Das Geheimnis der Schatten. Viktoria Vulpini

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Das Geheimnis der Schatten - Viktoria Vulpini

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sie, dass sie nicht mehr allein war. Sie blickte verwirrt auf, es war normalerweise nicht ihre Art, sich so dermaßen ablenken zu lassen, dass sie nichts weiter mitbekam, aber sie hielt das für einen wichtigen Hinweis darauf, dass sie wirklich mit ihren Nerven für heute durch war.

      „Ich denke es genügt.”

      Vanessa blickte auf den Tisch. Er hatte Recht, dort auf dem Tisch lagen schon gut und gerne zehn geschmierte Brote, doch eigentlich hatte sie gar keinen Hunger. Eilig und etwas verlegen, verstaute sie den Rest wieder im Kühlschrank und nahm die Teller mit in die Stube. Die Kiste stand nun wieder geschlossen auf dem Boden neben der Couch. Kurz wollte sie fragen, ob diese riesige Kiste nur dieses eine Teil enthalten hatte, doch sie schwieg, wollte das gar nicht so genau wissen, zumindest nicht mehr heute. Schweigend aßen sie und es verging eine geraume Weile bis Ramon fragte: „Willst du darüber reden?”

      Völlig aus ihren Gedanken gerissen schaute Vanessa auf und blickte ihm ins besorgte Gesicht. „Ich wüsste nicht so genau worüber.”

      „Du wirkst, als würdest du ziemlich neben dir stehen.” Es klang vorsichtig, offenbar bedacht darauf, nicht in ein Fettnäpfchen zu treten.

      Sie antwortete, bevor sie darüber auch nur einen Moment nachgedacht hatte: „Ich bin einem Hirngespinst gefolgt und habe eine alte Kiste mit einem Stück Gold gefunden, auf dem komische Symbole sind.”

      Mehr sagte sie nicht, dass war aber auch nicht notwendig, denn er schien zu verstehen, was sie sagen wollte und erwiderte: „Nur, das es kein Hirngespinst war.”

      „Sondern?”

      „Vielleicht ein Geist, eine Art Energie, ein Zauber.” Sein Schulterzucken machte den Eindruck, als würde er das als völlig irrelevant empfinden.

      „Ein Zauber?!”

      „Du bist erwacht. Erste Regel für dein Dasein als Erwachte: Es gibt nichts was es nicht gibt. Jede Geschichte, jede Legende enthält mindestens ein Körnchen Wahrheit.”

      Sie fragte sich, ob er sie auf den Arm nahm, doch in seinem Gesicht fand sie keinen Hinweis darauf, dass er sie versuchte sie anzulügen. Geister, Magie, fehlten nur noch die kleinen grünen Männchen, um glücklich sein zu können, dachte sie zynisch.

      „Ist diese Vorstellung denn wirklich so viel schlimmer, als die Idee verrückt zu sein?”

      Die Worte waren wie ein Messer, das sich in ihr Herz bohrte. Für verrückt hatten sie alle gehalten und allein diese Erinnerung schmerzte sie ungemein. Doch war diese neue Wahrheit, wenn sie denn wahr war, auch wirklich besser? Würde ihr das irgendjemand glauben? Die Antwort darauf war kurz und sehr ernüchternd: Nein! „Es macht nicht wirklich einen Unterschied”, gab sie bitter zurück, doch er schüttelte nur seinen Kopf.

      „Es ist ein gewaltiger Unterschied für dich! Hör auf an die Träumer zu denken, die werden das nicht begreifen und es ist besser, wenn sie davon auch nichts mitbekommen. Lass sie in ihrer kleinen, einfachen Welt leben.”

      „Verrückt, erwacht, in beiden Fällen ist man ein Ausgestoßener.”

      Obwohl er den Eindruck machte zu verstehen was sie meinte, schüttelte er zu ihrer Überraschung den Kopf. „Da irrst du dich! Mit einer halbwegs normalen Gabe bist du in der Regel in der Lage zwischen den Träumern unentdeckt zu leben. Und du hast noch die anderen Erwachten. Sie sind überall. Du bist nicht allein.”

      „Ich bin noch keinem begegnet.”

      „Weil man die Träumer schlafen lässt. Das ist ein ehernes Gesetz. Das wichtigste Gesetz überhaupt. Die meisten Erwachten kommen aber auch aus erwachten Familien.”

      „Dann ist das ein genetisches Problem?”

      Einen Moment dachte er darüber nach, dann zuckte er die Schultern. „Das kann glaube ich keiner so genau beantworten. Es scheint zum Teil erblich zu sein, aber nicht ausschließlich. Es gibt Theorien, wonach eine Begabung in jedem schlummert und wenn man einen Träumer weckt, dieser sie in der Regel auch findet. Genauso gibt es die Idee, dass es wie ein Virus ist. Wenn man zu viel mit Erwachten zusammen ist, dann steckt man sich quasi an. Die letzte Theorie halte ich für Blödsinn, aber genau wissen tut es eben keiner.”

      „Du sagtest niemand mag euch, das bezog sich auf die Erwachten?”

      Zögernd nickte er. „Ja, sie haben Angst vor unseren Fähigkeiten, dabei sind sie nicht mal sonderlich spektakulär, wenn du mich fragst, aber es hält sich das Gerücht, dass wir alle durchdrehen und zu Mördern oder schlimmeren werden.”

      „Werdet ihr?” Sie hatte über die Frage nicht eine Sekunde nachgedacht und biss sich auf die Zunge, kaum dass sie sie ausgesprochen hatte. Das war nun ganz definitiv weder sonderlich diplomatisch noch geschickt gewesen.

      „Nein, ich habe Venatoren kennen gelernt, die seit Jahrzehnten erwacht sind, und noch nie jemandem etwas getan haben, wenn sie dazu nicht gezwungen wurden.”

      „Gezwungen?”

      „Die Angst vor uns ist so groß, dass die meisten Erwachten einen Venator sofort töten, wenn sie seiner habhaft werden.”

      Entsetzen erfasste sie. Es fiel ihr schwer das zu glauben, so etwas konnte doch gar nicht wahr sein. „Ich verstehe das nicht”, gestand sie nach einer Weile. „Ich meine, was ist daran denn so beängstigend?”

      Er zuckte die Schultern. „Ich denke, das haben wir alles dem Jäger und seinen Bluthunden zu verdanken.”

      „Wer ist das?”

      „Ein Venator, ein Schlächter. Er lebte irgendwann im Mittelalter und muss unter den Erwachten ziemlich gewütet haben. Er und seine Kollegen. Ganze Dörfer sollen sie ausgelöscht haben. Kein Erwachter war angeblich vor ihnen sicher. Nach allem was man sich erzählt, müssen die total irre gewesen sein.”

      „Aber wieso hasst man dann alle? Ich meine, nur weil es einen, zwei, oder mehr Verbrecher gab, die einer Rasse, Gabe, Religion, keine Ahnung was angehörten, verurteilt man doch nicht gleich eine ganze Gruppe.” Gut sie wusste selbst, dass diese Frage naiv war, aber irgendwie musste sie es aussprechen, diese Sache klang so verrückt, dass sie fürchtete, dass sie noch verrückter würde, wenn sie nicht fragte.

      Ramon mied jeden Blickkontakt und zuckte leicht mit den Schultern. „Sie haben Angst vor dem Jagdtrieb, nehme ich an, und vor der Tatsache, dass wir theoretisch immer wissen wo sie sich genau aufhalten ohne sie dafür sehen zu müssen.”

      Da sie nicht bohren wollte, wartete sie darauf, ob er womöglich selbst eine nähere Erklärung dazu abgeben würde. Es verging eine geraume Weile und Vanessa hatte schon nicht mehr mit einer Antwort gerechnet, als er tief durchatmete. „Die meisten Erwachten haben so etwas wie eine Signatur. Stell es dir wie das Signal eines Flugzeuges vor. Auch wenn du das Flugzeug nicht sehen kannst, kannst du es auf einem Flugradar sichtbar machen und weißt genau wo es sich gerade befindet, sobald es in Reichweite deiner Überwachung kommt.” Vanessa versuchte sich vorzustellen wie so ein Radar wohl aussehen musste und was man mit dem Wissen wohl alles anfangen könnte. „So ist das bei uns auch. In einem Umkreis von ein bis zwei Kilometern können wir diese Signaturen ausmachen. Wir erkennen an ihnen wie stark jemand erwacht ist, oder besser wie stark die Gabe in ihm ist. Wir können aber nur in zwei Richtungen unterscheiden: Entweder liegt dessen Stärke im körperlichen Bereich oder im geistigen. Mit etwas Übung kann man auch noch bestimmte Merkmale aus dem Zeichen der Personen ablesen. Zum Beispiel einen anderen Venator erkennt man als solchen.

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