Melange, Verkehrt und Einspänner. Josef Mugler

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Melange, Verkehrt und Einspänner - Josef Mugler

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könnten, werden diejenigen, die daran interessiert sind, auch keine Kosten und Mühen scheuen, Sturiaks Inter­vention zu verhindern.“

      Weissacher stellte befriedigt fest, dass er einen wichtigen Schritt weiter war. Aber es war anderseits nur ein kleiner Schritt. Denn genauso schwierig, wie Sturiak unter der gesamten Einwohnerschaft Wiens zu finden, würde es sein, seine Verfolger und deren Hintermänner zu identifizieren.

      „Dr. Rohrig, ich denke, Sie haben sich und uns schon wesentlich geholfen. Nun bitte ich Sie noch, mir eine Liste aller in Frage kommenden Interessenten an dieser Software in Europa oder“, Weissacher wurde die Globalisierung bewusst, „sagen wir gleich: auf der ganzen Welt, soweit Sie über solche Bescheid wissen, zusammenzustellen. Faxen Sie diese Liste sobald als möglich an mein Büro! – Das wär’s dann fürs Erste!“

      *

      Die Telefonzentrale von Consulting Support Vienna schaltete den Anruf von Ron Sturiak sofort zu Gerhard Priem durch.

      „Herr Sturiak, ich bin Assistent der Geschäftsleitung. Wir haben verlässliche Informationen, dass jemand Ihren Einsatz in unserem Unternehmen stören will. Wir haben Maßnahmen zu Ihrer Sicherheit ergriffen, müssen aber annehmen, dass unsere Kommunikation abgefangen wird. Bitte geben Sie uns Informa­tionen nur in verschlüsselter Form, bis wir Sie in unsere Sicherheitszone ge­bracht haben. Wir danken Ihnen für Ihr Durchhalten und wissen Ihre Hart­näckigkeit sehr zu schätzen. Wir brauchen Sie dringend! Aber wir beenden am besten dieses Gespräch jetzt und bitten Sie, uns Hinweise bei der nächsten Kontaktaufnahme zukommen zu lassen. Wir raten Ihnen, sich rasch wieder von Ihrem Standort zu entfernen, ohne Spuren zu hinterlassen.“

      Sturiak zeigte sich einverstanden. Eigentlich war er durch die Aussagen Priems mehr erleichtert als beunruhigt. Die Erleichterung rührte daher, dass er seinen Verdacht bestätigt fand und sein Partner die Sache genauso gefährlich ein­schätzte wie er. Es hätte für ihn viel unangenehmer werden können, wenn man seine Befürchtungen als Hirngespinste abgetan hätte. Jetzt wusste er, dass er nicht mehr allein gegen unbekannte Gegner kämpfte. Ab sofort ging es darum, diese zu irritieren und für ausreichende Zeit abzuschütteln, während welcher er die Brücke in die Obhut der Consulting Support überschreiten musste. Es lag an ihm, diese Brücke so zu bauen, dass sie von den Leuten der Consulting Support richtig erkannt, von seinen Gegnern aber wenigstens für einige Zeit nicht wahrgenommen würde.

      Sturiak ging den langen Korridor der U-Bahnstation „Karlsplatz“, von wo aus er telefoniert hatte, entlang Richtung Staatsoper. Doch es hielt ihn nicht länger in der Enge und dicken Luft. Als er aus der Unterführung unter der Kreuzung der Wiener Ringstraße mit der Kärntner Straße an das Tageslicht hinaufstieg, fand er sich unmittelbar vor dem Operngebäude. Hier also hatten Gustav Mahler und Richard Strauss als Direktoren gewirkt! Sturiaks Blick fiel auf das An­kün­digungsplakat für die heutige Vorstellung in einem Schaukasten an der Front­seite. Er las „Der Rosenkavalier“. Gerne hätte er seine Gegenwart ver­gessen und sich um eine Eintrittskarte umgeschaut. Aber für ihn spielte es heute keine Kavalierszene. Er war auf der Flucht vor unberechenbaren Gegnern.

      Sturiak sah auf der anderen Straßenseite eine Straßenbahnhaltestelle. Es drängte ihn, seinen Standort wieder zu verlassen, so gerne er sich hier noch länger auf­gehalten hätte, und er stieg in die erste Tramway ein, die in die Station einfuhr. Auf einem der Waggons las er den Buchstaben „D“. Im Inneren versuchte er sich anhand einer Tafel zu orientieren, wohin die Fahrt ging. Er war sich nicht sicher, ob er die Richtung „Südbahnhof“ oder „Nuss­dorf“ gewählt hatte. Aber das war ja auch egal. Sturiak stieg vor dem Burg­theater wieder aus und bestaunte die neugotische Fassade des Wiener Rathauses, das dem Theater gegenüber am Ende eines ziemlich kahlen Platzes stand. Hier wurde offenbar eine Art Marktveranstaltung vorbereitet, denn es wurde an einer Menge von kleinen Bretterbuden gezimmert.

      Sturiak versuchte während seiner unfreiwilligen Sightseeingtour krampfhaft ein Rätsel über einen Aufenthaltsort zu erfinden, wo er mit Vorsprung vor seinen Verfolgern von den Leuten der Consulting Support in Empfang genommen werden konnte. Das war aber gar nicht leicht für jemanden, der diese Stadt nur oberflächlich und obendrein seine eigenen Partner ebenso wenig wie seine Geg­ner kannte.

      Sturiak wandte sich vom Burgtheater nach links und stand nach wenigen Schrit­ten vor dem Café Landtmann, einem der renommiertesten Wiener Kaffee­häuser. Er verspürte das Verlangen, etwas zu essen oder wenigstens einen Kaf­fee zu trinken, stellte aber fest, dass dieses Lokal nur einen Eingang besaß, was in dem Fall, dass er das Lokal schnell verlassen musste, höchst nachteilig sein konnte. Er riskierte es trotzdem. Schließlich konnte doch, solange er sich nicht wieder meldete, niemand ahnen, wo er sich nun befände. Die körperliche Nah­rung würde vielleicht seinem Gehirn einen neuen Anstoß für die Konzeption eines geschickten Rätsels geben.

      Im Landtmann gewahrte Sturiak eine große Zahl von Gästen, die teils hier zu Mittag aßen, teils nur Kaffee tranken und Zeitung lasen. Er hatte Glück, einen Tisch im rechten Rondeau zu bekommen, von wo aus er den Eingang im Auge behalten, aber nicht gleich selbst von Hereinkommenden gesehen werden konnte, vor allem, wenn er sich ein wenig hinter dem Mauervorsprung zurück­lehnte. Er bestellte einen Kaffee mit Milch. Der Kellner murmelte „Melange oder verkehrt?“, was Sturiak nicht deuten konnte. Der Kellner gewahrte seinen hilflosen Blick und entfernte sich. Sturiak hatte seinen Mantel über einen der Sessel geworfen, auf dem er auch sein voluminöses Handgepäckstück, das er mit sich herum­schleppen musste, abgestellt hatte. Als ihn eine Dame ansprach, hatte er eine kurze Schrecksekunde zu überstehen, denn von jemandem hier als vollkommen Unbekannter angesprochen zu werden, konnte womöglich auf seine Entdeckung durch die, die ihn suchten, hindeuten. Aber es stellte sich heraus, dass die Frau unbedingt seinen Mantel in die Garderobe mitnehmen wollte, was sie auch bei anderen Gästen tat. Sturiak sträubte sich dagegen und argumentierte, dass er wahrscheinlich rasch wieder gehen müsse und den Mantel sicherheitshalber griffbereit bei sich haben wollte. Ob der zweifelnde Blick der Garderobiere seine nicht ganz selbstsicher vorgebrachte Ausrede betraf oder zum Ausdruck bringen sollte, dass man, wenn man schon ins Landtmann käme, dann auch genügend Zeit für einen Kaffeegenuss mitbringen müsse?

      So verging wieder ein halbe Stunde, in der Sturiak nichts zur Auflösung des Knotens einfiel und in welcher er auch seinen Standort nicht gewechselt hatte. Das war somit ein Punkt für seine Gegner. Es wäre nun an der Zeit, dachte er, dass er einen entscheidenden Punkt für sich herausholte. Da fiel sein Blick auf das Theaterprogramm einer Tageszeitung. Zweimal las er die Ankündigung eines Stückes namens „Elisabeth“, einmal als Musical und einmal als Thea­terstück, das präzise „Elisabeth II.“ hieß. Das konnte die Basis für ein Rätsel abgeben. Dazu fand er in derselben Zeitung auch noch einen Kommentar zu „Elisabeth II.“ und entnahm daraus den Hinweis, dass dieses Stück im Salon eines reichen Industriellen namens Herrenstein spielte, von dem aus auch für das Publikum im Hintergrund der Bühne die Fassade der Wiener Staatsoper zu sehen wäre. Ein Bühnenfoto ließ Sturiak darauf schließen, dass die Fassade der Staatsoper, vor welcher er vor Kurzem erst gestanden war, vom Balkon des be­sag­ten Herrn Herrenstein halb rechts auf der anderen Straßenseite auszumachen war. Das wollte Sturiak für die verschlüsselte Beschreibung des Standortes, von dem man ihn abholen sollte, ausnützen.

      Aber wie würde man ihn erkennen, vorausgesetzt, dass die Wiener Kollegen sein Rätsel überhaupt verstanden. Er bestärkte sich selbst in seiner Entscheidung mit der Überlegung, dass es in den gutbürgerlichen Kreisen Wiens, welchen die Personen, die ihn angefordert hatten, wohl zuzuordnen waren, ausreichend Kulturbeflissene geben würde. Die Gegenseite würde sich vielleicht einer nicht so sehr an Kultur interessierten Mannschaft zur Aus­führung ihrer Pläne bedie­nen. Und er formulierte den folgenden Text, den er sicherheitshalber auf eine Serviette schrieb, damit er ihn auch optisch vor sich sah und dadurch besser auf etwaige Schwächen prüfen konnte.

      Dieser Text lautete: „Vor dem Haus, wo Elisabeth wirklich spielt, ist der Rosen­kavalier drei Stunden zu früh dran.“

      „Hallo

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