Paracelsus. Erwin Guido Kolbenheyer

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Paracelsus - Erwin Guido Kolbenheyer

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wird nit kummen.“

      Der Hans brummte: „Sand dannocht Narren beid. So ers im Rousch ton hat, was mueß er all sin Leben darumb hinschmeißen.“

      „Hans, wir sänd all Narren des, was über uns hinweggoht. Und wir sänd in eim ohnsichern Grund verhangen als die Knüppeln in dem Moor. Und weißtu, ob es weise sije unde gerecht, was über üns hinweg willt, dessen hinwider wir die Knüppeln sänd und der Weg? Du weißt es nit. – Also wir hänt den Weg gebout vor die Vielen, so zu der Engelwih kummen wölln. Es werdind die mehristen Narren sin: der hoffärtigen Demuet, der itlen Grechtigkeit, der Luog wider das eigen Herz. Die werdind all meinen, als frumb unde gerecht ze sin und nit im mindest Narren. Dann sie gohnt den Weg, zuo dem die Lüt sagend, es ist ein frumber und gerechter Weg. Was gloubest du, mueß Gott und die heilig Jungfrou dasselbig meinen dann die Lüt?“

      „Do frag ich nützit nach. Wir hänt ton, was üns ist zuokummen. Und so einer mir wollt in die Quer mit Ohngebühr, der soll guet versechen sin, dem will ichs wohl wisen.“

      „Hans, das ist din Art und ist ein trüe Art. Jedannocht es lebet ein ander Art, die wund wird und bluotind am ohnsichtbaren Ding. – Morgenden Tages wollend wir uf das Habernfeld, dann es ist hoche Zit, sunst möcht er nit reifen. Und die Wochen gang ich als ouch uf Schmerikon und kost den Win. Es möcht ein richs Jahr sin, do müessend wir zesammen stöhn.“

      Über den Alltag und seine Arbeit wurden Vater und Sohn einig. Aber sie hatten an dem Büßer Baltisar erlebt, daß sie unter anderen Gestirnen gingen. Der Alte dachte in diesen Tagen mehr an Jungrudi. Es focht ihn, während sie auf ihrem Knüppelwege hinschritten, eine Sehnsucht nach dem Toten an.

      In dem dunklen Flur des Ochsnerhauses saß auf der Treppe der kleine Theophrast und rührte in einem Tiegel.

      „Was tuost, Frästeli, in aller Finsternus?“

      „Die Muotter leidts nit.“

      „Was rührst do?“

      „Ein Salben vor Podagram.“

      „Kumm, es wird Nacht.“

      „Min Salben ist nit gar.“

      Rudi Ochsner öffnete die Gademtür, es fiel Licht auf den Kleinen, der ruhig rührte.

      Der Alte kehrte noch einmal um und setzte sich zu ihm auf die Treppe, deren nächste Stufe von den fragwürdigen Heilmitteln zeugte.

      „Was vor Ding, Frästeli, KotzTüfel! Küehdreck,duSäuli!“

      „Sine Salben stinkend als ouch“, meinte das Kind ruhig.

      Der Alte lachte. Theophrast sah zu ihm auf und runzelte die Stirn.

      Der Alte lachte noch mehr, bog den blonden Kinderkopf zurück und sah in die funkelnden Augen. Da verstummte der Alte, eine jähe Freude schlug ihm durch die Brust.

      „Frästeli, dine Ougen sänd Ochsnerougen!“

      „Wes Ougen?“

      „Din Ougen, Büebli.“

      Theophrast wandte sich wieder an seine Salbe, denn der Großvater redete ungereimte Dinge.

      Konrad von Rackeiberg, Fürstabt, ballte die Fäuste und knirschte mit den breiten, immer noch blank bewehrten Kiefern, denn er mußte wohl oder übel an die Briefe. Den Winter über war der Prior Diebold hinter den Büchern gelegen, ein hoffärtiges auf Latein und Griechisch geteiltes Geisthabit, mit gelahrtem Lappen- und Zaddelwerk behängen, für sich zu schneidern. Der Fürstabt konnte dem Prior nicht wehren: die gelehrten Traditionen des Ordens! Wo es nun galt, den aufgezäumten Dünkel vorzureiten und das ersessene Latein an den Mann zu bringen, verzog Diebold hinter der Wirtschaft: Der gefürstete Abt zu St. Gallen möchte es übel vermerken, wenn er, der Prior, und nicht der Fürstabt von Einsiedeln selbst schriebe. Ein Pfleger sei unwürdig, in St. Gallen geheime Winke zu erteilen. Die geheimen Winke! Glossenweis könnten sie von ihm am Briefrand erledigt werden! Dann möchte man in St. Gallen den Unterschied am Stil bemerken. Dort sähe man auf Stil. Da saß der Hieb. Die sollten ihren Stil vollem, als säßen sie bei gebratenen Pfauen mit Pfeffersauce und käuten Portulak dazu! Er war ein Mann von schlichten Sitten: Kuonrad von Rackeiberg.

      Gestern hatte der Prior den Hilfsschreiber geschickt, das Schreibzeug instand zu setzen. Gut, das war angeordnet. Dann kam er selber nachsehen, ob alles wohlbereitet sei, und brachte zwei Buch Papier. Es sei Baseler auf spanische Art. Abt Konrad hätte es dem Prior gern an den Kopf geworfen. Seit der Mette ging er vom Schreibpult zur Tür hin und wieder. Er fegte eine Straße in das frisch aufgestreute Reisig.

      Er stand noch in gesunden Säften, brach in die Fünfziger ein, als läge dort der Schatz der Jugend verborgen. Das römische Erbrecht, fidei commissum, der Teufel hats über die Alpen geworfen, und der deutsche Adel duckt sich drunter, um Familie zu halten, denn die Zeit frißt den Adel an – das fremde Recht hatte ihm den Ring an die Hand gezwungen. Sonst schlügen seine Pulse nicht durch Cuculla und Tunica, und er trüge eine natürliche Glatze.

      Unter den Eidgenossen hielt er es noch am leidlichsten aus, obwohl er fluchte. Die Eidgenossen wehrten sich gegen das römische Recht, sie konnten freudige Kerle bleiben. Er war unterlegen, Kuonrad von Rackeiberg. Übrigens der Giel zu St. Gallen ist stets ein Mann von Herz gewesen. Und dort vom Bodensee einwärts in den Appenzeller Bergen warteten die Holzhaufen der Höhenfeuer auf den Brand, die Hände lagen an den Glockenstricken. Der Kaiser Max soll nur die Eidgenossen in den römischen Rechtssack zwingen wollen! Die werden stürmen, und er, von Rackeiberg, wird seine Gottshausleute nicht halten. Ist nur erst der Engelweihtanz vorüber und wieder Ruh und Fried für sieben Jahr.

      Aber das wäre bestenfalls Politik. Er sollte Briefe schreiben. Nicht allein nach St. Gallen. Nach Schaffhausen, Pfäfers, Weilheim, Blaubeuren, Ochsenhausen, Ensdorf, überall hin, wo Zeit und Wege günstig schienen und die Regel des hl. Benedikt galt, damit der Beichtpfennig hübsch im Orden bleibe. Auch nach Fulda und Reichenau, dort hielten sie desgleichen gelehrte Traditionen, und auch dorthin mußte sein Latein. Desgleichen ans Mutterhaus nach Neapel der italischen Pilger wegen und über Basel nach Cluny der Franzosen halber. Zur letzten großen Engelweih hatte er vierhundert Beichtväter auf geboten, und es war Mangel gewesen: über hundertfünfzigtausend Pilger. Weiß Gott, ein Fähnlein schwyzer Fußvolk stünde ihm besser an! Aber die brauchten keinen vom angenagten deutschen Adel, den das römische Recht erhalten muß.

      Der Abt besah das Schreibzeug. Etliche Kalmusrohre, einige Gansfedern, alle fein geschnitten, fügsam und weich, wenn man sie am Daumennagel probierte. In den Nagelfalten saß noch ein wenig braunes Blut. Der Abt schleuderte die Feder aufs Papier. Aber sie sank sanft nieder, das ärgerte ihn: die Wucht brach an dem allzu leichten Gewicht der Gansfeder. Er trat ans Fenster, öffnete den Ausguck, starrte in die Dämmerung und leckte am Daumennagel.

      Vorgestern noch: sein letzter Hirsch. Das Jahr stand sechs Tage vor Mai. Sein Pferd hatte er bei den Frauen in der Au eingestellt und war mit den Bracken gepirscht. Der Wind kam von Süden. Er wußte, daß ein Gutgeschränkter unter dem Haggeneck wechselte. Er hatte ihn für diesen Abend aufgespart. Von ihm kam der Blutrest.

      Der Winter war mild gewesen. Die Tiere trennten sich bereits vom Rudel … aber in die erste Brunst fiel die Engelweihe! Da kommen sie mit Kerzen und Fahnen, endlos. Je näher desto unersättlicher in ihrem heiseren Geplärre. Der Wechsel am Haggeneck wird wieder verdorben sein, Kuonrad von Rackeiberg wird bis an die Mythen müssen, das vergrämte Wild zu finden.

      Die Briefe! Der Giel zu St. Gallen tat es leicht mit einem flüssigen Latein und alle,

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