Aldemakros. Dubhé Vaillant

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Aldemakros - Dubhé Vaillant

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wusste aber, dass er vor Jahren an einem unbedeutenden Anlass den gesuchten Namen gehört hatte. Die Station hatte ihren Namen in Erinnerung an Simón Bolívar, auch »El Libertador« genannt, erhalten. Bolívar galt als Held der südamerikanischen Unabhängigkeitskriege. Der Verehrer Napoleons führte die südamerikanische Unabhängigkeitsbewegung gegen die spanischen Kolonialherren in mehreren mittel- und südamerikanischen Staaten an.

       Lavoisier wusste, dass Bolívar eine Geliebte hatte, welche den Namen Manuela Sáenz trug. Sie war ebenfalls Freiheitskämpferin und galt als erste Feministin des amerikanischen Kontinents. Er leitete daraus ab und erinnerte sich plötzlich an den Namen des Besitzers. Victor Sáenz! Drei Tage später war der Fall aufgeklärt. Seither wandte er von Zeit zu Zeit seine Métromethode an, und der Erfolg gab ihm irgendwie Recht, obwohl niemand genau erklären konnte, warum es funktionierte. Lavoisier war es egal, warum es funktionierte. Hauptsache, es funktionierte.

       »Ich werde also für die nächsten zwei Stunden unterwegs sein«, dachte er, während er sich seinem ersten Comic‘Das Ende der Zukunft‘ zu widmen begann. Obwohl er sich mit 39 Jahren noch nicht alt fühlte, spürte er die etwas argwöhnischen Blicke der Métrofahrer, die sich insgeheim zu fragen schienen, weshalb ein so alter Mann noch Comics las. Aber das kümmerte ihn nicht. Ganz im Gegenteil amüsierte ihn dieser Gedanke.

      »Sollen sie doch denken, was sie wollen«, dachte er.

      Lavoisier hatte noch nie viel auf die Meinung anderer gegeben. Er ging zielstrebig seinen Weg. Und wenn dieser mit Comics durch die Pariser Métro führte, dann war das halt so. Punkt. Aus.

       ‚Das Ende der Zukunft‘war ein Science-Fiction-Roman, worin es hauptsächlich um die Fragestellung der Zeitreise ging. Lavoisier überflog die Texte, denn seine Aufmerksamkeit lag wie gewohnt bei den Bildern. Sie hatten etwas Inspirierendes an sich. Er mochte die gezeichneten Figuren und Objekte, die bei ihm immer eigene Fantasien und Vorstellungen auslösten. Das mochte er an den Science-Fiction-Romanen.

      »Sind Zeitreisen eigentlich möglich?«, dachte er nicht zum ersten Mal über dieses Thema nach. Obwohl er Physik studiert hatte und so gut wie alle Theorien darüber kannte, war er sich bis heute nicht im Klaren, ob eine Zeitreise möglich sei.

       »Hat das Ereignis von Stonehenge etwas damit zu tun? Und die anderen? Was spielt der Kreis für eine Rolle?«, fragte er sich selber.

      Lavoisier tat es wie immer in der Vergangenheit: Wenn die Métro an der nächsten Station hielt, schaute er das Stationsschild an und liess seinen Gedanken freien Lauf. Sein Gefühl gab die Richtung vor. Auch entschied er spontan, ob er auf eine andere Linie umsteigen wollte, was er mehrfach tat. Die Zeit verging, aber eine wirkliche Erinnerung, die helfen könnte, kam nicht zum Vorschein. Manchmal glaubte er, sich an etwas zu erinnern, aber der Gedanke verflüchtige sich wieder, bevor er ihn greifen konnte. Es erinnerte ihn an eine fallende Schneeflocke, die, bevor man sie richtig greifen konnte, schon wieder weggeschmolzen war.

       Er wusste, dass da was war. Aber es wollte ihm nicht einfallen. Wieder wechselte er die Linie und begann mit dem zweiten Comic-Heft. Das Ende des ersten konnte ihn nicht überzeugen. ‚Heute ist gestern‘ tönte zumindest spannend. Im Comic gab es eine Zeichnung einer roten Sonne. Da war es wieder dieses flüchtige Gefühl, er spürte, dass er ganz nah an der Erinnerung war. Aber auch diesmal verflüchtigte es sich, wie das Parfum einer vorbeigehenden Frau. Es war ein Erinnerungsfetzen, aber er war nicht zu greifen. Lavoisier begann sich zu ärgern. Er war sicher, dass es da war, aber der Zugriff auf seine Festplatte, wie er manchmal spasseshalber sagte, wollte einfach nicht gelingen. Schon bald waren die zwei Stunden vorbei, und er musste wieder zurück ins Institut. Sollte diesmal seine Métromethode versagt haben? Es schien so. Enttäuscht stieg er die Treppen hoch und als er die Station La Défense, welche von der Métrolinie 1 bedient wurde, verliess, um wieder ins Institut zurückzukehren, blendete ihn die tiefliegende Herbstsonne und spiegelte sich an einem Werbefenster. In diesem Augenblick kam die Erinnerung zurück.

      Paris, Oktober 2027

      Aufgeregt verliess Lavoisier die Métro und gelangte auf die Strasse gegenüber dem Institut. Er genoss diese Momente. Es fühlte sich triumphal an. Seine Erinnerungen gaben das Geheimnis preis. Sollte er mit seiner Vermutung Recht haben, dann wäre das eine Sensation, jedoch auch sehr beunruhigend.

      »Hallo Charles«, rief er, als er kurz beim Kiosk vorbei kam, seinem Freund zu.

      »Und, hat es genutzt?«, wollte Charles wissen.

      »In gewisser Weise schon«, sagte Lavoisier zu ihm, obwohl er nicht sicher war, was in Tat und Wahrheit die Erinnerung zurückgebracht hatte. War es die Kombination aus Science- Fiction-Comics und der blendenden Sonne? Er wusste es selber nicht. Es duftete nach frisch zubereiteten Crêpes, und Lavoisier verspürte plötzlich grossen Appetit. Er merkte, dass er seit dem frühen Morgen nichts gegessen hatte. Und bei Crêpes wurde er immer schwach. Er entschied sich, kurz zu bleiben, und bat Charles, ihm eine zuzubereiten. Er mochte sie mit provenzalischem Honig aus den Alpilles. Als Kind war er immer im Herbst in der Provence in den Ferien gewesen.

      »Auch wieder so eine Erinnerung«, dachte er.

      »Und wie war es?«, wollte Charles wissen. »Hast du, was immer du gesucht hast, herausgefunden?«

      »Ich denke schon. Aber wenn es das ist, was ich vermute, dann wird das sehr grosse Wellen schlagen. Ich weiss nur noch nicht ob das etwas Gutes oder Schlechtes bedeuten wird«, sagte er zu ihm.

      »Hoffen wir auf gute Nachrichten«, meinte Charles.

      Der Ton, mit dem er das sagte, hatte immer etwas Positives an sich. Dies war sicher auch ein Punkt, warum er Charles so mochte. Er würde die Welt, auch wenn sie untergehen würde, immer noch als etwas Schönes und Gutes betrachten.

       »Hier kommt sie, die Crêpe, wie immer mit Honig aus den Alpilles. Mein Neffe bringt ihn jeweils extra für dich mit«, sagte Charles und schob ihm eine extra grosse Portion über den Tresen.

      »Ja, ich hoffe auch, dass es etwas Gutes bedeuten wird«, sagte er mit halbvollem Mund, obwohl ihm sein Gefühl sagte, dass dem nicht so sein würde. Nachdem er gegessen und bezahlt hatte, verabschiedeten sie sich mit dem Daumen-hoch-Zeichen, das war auch so eine Angewohnheit von Charles. Noch ahnte er nicht, dass er ihn schon bald um einen sehr grossen Gefallen bitten würde. Lavoisier stieg wie gewohnt die Treppe zu seinem Büro hoch. Diesmal allerdings schneller als sonst. Es war kurz vor zwölf Uhr. Er übersprang dabei immer eine Stufe.

      »Wie war dein Métroausflug«, begrüsste ihn Alice fragend.

      »Zuerst absolut unergiebig«, antwortete er.

      »War sie gut?«, fragte Alice.

      Verwirrt schaute er sie an, denn er verstand ihre Frage nicht.

      »Die Crêpe natürlich«, sagte sie und wischte ihm lachend ein paar kleine Zuckerkrümel vom Anzug.

      »Charles macht die besten!« antwortete er mit einem Lächeln auf der Lippe.

      »Aber dann?«, hakte sie wiederum in ernsthaftem Ton nach.

      »Dann kam die Erinnerung zurück.«

      »Woran hast du dich erinnert?«

      »An babylonische Keilschrifttafeln«, antwortete er.

      Alice schaute ihn überrascht an, denn sie konnte sich keinen Reim darauf machen.

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