischen der Sichtblende heraus fiel. Er ging kurz danach in die übliche Freistunde. Ich verzichtete auf den Hofgang, weil ich eine ungute Vorahnung hatte. In dieser Stunde versteckte ich die Säge an einer anderen schwer zugänglichen Stelle im Bettgestell, das mit Eisen verstärkt war. So konnte sie nur sehr schwer gefunden und geortet werden. Mein Mitbewohner kam aus dem Hofgang auch gar nicht zurück. Dafür erschienen mehrere Beamte, die nach der Säge suchten. Immerhin brauchten sie ca. 7 Stunden, bis sie das Teil dann doch fanden. Mein Verräter wurde danach sofort in eine andere und bessere Anstalt verlegt. Seinen Namen habe ich mir extra notiert. Eines Tages möchte ich mich auch bei ihm angemessen bedanken. Ebenso habe ich die zuständigen und verantwortlichen Beamten, Staatsanwalt und Richter, denen ich die Inhaftierung und diese strenge Einzelhaft zu verdanken habe, besonders in mein Herz geschlossen.

      Als mir ein Beamter auch noch meinen Fernseher und Rekorder aus meiner neuen Sicherheitszelle heraus tragen wollte, verlor ich kurz die Beherrschung und warf ein massives und schweres Kaffee-Kännchen mit voller Wucht nach ihm. Da war er schon an der Tür und schaffte es, seinen Kopf noch rechtzeitig abzuwenden. Die Kanne zerschellte direkt neben seinem Kopf, wobei er noch einige Splitter in seinem Gesicht abbekam.

      Dann verbrachte ich eine Nacht nackt und mit Handschellen versehen in einer besonderen Arrestzelle. In diesen Zellen ist oft nur eine Matratze und sonst gar nichts. Damit man sich schnell beruhigen kann. Natürlich mit Kameras überwacht.

      Seltsamerweise wurde eine Anzeige wegen versuchtem Totschlag fallen gelassen. Wahrscheinlich, weil dann auch die Säge zur Sprache gekommen wäre und das hat kein Anstaltsleiter gerne. Es hätte eine Sicherheitsüberprüfung nach sich gezogen. Im Gegenzug musste ich weiterhin auf meine Geräte verzichten. Und so habe ich jetzt die absolute Ruhe und Stille, mit der ichirgendwie klar kommen muss. Viel Zeit, um sich Gedanken zu machen.

      Diese tödliche Monotonie hat es in sich. Kann inzwischen gut nachvollziehen, dass einige dabei irgendwie verrückt werden. Habe mir auch schon schön ausgemalt, was man mit den verantwortlichen Personen, denen ich die Maßnahme zu verdanken habe, alles so machen könnte. Natürlich würde ich keinen von ihnen umbringen. Bin ja kein Killer. Im Gegenteil - wollte mal Sozialarbeiter werden. Ich wünsche ihnen ein langes Leben. Allerdings würde ich schon gerne die Lebensqualität des Hauptverantwortlichen gravierend verändern. Hierfür bräuchte ich ein Präzisionsgewehr mit Zielfernrohr. Dann mit Spezialmunition zum Krüppel schießen. Im Rollstuhl dürfte er sich dann auch Gedanken machen, wie er mit der veränderten Situation fertig wird. Solche Gedankenspiele bringen mich meistens etwas besser drauf. Am besten gefällt mir die Vorstellung, wie der Mann nur noch mit einer Schnabeltasse seine Nahrung zu sich nehmen müsste.

      Ich weiß nicht, wie lange diese Isolation noch andauern wird und so versuche ich mit Meditation und Selbsthypnose, ein wenig aus der üblen Realität zu entfliehen. Auch habe ich mir einen runden Kreis an die Wand gemalt mit immer engeren Linien und Kreisen. Zuletzt ist nur noch ein schwarzer Punkt zu sehen. Wie das schwarze Loch, wo Raum und Zeit aufhören zu existieren. Im Schneidersitz sitze ich dann lange Zeit davor und versuche die Gedanken weitgehend auszuschalten. Nur der Punkt ist wichtig. In dieses kleine schwarze Loch möchte ich hinein fliegen. Störende Gedanken lasse ich vorbei fließen. Nichts ist wichtig – nur der Punkt. Heute ist mir die Übung nach einigen Wochen endlich einigermaßen gelungen. Wenn man lange genug in ein schwarzes Loch oder einen Abgrund blickt, dann blickt der Abgrund zurück.

      Der Punkt wurde kleiner und wieder größer. Es ist einfach irre. So sah ich plötzlich nur noch schwarz. War einfach weg. Alles war gut. Ich war in Sicherheit und fühlte eine innere Zufriedenheit. Fühlte Schweiß auf meiner Stirn, aber auch Glück und Wärme. Nichts konnte mich mehr aus der Ruhe bringen. Endlich nach langer Zeit fühlte ich mich wieder glücklich und unangreifbar.

      Irgendwann löste ich mich wieder aus der angenehmen Dunkelheit und öffnete meine Augen. Mehrere Stunden waren vergangen. Noch etwas erstaunt und benebelt wusste ich plötzlich, dass mich hier nichts brechen würde. Ich hatte meinen Fluchtpunkt gefunden und konnte mich jederzeit in meine neue Welt und Wirklichkeit einfach weg denken.

      Ebenso habe ich meine Yoga-Übungen, meine Asanas, immer weiter perfektioniert. Kann inzwischen auch locker eine Stunde auf dem Kopf stehen. Oder in der Totenstellung einen Toten spielen. Manchmal tanze ich auch in meiner engen Zelle. Drehe mich im Kreis und nutze jede freie Fläche. Auch kann ich mich immer länger in meinen schwarzen Punkt hinein denken. Die Zeit spielt keine Rolle mehr. Eines Tages wird sich die Tür endgültig öffnen und ich werde einfach und gelassen hinaus spazieren. Als ob nichts gewesen wäre.

       Betrug

      

       fühle mich betrogen

      

       ungefragt aus dem Nichts

      

      

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