Das Paradies ist zu Ende. Louis Lautr
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Der Erklärung und Erzählung von Herrn Poller hörten alle Schüler interessiert zu. Wir liefen im Gänsemarsch langsam durch das Sägewerk und schauten uns im Untergeschoss an, wie das Sägemehl, das durch die riesigen Gattersägen entstand und mit Holzrutschen in den sog. Sägemehlkeller fiel und dort lagerte. Es wurde von Bauern geholt, die es mit Stroh mischten und als Streu im Stall verwendeten. Dann marschierten wir wieder hoch zu den Sägen. Herr Poller erklärte und zeigte uns, wie die Sägeblätter verschoben werden können um dicke, oder dünne Bretter oder Balken zu sägen. Ich fragte ihn, ob er die kleine Gattersäge mal laufen lassen könne. Er ließ uns alle einen Eid schwören, dass wir uns nicht von der Stelle rühren würden, wenn das Gatter anlief und sagte: „Frau Kofer und Herrn Lohrer, so eine Säge ist sehr gefährlich.“ Frau Kofer sagte: „Stellt euch bitte im Halbkreis auf und fasst euch an den Händen, keiner darf sich bewegen und keiner lässt die Hand des anderen los.“ Herr Lohrer und Frau Kofer standen am Anfang und am Ende des Halbkreises, sie überblickten die Reihe der vielen Schüler. Herr Poller ging in seine Werkstatt und ließ die kleine Gattersäge anlaufen. Sie bewegte sich zunächst ganz langsam auf und ab. Linde stand neben mir und sagte: „Wie wenn sie vögle dät.“ Sie wurde immer schneller und schneller und immer lauter. Dabei wurde ein Stamm, dessen Ende auf einem Rollwägelchen befestigt war in das Gatter gezogen. Es wurde noch lauter, das Gatter raste rauf und runter, vorne war ein Baumstamm und hinten kamen fertige Bretter aus dem Gatter. Nach gewisser Länge wurde ein Rollwagen unter die Bretter geschoben, mit einem Riesenschraubstock wurden die Bretter zusammengepresst, deshalb konnten sie nicht rutschen. Am Ende des Gatters war der Stamm zu Brettern zersägt. Danach fuhren zwei Arbeiter den Rollwagen auf einen überdachten Platz und luden die Bretter des zersägten Baumstammes ab und schichteten sie auf. Zwischen jedes Brett legten Arbeiter vorne und hinten eine Holzleiste, damit die Bretter Luft zum trocknen bekamen. Als der dicke Stamm zersägt war stellte Herr Poller die Gattersäge ab, es kehrte Ruhe ein. Herr Poller zeigte uns im Büro das Modell eines Fachwerkhauses. Wir bewunderten das Schwarzwälder Bauernhaus dem das Gemäuer fehlte. Herr Poller lobte uns, weil wir ruhig stehenblieben und alle sich an ihr Versprechen hielten. Er holte zwei Krüge Apfelsaft aus dem Keller und sagte er hätte leider nicht so viele Gläser aber wenn wir mit vier Gläsern auskämen, könnten wir auf dem Holzplatz vespern.
Angelika war von dem Schwarzwaldhaus begeistert und fragte: „Herr Poller wie baut man so ein Haus?“ Herr Poller fragte: „Kasch du gut rechne?“ Herr Lohrer, der daneben stand, sagte: „Angelika ist im Rechnen Klassenbeste.“ Herr Poller sagte: „Wenn du im Hartmut rechne beibrengsch no kann er dir so ein Haus mache, des Material schenk i euch.“ Angelika schaute Hartmut an und fragte: „Kannst du so was tolles bauen?“ Hartmut wurde rot und war sehr aufgeregt, er hätte sicher gestottert, deshalb nickte er. Er sah ernst und bedächtig aus. Angelika sagte: „Ich rechne mit dir, du wirst sehen, in einem halben Jahr hast du im Rechnen eine drei.“ Hartmut wollte eigentlich einen Satz sagen, es war zu schwierig für ihn, er antwortete deshalb nur: „I mach dir dann so a Haus.“ Er wusste, dass ihm sein Vater helfen würde. Als wir uns zum Vespern auf dem großen Holzplatz verteilten, sagte Herr Lohrer: „Es würde mich interessieren, wie viele Kinder wir in beiden Klassen sind, bitte zählt mal durch.“ Wir waren damals in unserer Klasse 39 und in Hartmuts Klasse 41 Schüler. Wir hatten uns auf einigen großen Holzstämmen verteilt. Herr Lohrer und Frau Kofer saßen auf einem Stamm uns gegenüber. Der Apfelsaft aus dem Steinkrug schmeckte hervorragend. Hartmut hatte sich zu uns gesetzt. Linde hatte ihr Vesper mit Landbutter und hausgemachter Leberwurst bestrichen und teilte es mit mir. Angelika kam zu uns und fragte: „Darf ich mich zu euch setzen.“ Hartmut und Angelika unterhielten sich, seine Aufregung hatte sich gelegt, er stotterte nicht mehr. Wir überlegten, ob wir uns am Samstag nach dem Mittagessen verabreden wollten um Eisenbahn zu spielen. Hartmut meinte es wäre am Samstagnachmittag günstig, weil sein Vater nicht arbeiten würde und das Sägewerk still stand. Angelika freute sich, dass sie bei den größeren Mädchen mitspielen durfte. Sie war, glaube ich, etwas älter als Hartmut, denn sie konnte während ihrer Flucht und im Lager nicht regelmäßig zur Schule gehen. Meine Mutter kannte Frau Kranski und sagte: „Die Familie ist evangelisch, ich glaube, ihr Vater ist vermisst oder in Gefangenschaft. Frau Kranski ist sehr nett, sie singt neben mir im Kirchenchor und unterstützt mich mit ihrer Altstimme. Ihre Kinder sind ebenfalls sehr nett und höflich. Angelika hat eine jüngere Schwester, die in die erste Klasse geht.“ Angelika war etwas größer als Hartmut und hatte kurze kastanienbraune Haare, sie hatte grünliche Augen die ernst