Shandra el Guerrero. Rudolf Jedele

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Shandra el Guerrero - Rudolf Jedele

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„Das ist mein Freund Dagge, ein Nordmann, ein Viking. Er ist einer unserer Hauptleute und führte die schwarze Escadron an, die fast vollständig aus seinen Landsleuten besteht. Der andere, der dich so lüstern anlächelt ist mein Ziehbruder Rollo und er ist einer der Strategen neben Shandra el Guerrero.“

      Dann, an seine Freunde gewandt, fuhr Shandra fort:

       „Ihr seht hier eine leibhaftige Prinzessin der Amazonen vor euch, die sich seit nahezu zwei Jahren auf der Wanderschaft und der Suche nach einem Mann befindet. Ihr Name ist Alaxandra und sie sagt, sie sei die Anführerin einer Hundertschaft von berittenen Amazonenkriegerinnen.

       Aber nun sattelt eure Pferde ab, setzt euch, wir wollen gemeinsam essen, denn meine Steppenhühner dürften gar sein.“

      Alaxandra hatte nach Shandras Vorstellung kurz wie unter Schock gestanden. An einem Tag drei Männer kennen zu lernen, die offenbar im unmittelbaren Kontakt zu Shandra el Guerrero standen, war mehr als sie je zu erhoffen gewagt hatte. Sie ahnte, dass sie bald am Ziel ihrer Reise angelangt war. Doch als Prinzessin und Anführerin einer Schwadron hatte sie gelernt, sowohl Freude als auch alle anderen Gefühle schnell zu kontrollieren, damit sie nicht gegen sie verwendet werden konnten.

      Sie unterhielt sich während des Essens angeregt mit ihren drei neuen Bekannten, sie stellte Fragen und erhielt Antworten und sie beantwortete selbst viele Fragen. Sie fand heraus, dass sich Shandra, Rollo und Dagge vermutlich in einer ziemlich gleichen Rangstufe befinden mussten, denn wie sonst hätten sie so freundschaftlich und locker mit einander umgehen können. Auf Grund der gutmütigen Frotzeleien der beiden Riesen nahm sie an, dass Shandra aber doch ein klein wenig niedriger im Rang stand, als die beiden.

      Der Nachmittag war fast zu Ende und Alaxandra rechnete eigentlich jeden Moment damit, den Hufschlag ihrer Reiterinnen und das Mahlen der großen Räder ihres Ausrüstungswagen zu hören, als Dagge und Shandra sich kurz in die Büsche schlugen um Wasser abzulassen. Sie war also mit Rollo allein und nutzte die Gelegenheit, um sich noch ein wenig mehr und genauer über das Ziel ihrer Reise zu informieren.

       „Shandra hat mir gesagt, dass du ein Stratege und direkter Berater des Kriegsherrn Shandra el Guerrero bist. Wie ist der Mann so? Ist er tatsächlich ein solches Genie, wie unsere Schamana es nach ihrer Vision voraus gesagt hat? Kann man mit ihm reden und wird er wohl beriet sein, Frauen aus dem Land Sarmat in sein Heer als Kriegerinnen mit aufzunehmen?“

       „Oh Himmel über Al Andalus, du stellst eine Menge Fragen zugleich, Alaxandra. Aber ich will versuchen, sie zu beantworten.

       Ja, Shandra el Guerrero ist ein Genie. Als Stratege ist er unübertroffen und seine Schlachtenpläne machen aus seinen Gegnern Schafherden, auch wenn sie vorher wilde Wölfe waren.

       Ja, man kann auch mit ihm reden und er ist ein ausgesprochen zugänglicher und für alles offener Mann.

       Ob er allerdings dich und deine Reiterinnen in sein Heer mit aufnehmen wird, hängt davon ab, wie gut ihr kämpfen könnt und wie wichtig euch Loyalität ist.

       Aber, verzeih die dumme Frage, weshalb hast du ihn das nicht alles schon selbst gefragt?“

       „Das ist wirklich eine dumme Frage! Wann hätte ich das tun sollen? Ich kenne den Mann doch gar nicht!“

       „Du kennst ihn nicht? Dann frage ich mich, was du den ganzen Tag mit ihm getrieben hast, wenn du ihn danach immer noch nicht kennst.“

      Alaxandra starrte Rollo misstrauisch und fast ein wenig zornig an. Dann wollte sie wissen:

       „Willst du damit sagen, dass der gut aussehende junge Mann, mit dem ich hier am Feuer darauf gewartet habe, dass zwei Steppenhühner gar werden, der Kriegsherr Shandra el Guerrero wäre?“

       „Kriegsherr? Was versteht man unter einem Kriegsherrn? Aber um deine Frage zu beantworten, ja, der gut aussehende junge Mann mit dem du den halben Tag verbracht hast, ist Shandra el Guerrero. Aber das hat er dir doch sicher gesagt?“

       „Nein, hat er nicht! Er hat mich den ganzen Tag über verarscht und mich wie ein dummes Mädchen behandelt! Das zahle ich ihm heim!“

       „Und wie, wenn ich fragen darf?“

       „Das weiß ich noch nicht, aber vermutlich wäre es das Beste, ich sauge ihm die Eier aus!“

       „O, damit wird er einverstanden sein. Und wenn du dann mit ihm fertig bist, könntest du dich dann vielleicht auch noch um meine Eier kümmern?“

      Alaxandra war wirklich wütend. Auf sich selbst, aber auch auf Shandra und auf Rollo, selbst auf Dagge, obwohl dieser ihr doch gar nichts getan hatte. Doch ehe sie ihrem Zorn freien Lauf lassen konnte, ertönte ein leises Wiehern, in das gleich darauf drei andere Pferdestimmen einfielen und dann hörte sie das längst erwartete Pochen der Hufe und das Knirschen der eisenbeschlagenen Räder, das die Ankunft ihrer Schwadron ankündigte.

      Noch ehe es dunkel zu werden begann, hatten hundert Reiterinnen, die in ordentlichen Reihen zu vier Pferden neben einander daher kamen, das Lager erreicht. Auch der wuchtige Planwagen, gezogen von vier starken Mulis und gelenkt von zwei nicht weniger stark aussehenden dunkelhaarigen Frauen war eingetroffen und sie alle freuten sich, bereits auf zehn Lagerfeuer zu treffen, die ihnen von zwei blonden Riesen, einem schwarzhaarigen Schönling und ihrer Anführerin vorbereitet worden waren.

      Man konnte sehen, dass die Amazonen auf ihrer langen Reise sehr viel Routine bei der Einrichtung des Nachtlagers entwickelt hatten. Schon kurze Zeit später waren alle Pferde versorgt und vom Wagen waren zwei gusseiserne Öfen abgeladen worden, auf denen nun ein Eintopfgericht brodelte und auch schon bald fertig sein würde. Kurz nach der Schwadron waren noch zwei weitere Frauen zu Fuß eingetroffen, die, wie sich heraus stellte, zu den beiden Wagenlenkerinnen gehörten.

      Alaxandra bezeichnete die vier Frauen als ihre Marketenderinnen und der Unterschied zu den Kriegerinnen war augenfällig.

      Keine der hundert Kriegerinnen war älter als Alaxandra und sie alle befanden sich körperlich in ausgezeichneter Form und waren zudem bildhübsch anzusehen. Alaxandra stellte die Spitze dessen dar, was ihre Amazonen in der Breite repräsentierten.

      Die Marketenderinnen dagegen waren von ganz anderer Art. Sie waren mit ledernen Lendenschurzen und knöchelhohen Mokassins bekleidet und die Lendenschurze zeigten mehr, als sie verhüllten. Alle vier hatten üppige Formen. Mächtige Schenkel, dralle, runde Hinterteile, ausladende Hüften, dicke Brüste und rote Pausbacken. Ihre braunen Haare waren zu dicken Zöpfen geflochten und zu einer Art Krone um den Kopf gewunden und unter den Fleischschichten ihrer dicken Arme verbargen sich unglaublich starke Muskeln. Diese vier Frauen waren nicht für den Kampf ausgebildet, sie sorgten lediglich für das leibliche Wohl der Kriegerinnen.

      Als der Trubel der Ankunft der Amazonen überstanden war und alle sich am Abendessen gütlich taten, begann in Alaxandra wieder das Wissen zu gären, dass sie den ganzen Tag von einem jungen Mann – wenn überhaupt, dann kaum älter als sie selbst – an der Nase herum geführt worden war. Doch je länger es dauerte, bis sie den aufwallenden Ärger abreagieren konnte, desto besser bekam sie ihre Gefühle in den Griff und plötzlich begriff sie, dass sie nicht von Shandra getäuscht worden war, sondern sich selbst mit einer vorgefassten Meinung, mit einem von ihr selbst zurecht gelegten Bild in die Irre geführt hatte.

      Sie hatte

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