Und Gott schaut zu. Erich Szelersky

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Und Gott schaut zu - Erich Szelersky страница 14

Автор:
Серия:
Издательство:
Und Gott schaut zu - Erich Szelersky

Скачать книгу

suchte Johann. Er wollte nach Hause. Das Brot und die Würste würden seiner Mutter ein wenig helfen. Als Gustav in eine Nebengasse des Marktplatzes einbog, sah er Johann im Toreingang zu einer Bäckerei stehen. Er blutete am Kopf.

      »Ein Stein hat mich getroffen.«

      Gustav schaute ihn an. Es war nicht schlimm.

      »Wo sind die anderen, Johann?«

      »Ich weiß nicht.«

      »Lass uns nach Hause gehen, Johann. Ich habe Angst. Wer weiß, was morgen noch alles passieren wird.” Johann schüttelte den Kopf.

      »Nein. In der Bäckerei ist Mehl. Ohne einen Sack Mehl gehe ich nicht heim.«

      Gustav wollte nicht mehr mitgehen, doch er ließ sich überreden, mit Johann in die Bäckerei einzubrechen und den Sack Mehl zu stehlen. In dem Torbogen zu der Bäckerei war eine hölzerne Tür in das Tor eingelassen, die ihnen den Zugang zum Hof versperrte. Johann zog aus seinem Rucksack ein Brecheisen heraus und stemmte es ohne Geräusche zu machen in den Spalt zwischen Tür und Tor. Nach einigen heftigen Rucken sprang die Tür auf. Knarrend ließ sie sich öffnen und ermöglichte den beiden einen Blick in den völlig dunklen Hof des Bäckerhauses. Sie huschten in den Torbogen und lehnten die Türe an, dass es so aussah, als wenn sie verschlossen wäre. Vorsichtig, jedes Geräusch vermeidend, schlichen sie weiter und gelangten zu einer schmalen Tür. Johann drückte die Klinke herunter. Die Tür sprang auf. Sie standen in der Backstube. Es war stockfinster.

      »Wohin?«

      Gustav schaute Johann fragend an.

      »Warte einen Moment. Wir müssen ins Vorratslager, wo das Mehl ist.”

      Langsam gewöhnten sich die Augen der Jungen an die Dunkelheit. Schemenhaft konnten sie Tische erkennen. Johann ging an der Wand entlang und tastete sie ab.

      »Hier muss doch irgendwo eine Tür sein.«

      Nach fast endlosen Minuten der Suche fand er sie und trat in den neben der Backstube gelegenen Vorratsraum hinein.

      »Kannst Du einen Sack alleine schleppen?« Gustav hob einen Sack an.

      »Nein. Zu schwer.«

      »Dann lass uns die Schubkarre von draußen nehmen.« Gustav ging hinaus und wollte die Schubkarre vor die Tür zum Hof schieben. In dem Moment, als er die Schubkarre anhob, fielen die Ofenschieber, die an die Karre angelehnt waren, mit lautem Gepolter um. Ein Höllenlärm entstand, und es dauerte keine Minute, da gingen die Petroleumlampen im Haus an. Ein Fenster öffnete sich.

      »Wer ist da?”

      Der Bäcker stand im Fenster und schaute auf den Hof hinunter. Gustav verharrte wo er gerade stand. Johann kam heraus. Auf seinem Rücken trug er einen Mehlsack. Sie hörten Schritte von mehreren Leuten auf der Treppe.

      »Hierher, hierher. Sie sind in der Backstube.«

      »Weg hier, Johann, weg!«

      Er rannte zu Torbogen. Johann keuchte hinter ihm her, den schweren Sack noch immer auf den Schultern.

      »Dort hinten ist er. Dort!« Der Bäcker zeigte auf Johann und sofort nahmen die Verfolger Johanns Spur auf. Der ließ den Sack fallen und rannte so schnell er konnte weg. Gustav hinter ihm her. Nach ein paar Minuten bog er in eine kleine Gasse ein. Es war dunkel. Johann war weg. Alleine in der Dunkelheit der Nacht lauschte er, ob die Verfolger noch hinter ihm wären. Doch er hörte nur das Rasseln seines Atems. Sein Beutel war weg. Er hatte ihn in der Aufregung verloren. Kein Brot, keine Wurst. Nur wegen Johann, dachte er bei sich. Er setzte sich in einen Hauseingang und lehnte sich an den Türrahmen an. Er weinte. So verharrte er und wartete im Schutz der Dunkelheit ab. Völlig übermüdet fiel er in einen tiefen Schlaf. Als er wieder wach wurde graute schon der Morgen des nächsten Tages. Gustav machte sich auf den Weg nach Hause. Als er aus der Gasse trat stand er am Rande des großen Platzes, auf dem zwei Tage zuvor die Ausschreitungen begonnen hatten. Und auch heute ging es schon im Morgengrauen wieder los. Die Hungernden formierten sich erneut und zogen in Richtung des Rathauses der Stadt. Viele hatten sich inzwischen mit Äxten, Beilen und Hämmern bewaffnet. Die so marschierenden Scharen verbreitenden eine bedrückende Atmosphäre. Es waren zerlumpte Gestalten. Männer blickten finster drein. Frauen mit schreienden Kindern auf dem Arm schritten entschlossen voran. Eine unheimliche Stille herrschte in der Stadt, nur von Zeit zu Zeit unterbrochen von dem stakkato ähnlichen Ruf.

      »Wir wollen Brot! Wir wollen Brot!«

      Vor dem Rathaus hatte das Militär Stellung bezogen. Als die Menge näher kam legten die Soldaten ihre Gewehre an. Die Volksmenge kam zum Stehen. Der Garnisonskommandeur, General von Feldschow, trat vor die schussbereiten Soldaten und hob den Arm.

      »Auf Veranlassung des Magistrats wird an jeden Erwachsenen ein Pfund Brot ausgegeben. Das Brot bekommt jeder von Euch auf dem Marktplatz.«

      Die Masse kam in Bewegung. Mitgerissen von dem Strom der Hungernden strebte Gustav dorthin. Als sie auf dem Platz ankamen waren bereits Stände aufgestellt worden, die von Soldaten bewacht suchten. In langen Schlangen standen die Menschen an, um sich ihr Brot zu holen. Gustav wartete mehr als zwei Stunden, bis die Reihe an ihm war. Als er das Brot in Empfang nehmen wollte verweigerte man es ihm.

      »Du bist noch nicht erwachsen. Geh und hole Deine Mutter.«

      »Meine Mutter liegt sterbenskrank im Bett. Wenn ich nichts zu essen bekomme wird sie sterben.« Er streckte seine Hand nach dem Brot aus, doch es wurde ihm nicht gegeben, und die nachfolgenden stießen und drückten immer heftiger und bald hatten sie ihn am Stand vorbei geschoben. Da stand er nun, ohne Brot, all die Mühe der letzten Tage, die Angst, alles umsonst. Große Ratlosigkeit überkam ihn. Nun war er zwei Tage in dieser Stadt. Um ein Haar hätte man ihn umgebracht. Und wofür? Für nichts. Er stand mit leeren Händen da.

      »Das ist er. Der und noch ein anderer waren in der Backstube.«

      Der Bäcker schrie und kam mit einem Polizisten auf ihn zugelaufen. Gustav rannte los und versuchte, in der Menschenmenge unterzutauchen. Der Bäcker und der Polizist verfolgten ihn. Als er vom Marktplatz durch einen Torbogen in eine der schmalen Gassen abbog traf ihn unvermittelt ein Schlag auf den Rücken. Er taumelte unter der Wucht des Schlages und stürzte. Da erwischte ihn der zweite Schlag. Schemenhaft erkannte er vor sich einen Hünen von Mann in dunkelblauer Uniform mit einem riesenhaften Tschako auf dem Kopf. In seiner rechten Hand hielt er einen Schlagstock. Ob der Polizist weiter auf ihn einprügelte bekam er nicht mehr mit. Sein Gehirn ersparte ihm die weitere Qual und nahm ihm die Besinnung. In seinem Kopf hämmerte ein unerträglicher Schmerz als er wieder zu Bewusstsein kam. Er war auf einer Polizeiwache. Die Polizisten nahm er zuerst nur von Ferne wahr. Alles verschwamm vor seinen Augen. Zwei Arme rissen ihn unsanft von der Bank, auf der er lag, hoch.

      »War er das?«

      Der Bäcker, der ein paar Minuten zuvor noch laut gebrüllt hatte, ihn wieder zu erkennen, zuckte etwas unsicher mit den Schultern.

      »Ja. Ich glaub schon.«

      »Aber sicher wissen Sie es nicht?«

      »Es war dunkel.«

      Sie schickten den Bäcker weg. Der Polizist sah Gustav lange an.

      »Erzähl. Was war los?«

      »Ich wollte nur

Скачать книгу