Das Paradies ist zu Ende. Louis Lautr

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Das Paradies ist zu Ende - Louis Lautr

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sagte mir in der zweiten Klasse, wir würden nicht für die Schule, sondern für‘s Leben lernen. Ich habe bisher nur bei ihnen für mein Leben gelernt, davor lernte ich nur für die Schule. Die Kinder aus meiner Klasse stimmten zu. Frau Kofer lächelte und meinte: „Manchmal müssen Kinder für die Schule lernen und wissen nicht, dass sie das Gelernte im Leben brauchen. Mir gefallen unsere Lehrgänge auch, vom Deich habe ich heute einiges über Bienen erfahren, das ich noch nicht wusste.“ Rosa lachte und sagte: „Sogar dr Erhard hat glernt, dass es Bienen nit gfällt, wenn man wie ein Idiot rumschpringt.“

      Auf dem Heimweg sagte Ren leise zu mir: „I dät gern nomal mit dir vögle. Kannst du mi heut Nachmittag bsuche, mei Mutter bringt der Frau Niederer im Hörnle a Kleid, das sie geändert hat.“ Als ich Ren besuchte war ihre Mutter noch da, ich sagte zu Frau Gründer, ich hätte bei den Hausaufgaben in Rechnen etwas nicht verstanden und wollte Reinhild bitten, es mir zu zeigen. Frau Gründer sagte: „Louis, kannst du deine Mutter fragen, ob sie mir einige Tage die Nähmaschinen leihen würde?“ Als Frau Gründer ging, sagte Reinhild: „Hoffentlich kommt mei Mutter nit vorzeitig zrück.“ Ich schnitzte aus einem Holzscheit mit meinem Taschenmesser einen Keil und schob ihn unter die Türe. Es war schön mit Reinhild, ihre Mutter kam nicht zu früh. Ich wollte noch mit meinen Mausschwänzen zum Rathaus. Als ihre Mutter kam, fragte Reinhild: „Kann ich Louis begleiten?“ Frau Gründer war eine sogenannte Reigeschmeckte und sprach kein alemannisch, sie sagte zu mir: „Ich habe schon gehört, dass dein Freund und du den Rekord im Mäusefangen habt. Im Dorf erzählen die Leute darüber.“ Reinhild hielt meine Hand als wir Hartmut abholten und zum Rathaus gingen. Hartmut fragte: „Reinhild, darf i dich an deiner andre Hand halte?“ Reinhild nickte und gab ihm ihre Hand. Frau Stark sagte: „I han euch scho vermisst, weil ihr tagelang neme do waret. Ich sagte: „Mir hen halt Schul ghet on no hemer die Denger a Weile gsammelt, aber des mache mer nimmer, weil einige a Weng schtinket“. Frau Stark rief den Bügermeister und sagte: „Dr Louis on dr Hartmut sin wieder do.“ Diesmal sah sich der Bürgermeister die Schwänze an und sagte: „Man sieht, wie neidisch Menschen oft sind, manche meinten es ginge nicht mit rechten Dingen zu, dabei sind alles echte Wühlmausschwänze. Ihr zwei seid halt tüchtig. Mir gebet dene zwei wieder eine Mark mehr, weil sie so rekordverdächtig sind.“ Sie zahlte uns vier Mark aus und sagte: „Es hört jetzt bald uf, ihr könnet no eimal Schwänz bringe on em Herbscht hörts dann uf. Die Falle könnet ihr ufhebe, wenn ihr se ölet no roschtet se nit übern Winter, on wenn mer im Frühjohr merket, dass es wieder so viele Wühlmäus gibt, no könnet ihr au wieder welche fange, on krieget Geld derfür. Aber ihr zwei sen Rekordhalter.“ Auf dem Heimweg bat ich: „Hartmut, frag bitte dein Vater, ob wir die Fallen im Sägewerk an einem Platz in einer Schachtel oder in einer Kiste aufbewahren können und ob wir etwas Maschinenöl bekommen, um die Fallen zu ölen.“ Hartmut wollte Reinhild überreden, mit uns zum Sägewerk mitzukommen um mit den Rollwägen, des Sägewerks, „Zügle“ zu spielen. Er schaffte es nicht, weil er aufgeregt war und stotterte. Ich half ihm Reinhild zu überreden. Wir fuhren im Sägewerk von Hartmuts Vater und auf dem Holzplatz, auf dem meist viele Stämme lagen, mit den Rollwägelchen zu fahren. Hartmut war von Reinhild begeistert und sagte, ohne zu stottern, sie könne, wenn sie wolle, jederzeit in seinem Sägewerk spielen und Freundinnen mitbringen, hier wäre immer was los. Reinhild sagte zu Hartmut: „Du des finde arg nett von dir, i komm sicher au mal mit meiner Freundin, no könne mir vielleicht zu viert Zügles spiele.“ Hartmut sagte: „Vielleicht schpielet die Altmeier Mädle au mit.“ Reinhild sagte: „Mit dene spiel i nit, des sin Drecksäu.“ „Na gut“, antwortete Hartmut, „wenn die kommen, on ihr seid da, no schick i se fort, weil i lieber mit euch schpiel.“

      Im Oktober 1952, war ich elf, unsere Klasse ging mit unserer Lehrerin durch einen bunten Herbstwald. Sie erklärte uns, dass die Eichen ihre Blätter am längsten behalten und warum die Laubbäume Blätter verlieren und die Tannenbäume nicht. Wir sammelten an diesem Tag besonders schöne bunte Blätter um sie in der Schule zu pressen und im Klassenzimmer auf eine große Platte zu kleben. Unsere Lehrerin zeigte uns auf dem Waldboden, den sie mit den Händen freilegte, ein riesiges Pilzgeflecht. Sie erklärte uns, dass Pilze unsere Welt beherrschen und die Pilzforschung erst am Anfang stünde. Ich genoss den Geruch des Waldbodens. Rosanna und einige Jungs kletterten auf Bäume um schöne Blätter zu holen. Ich hatte eine neue Lederhose zum Geburtstag bekommen und wollte Harzflecken vermeiden, deshalb kletterte ich nicht. Plötzlich knackte es auf einem Baum, bei Rosanna war ein Ast gebrochen, sie war abgerutscht, hatte ihr Kleid zerrissen und sich aufgeschürft. Sie kletterte langsam und vorsichtig vom Baum. Frau Kofer sprach leise mit ihr und sagte zu uns: „Bitte kehrt zur Schule zurück und seid vorsichtig beim Überqueren der Straße. Ich laufe mit Rosanna zu meinem Auto um sie zum Arzt zu fahren, vielleicht hat sie sich verletzt.“ Wir waren im Schulhof, als Frau Kofer und Rosanna vom Arzt kamen. Frau Kofer sagte: „Es war glücklicherweise nicht schlimm. Rosannas Hausarzt sagte, sie hätte Glück gehabt. Ich fahre sie nach der Schule nach Hause und rede mit ihren Eltern, damit sie nicht schimpfen, weil ihr Kleid zerrissen ist.“ Ich fragte Rosanna: „Wie geht’s dir?“ Sie antwortete: „I bin halt a Weng verschrocke, on es tut au no weh aber es isch it so schlimm, i han mi gwundert, weil du nit klettert bisch.“ „Weisch“, antwortete ich, „mei neue Lederhos will i no a Weile schone.“ Rosanna nahm mich zur Seite und sagte: „Louis, wenn mir s' nägschte mal bei der Madame sin, no kann i mit dir vögle.“ Ich schaute sie an und sagte: „Des glaub i ja nit, hen ihr den Ofall abgschproche?“ Rosanna antwortete: „Nit ganz genau, aber mir hen beschproche, dass es so passiere könnt, on no han i denkt, wenn, dann heut. I möchte ja au a richtige Frau, un kei kleis Mädle mehr sei.“ Ich sagte zu ihr: „Rosanna i bewunder di, un i freu mi, dass i bald mit dir vögle ka, du bisch halt immer no s' schönschte Mädle.“ „Jetzt muss i dir sage, i glaubs fascht nit“, meinte Rosa, „i han denkt, dir dät d’ Lindtraud am beschte gfalle.“ Als wir weiter gingen, sagte ich: „D’ Lindtraud isch a tolls Mädle, on ganz arg lieb, on i kenn sie halt au sch obache lang, aber du siehsch eifach am schönschte aus, mit deine lange Füß, -ein Alemanne, der von Füß spricht, meint immer Beine- on deiner tolle Figur, on du hasch au s‘schönste Gsicht. Du wirsch schpäter a mol so toll ausseh, wie dei Mutter.“ „Des hät i nit denkt“, sagte Rosanna und lächelte, „du hasch‘s mir im Kindergarte gsagt, aber bsonders erschtaunt bin i, dass dir immer no mei Mutter gfällt, gucksch du denn erwachsene Frauen a? Wenn des mei Vater wüsst, no dät er dir a Loch in Zahn bohre.“ Rosa erzählte mir später: „Als Frau Kofer mit mir nach Hause fuhr und meinen Eltern den kleinen Unfall erklärte und vom Hausarzt die schriftliche Bescheinigung brachte, hatten sie kein Problem. Frau Kofer wollte bei meinem Vater zwei Zähne überkronen lassen. Meine Mutter bedankte sich bei Frau Kofer für die Mühe, die sie mit mir hatte. Frau Kofer sagte, Frau Friedrich, ich habe auf dem Lehrgang und in der Schule die Verantwortung für meine Schulkinder. Aber ich kann den Jungs und ihrer sportlichen Rosanna das Klettern doch nicht verbieten. Als ich sah, wie ein Ast brach, ihre Tochter abrutschte und mit ihrem Bein sich an einem andern Ast auffangen konnte, sah ich wie Rosanna erschrak. Deshalb fuhr ich mit ihr zum Arzt. Wenn Rosanna heiratet, kann sie ihrem späteren Ehemann zeigen, dass sie erstmals mit einem Mann schläft und nur durch ein kindliches Missgeschick keine Jungfrau ist. Meine Mutter umarmte Frau Kofer spontan und sagte, sie sind eine tolle Lehrerin, sie haben sehr umsichtig gehandelt, ich bewundere sie. Ich wünsche mir, dass Rosanna auch im Gymnasium eine so liebenswerte Lehrerin bekommt. Frau Kofer antwortete, ihre Tochter wird, unabhängig von den Lehrern, eine der besten Schülerinnen. Mein Vater bedankte sich für den Unterricht, den Frau Kofer zweimal wöchentlich anbot. Er sagte, meine Tochter geht gerne zu ihrem Unterricht. Frau Kofer antwortete, ihre Tochter kann mich gerne besuchen, wenn sie mal was vorhaben und weggehen wollen. Rosanna erzählte, sie hätten weder Verwandte noch Bekannte in der Nähe. Meine Mutter sagte, ihr Angebot ist überwältigend, wir können es kaum annehmen, weil wir ihnen dafür nicht mal was schenken dürfen. Rosanna erzählte uns von Lindtraud, die einmal wöchentlich bei ihnen übernachtet. Frau Kofer sagte, Herr Friedrich, ich bin nicht arm, aber wenn sie unserer Klassenkasse etwas spenden, würde ich es annehmen. Wenn sie mich behandeln und mir meine Krone erneuern, bitte ich sie, mich sehr vorsichtig behandeln, weil ich bin beim Zahnarzt ein fürchterlicher Angsthase bin. Mein Papa lachte und meinte, ich werde sie wie ein rohes Ei behandeln. Rosanna war beim Gespräch dabei. Sie sagte zu Frau Kofer, wenn sie bei meim Vater ihr Zähne

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