Melange, Verkehrt und Einspänner. Josef Mugler

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Melange, Verkehrt und Einspänner - Josef Mugler

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Sie mir, wo wir Ron Sturiak finden können!“, brachte Weis­sacher seine Mission auf den Punkt.

      Mario nannte das Hotel.

      „Gut! Ich werde hinfahren. Rufen Sie sicherheitshalber weder Sturiak in seinem Hotel noch Ihre Frau zu Hause an! Wir lassen einen Wagen hier vor Ihrem Büro. Sicher ist sicher! Sehen Sie hinunter!“, und Weissacher deutete zum Fenster hin­aus, „das ist der Wagen; die zwei Typen, die sich dort unterhalten, sind zu Ihrem Schutz hier.“ Damit eilte Weissacher schon wieder zur Tür.

      Marios Blick fiel auf seine Tischuhr. Sie zeigte 11 Uhr. Da fiel ihm Rons An­kün­digung ein, dass er nur bis 10 Uhr im Hotel bleiben würde.

      „Herr Weissacher! Hoffentlich ist das kein Problem: Ron sagte mir, dass er … eigentlich … nur bis … bis 10 … Uhr in diesem Hotel bleiben würde.“

      „Zum Teufel!“ Und Weissacher setzte noch einen Fluch drauf, der nicht nur in den Wind gesprochen war, sondern wohl auch zu einem guten Teil Andolfi galt. „Und da verständigen Sie uns nicht früher? – Mit wem sind Sie im Bund? Ge­hören Sie zu denen, die ein Interesse daran haben, dass Mr. Sturiak seinen Auftrag nicht ausführen kann? Sie werden das noch zu erklären haben!“

      „Und beinahe hätte ich vergessen: Sturiak hat sich unter falschem Namen dort registriert!“ Andolfi nannte den Decknamen.

      „Jetzt sagen Sie mir aber gleich alles, was Sie noch auf Lager haben, auf einmal!“ Als Andolfi nur hilflos stammelte, nein, das wäre jetzt wirklich alles, ließ ihn Weissacher wortlos stehen. Andolfi wäre am liebsten im Erdboden versunken und haderte mit dem Schicksal, das ihn plötzlich so ganz ohne seine Schuld, wie er meinte, in eine ziemlich unangenehme, offenbar sogar ge­fähr­liche Sache verwickelt hatte.

      *

      Da Sturiak überzeugt war, dass Mario etwas Vernünftiges unternehmen würde, um ihn an seinen Widersachern vorbei zu seinem Auftraggeber, der Consulting Support, zu bringen, genoss er nach der langen Nacht das Frühstück in seinem Hotel in der Margaretenstraße, jedenfalls so lange, als der Stundenzeiger der auf antik getrimmten Wanduhr noch respektabel weit von der Ziffer zehn entfernt war. Je näher er aber dieser Marke rückte, desto unsicherer wurde Sturiak. War er womöglich bereits entdeckt worden? Er musterte immer aufmerksamer die Personen, die den Frühstücksraum betraten. Einmal wollte er schon aufspringen und auf die Toilette flüchten, als er meinte, dass zwei sportlich aussehende junge Männer zögernden Schrittes den ganzen Raum mit ihren Blicken sorgfältig ausloteten, als ob sie, ohne selbst auffallen zu wollen, jemanden suchen würden. Als sich die beiden dann aber an einem von den übrigen Gästen etwas abseits stehenden Tisch niederließen und einander zärtlich die Hände reichten, wusste Sturiak, dass bei den beiden etwas anderes lief als seine Ausforschung.

      Sturiak hatte sein Handgepäck sicherheitshalber schon vor dem Frühstück ge­packt und seine Rechnung bezahlt. Er hätte das Hotel jederzeit sofort verlassen können. Bevor er sich eine Viertelstunde nach 10 Uhr dazu entschloss, ging er nochmals auf sein Zimmer, das ein Fenster auf die Straße hatte, um sich zu überzeugen, dass keine verdächtigen Personen oder Fahrzeuge unten zu sehen waren. Aber was war in dieser Situation eine verdächtige Person oder ein ver­dächtiges Fahrzeug? Die Straße war um diese Zeit durchaus stark fre­quen­tiert, Passanten eilten vorbei, betraten Geschäfte, kamen aus Geschäften heraus, Autos fuhren vorbei, füllten die wenigen Parklücken, sobald sie frei wurden, wieder auf, das Bild eines Alltags in einer Geschäftsstraße, nicht gerade einer Hauptgeschäftsstraße, aber doch ein lebendiges stets wechselndes Bild. Es schien Sturiak unmöglich, in diesem Szenario jemanden zu entdecken, der ihm auflauerte.

      Schließlich beschloss er, das Hotel zu verlassen und Mario nochmals von einer Telefonzelle aus anzurufen. Diese musste aber weit genug von hier ent­fernt sein, sonst wäre es leicht möglich, dass seine Gegner nach Abhören seines Telefonats rasch an die betreffende Stelle dirigiert würden. Also spazierte er einige Straßenzüge weiter und bestieg dann auf der Wiedner Hauptstraße die nächste Straßenbahn, die gerade des Wegs kam. Er las an der Stirnseite die Nummer 62 und die Bezeichnung „Wolkersbergenstraße“. Sturiak war es egal, wohin diese Tramway fuhr. Er wollte auch nur ein paar Stationen weg von seinem bisherigen Aufenthaltsort kommen.

      In der nächsten Station bemerkte Sturiak, wie ein Fahrgast sich während des Aussteigens umdrehte und „Schwarzkappler“ in den Waggon zurückrief. Sturiak wusste anfangs nicht, ob diesem Verhalten irgendeine Bedeutung zukäme, das Einzige, was ihm auffiel, war, dass im letzten Moment zwei weitere Fahrgäste den Waggon verließen. Die Bedeutung wurde ihm allerdings schnell klar, als sich der zugestiegene Herr ein kleines Schild an die Brust heftete und sich als Kontrollor ausgab. Sturiak hatte keinen Fahrschein und nicht damit gerechnet, dass er auf seiner dramatischen Flucht auch noch mit solchen Zwischenfällen konfrontiert würde. Offenbar hatte aber mindestens ein weiterer Fahrgast die Bedeu­tung des Zurufs nicht verstanden. Denn der Kontrollor stieß sehr bald auf eine junge Frau, die sich zunächst verzweifelt bemühte, in ihrer Handtasche einen Fahrschein zu finden. Endlich hatte sie ihn gefunden und hielt ihn dem Kontrollor in geziemender Entfernung hin. Der wollte es aber genau wissen und entdeckte bei näherem Besehen sofort, dass dieser Fahrschein nicht gültig war. Die Suche ging von Neuem los. Sturiak war dem Fahrgast innigst dankbar für die Verzögerung. Schon fuhr die Tram­way in die nächste Station ein. Der Kontrollor forderte die junge Frau zum Aussteigen auf und sie folgte ihm wider­willig. Auch Sturiak beeilte sich, den Waggon zu verlassen, ohne zu wissen, wo er gelandet war. Er ging nun einige Straßenzüge zu Fuß weiter, bis er auf ein flaches Bauwerk stieß, das sich als über dem Straßenniveau liegende Bahntrasse entpuppte.

      Endlich tauchte auch eine einsame Telefonzelle an einer wenig befahrenen Straßen­kreuzung auf. Er hatte sich vorsorglich an der Rezeption des Hotels eine Telefonwertkarte beschafft. Tatsächlich gelang es ihm sofort, Marios Frau zu erreichen und von ihr die Büronummer ihres Mannes zu bekommen. Es war schon 11 Uhr vorbei, als das Telefon in Marios Büro läutete. Sturiak konnte durch die Telefonleitung geradezu fühlen, wie Mario in Panik geriet, als er erwähnte, dass er die Nummer von dessen Frau erhalten habe. Mario fühlte sich und seine Familie offensichtlich äußerst gefährdet. Sturiak erfuhr nun, dass sich ein Sicherheitsdienst unter der Führung eines gewissen Herrn Weissacher um ihn kümmerte. Man war also auch bei der Consulting Support Vienna zur Auf­fassung gelangt, dass ihn jemand an seiner Arbeit hindern oder vielleicht sogar „aus dem Verkehr ziehen“ wollte. Die Situation, in der er sich befand, war also, da bestand nun kein Zweifel mehr, kritisch.

      Mario zeigte sich überzeugt, dass das Gespräch von der gegnerischen Seite ab­ge­hört würde, und bemühte sich daher, den Kontakt möglichst schnell wieder zu beenden. Sturiak schien es unmöglich, auf diesem Weg einen Plan auszuhecken und zu kommunizieren, wie er weiter verfahren würde. Denn das konnten die Geg­ner damit aus erster Hand mitbekommen. Er wollte jedenfalls rasch wie­der seinen Standort wechseln und sich dann mit Consulting Support Vienna direkt in Verbindung setzen. Mario nannte Sturiak die Telefonnummer, die ihm Weis­sacher hinterlassen hatte. Sturiak kritzelte diese Nummer auf eine Seite eines ver­­dreckten Telefonbuches, das in der Zelle herumlag, und riss das Stück Papier ab. Er vermeinte gleichzeitig die Erleichterung bei Mario zu spüren, die signa­lisierte, dass dieser ab sofort nicht mehr die Schlüsselfigur in diesem Spiel sein würde.

      Sturiak verließ die Telefonzelle und stieg in einen der städtischen Busse, deren Linienführung hier vorbei führte. Bei nächster Gelegenheit wechselte er in die U-Bahn, es war die Linie U4, und Sturiak bemerkte nach einiger Zeit, dass er in die Richtung der Endstation mit dem für ihn seltsamen Namen „Heiligenstadt“ unterwegs war. Ob das ein gutes Omen war? Oder ob ihn der Zug dorthin beför­derte, wo sich die Heiligen nach ihrem Martyrium aufhielten? Er entschloss sich, in der Station Karlsplatz auszusteigen, die ihm nahe dem Zentrum zu liegen schien und als Kreuzungspunkt für mehrere Linien wohl viele durch­einander eilende Passanten erwarten ließ, die ihm notfalls Deckung gewähren oder eine eilige Flucht erleichtern konnten.

      *

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