Paracelsus. Erwin Guido Kolbenheyer

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Paracelsus - Erwin Guido Kolbenheyer

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zu betteln. Im gnadenreichen Einsiedeln stand er, Fürstabt, Kuonrad von Rackelberg. Das versammelte Konsistorium war der Propst Diebold von Geroldseck und sah auf gelehrte Traditionen. Der Dechant, der die Klosterzucht bestreitet, blieb wieder er. Der Pater cellarius hieß Diebold von Geroldseck. Einsiedeln hat an ihn kommen müssen, da man es verlottert und ausgesogen hatte. Keiner biß an und wollte in die Einöde; auch die Jagd war anderweitig besser. Die vier Schwesternhäuser? Kaum mehr der Rede wert, einzig das in der Au. Und dort flog selten ein frisches Leben zu. – Als vom Hans Waldmann, der gehürnten Zuchtpauken in Zürich, das Frauenmünster durchfegt worden war, sind etliche verscheuchte Täublein über den See heraufgeflattert. Ansprüche haben sie gemacht. Im Stift waren sie damals noch ihrer fünf gewesen, der Krachwadei Dekan Engelbert hat nicht mehr gezählt. Sie hatten zu tun bei den sieben hergescheuchten Frauenmünstlerinnen. Doch sind alle fünf in Feistzeit gestanden, taugliche Beichtiger, obgleich sie nach den ersten hitzigen Wochen ausgesehen haben wie der Hirsch im November. Nur die Roswitha hat sich gehalten. Die war kein Strohfeuer. Aber jetzt auch nur ihre eigene Glut, gehegte Glut – ein dutzend Jahre. Inzwischen ist der Diebold gekommen, und in den sind nunmehr die gelehrten Traditionen gefahren. Die andern sind abgefallen. Den Bastian haben die Franzosenblattern gefressen, der Reinhard ist am Sumpffieber verendet, der Benno tut Buße. Der Ambrosi hat einen hohen Protektor und sitzt in Mainz. Der Engelbert hat nicht gezählt, der war schon eine halbe Leiche.

      Abt Konrad sah über das Moor hin. Mühselig kämpfte der erste Tag mit den Schatten, die im weiten, grauen Nebel verstrickt lagen und nicht weichen wollten. Durch den offenen Gucker strömte der feuchte Frühhauch herein und netzte wohltuend das Gesicht. Der Brühl lag leer, die Rinder brüllten noch im Stalle. Aber der Hof war laut vom Diebold und seinen Leuten. Die Öfen wurden angeschürt, die Rauchfänge dunsteten von der feuchtgewordenen Kohle des Narren Baltisar. Diebold goß Zeichen aus Blei, Kupfer, Messing. Zwei Münzmeister, aus Zürich einer, der andere von St. Gallen, standen mit ihren Knechten seit einer Woche im Futter und guten Lohn des Stifts. Von dem gemünzten Zeug wurde etliches versilbert, daß es hübsch und gediegen glitzerte. Der Diebold goß kleine Arme, Beine, Augen, Herzen, Köpfe, Frauenbrüstlein aus rotem, gelbem, blauem Wachs. Meist aus rotem, doch gab es etliche Fromme, die mehr von der blauen und gelben Farbe hielten. Jedem nach seinem Glauben. Gesegnet sei eine trächtige Dummheit, wenn sie nur rechtzeitig niederkommt. Nachher schmolz alles wieder in demselben Tiegel zusammen. Der Diebold zog Lichter nach allen Größen und Gewichten. – War dann der Kram im Wechselschuppen aufgespeichtert, schwang er, Kuonrad von Rackeiberg, Fürstabt, den Weihwedel drüber, und die Schulden des Stiftes, die Völlerei der vierzehn Engelweihtage waren bezahlt. Dann galten die gelehrten Traditionen des Ordens.

      Der Abt schlug das Guckfensterchen zu, daß die Butzen klapperten. Er trat an das vierbeinige Schreibpult, auf dem des Lämpchens Schein noch sieghaft dem Morgen widerstand. Er tauchte eine Feder ins Tintenhorn, spritzte sie weithin aus und schrieb. Zunächst nur den Entwurf. Er gedachte später des Reuchlin Vocabularius Breviloquus von Diebold auszuleihen und des Jakob Wimpfeling Elegantiarum Medulla, damit er vor den spottlustigen Augen derer zu St. Gallen, Fulda, Reichenau bestehen könne – des törichten Geredes wegen, um ihnen keinen Fallstrick des gelehrten Hochmutes zu drehen – seinetwegen gewiß nicht. Er war ein Mann von schlichten Sitten, Kuonrad von Rackeiberg.

      Er schrieb:

      „Min fründlich und allzit willig Dienst, Liebs und Guts dem hochgeboren, führnehmlich gottwohlgefälligen und der hl. Jungfrau merklich zutanen Herren und lieben Bruder, minem vertrauten, hochgeachten und günstigen, gefürst’ten Abt Gotthard Giel von Glattburg zu St.Gallen zuvor.

      Indem unser lieben Frauen allhie ze Einsiedlen Engelweih hinwiederumb ist das siebend Jahr umb und allso mit großem Drang der vielen Pilgeri mueß das hochgelobet Fest erneuet sin, wir aber in eim merklichen Mangel stehend, nit allso unseres Glaubens und gueten Willens, denen haufendweis Wallfahrenden zu ihrem Heil zue helfen, jedannocht mangelnd an Zahl und menschlich beschlossen Kräften (wir sein alleinig zween, als dir ist wohl bekennt) sijest du günstig gebeten und durch diese mine Botschaft und Bitt liebreich ermahnet: unser lieben Frauen Stift zu Hilf, Lob und Ehr bi etlichen zwenzig, als du von wegen des Heils derer zue St. Gallen vermügest ihrer zu entbehrn, von denen Brüdern schicken uf diese Engelweih. Die sollend Bicht hörn.

      Sunderlich aber so du ein hast, wohlberedt und von indringlicher Zung, als nit mit Pochen, Pultdreschen, Schwörn, Höll- und Tüfelmaln als viel mehr, der ouch ein ziemlichen jocus und herzhaftiges Wörtlin verstünd, so solltu ihn zum Predigen schicken. Dann also wöllends die Pilgeri gern, und ist billig nach ihres Weges Schweiß und Ohnrast, ihnen ein fründlichs Wort zu gunnen und ihre bußzerknirschete Seel verschnaufen lan.

      Desglichen gehet min dringlich Bitt: sie sollten, so es sich schicket, nit allzu jung an Jahren sin und an Kräften ehender gestillt und des Bluetes Ohnband entladen, indem wir sie einer wohlgeschmälzeten Atzung versichern, und wird desglichen des guten Tropfens kaum ermanglen, also sie nit denen Wallerinen, so Frauen als Maidlein, allzueheftig bi ihrem sündhaftigen Teil der menschlichen Natur vermahnend, item gar selbsten überführeten. Dann sollichs ist uf der letzten Engelweih beschechn und ist vermerkt worden, daß etlich nach Kompletezit in weltlicher Gewandung seind umbbirscht und habend ihr caratheria clericalis schlecht verhehlt, indem mit abfallendem oder verrucketem Barettli etlich habend die Platten gsehn, was ein Ärgernis gibt, sunderlich vor die Mannslüt. Und ist ufkummen, daß etlich gemurmelt hättind, als seiend Nunnen gnug am Ort. Das war nit wohl zue vernehmen vor unser lieben Schwestern. Die habend all tan was in ihren Kräften gestund.

      Demnach solltu vor deine Wahl und Usles’ besonnen sin, was dem Doctori Angelico ist über die menschliche Natur wohlweislich entschlüpfet, obglich er ein Dominikaner und mit nichten von unserm hochgepriesenen Orden ist gewest.

      Also stehet in quaestione LXXXIV wie folgt:

      ,Ipsa naturalis inclinatio ad virtutem verum valde diminutum.“

      Wahrlich ein Wort! Dann wir seind als von Nature in der Tugend gewaltiglich geminderet. Das gut Essen und Trinken allhie mehret aber naturam und minderet virtutem dest mehr. Hinwiederumb ist ohngerecht, denen Brüderen, so in harter Arbeit stehend, die Schüßlen und Krüg uf die Kredenz der strengen Regul zu stellen, dann es stehet: ,Du sollt dem Ochsen, der drischt, das Maul nit verbinden.“ Wenn schon nit dem dumben Vieh, als dest minder denen Brüderen. In Summa: Du sollt, wohl weiser Fründ und Helfer unserer Mutter Kirche in Sunderheit aber unseres hochgepriesenen Ordens, ein solich Dilemma oder Zweifel durch din berühmet Einsicht und angeboren Scharfsinn ex fundamento tilgen, glichwohl mir aber nit ein Haufen zahnlucketer Podagram und schlotternd Gebein, so in den Bänken, do sie bichten wollend, ehender schlaft als höret, zuschicken, dann ich besorg Ehr, Lob und Preis der hl. Jungfrau und sunderlich unseres erlauchten Ordens, item der Bichtpfennig ist kein kleins in Betrachtung der großen Zahl derer, die da wallen.

      Wir wollend nit nachstohn und also denen heiligen Aposteln auf dem Fuß folgen, uswerfend die Fischnetz. Ist ouch allhie kein ohnfruchtbar Gewässer, indem sie willig Zuströmen und sich begeben. Sollichs tut ouch uns armen Fischeren not, indem wir wohl nachfolgen aber in nichts nit zu glichen vermögen, was Fischkunst belanget, denen heiligen apostolischen Fischeren.

      Nun solltu sin empfahend diese Botschaft us eim getrüen Gemüt ohn ciceronische Blümlein und attische Tänz, dann ich bin ein schlichter Mann Gottes und der hl. Jungfrau zutan, so glichermaßen ihrem und Gottes eingeborenen Sohn vor sin göttlichen Wort nit hat ein eleganten stilum einbleuet, do sie ihme das Reden bibracht.

      Die hl. Jungfrau wolle diner pflegen und des hochberühmeten Stifts!

      Ze Einsiedlen geben die pro festo Marci Evangelistae

      ANNO MCCCC …

      Kuonrad von Rackeiberg

      Fürstabt allhie.“

      Inzwischen war ein Regentag mit seinem grauen

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