Die Todgeweihten grüßen dich. Friederike Kielisch

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Die Todgeweihten grüßen dich - Friederike Kielisch

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Mensch. Sofia und ich, wir hatten etwas gemeinsam, wir wirken sehr selbstbewusst und sind extrovertierte, herzliche Menschen. Aber in welchen Strukturen insbesondere diese jungen Herren aufwuchsen, nun, das wusste ich überhaupt nicht. Ich bekam auch nicht besonders viel heraus. Einmal fragte ich ihn, ob er Kurde sei, denn es war die Gründungszeit der PKK, und Einiges hatte ich zwar darüber gehört, und ich wusste, dass sie bei den Geschäftsleuten Geld sammelten. Für was und wofür, ich hatte keine Ahnung. Oder was es mit den Kurden auf sich hatte… Und ich dachte, na gut, Yasin könnte ja auch mal irgendwas erzählen. Ja, er bestätigte mir die Sache mit dem Geld sammeln, und ja, er sei eigentlich auch Kurde. Aber es gebe verschiedene, sagte er. Und Kurde hieß eigentlich Wolf, und es gäbe auch „graue Wölfe“. Aber irgendwie stimmt diese Aussage nicht, ich weiß es nicht. Oder einfach Bergtürke, das ist so etwas wie ein Schimpfwort der Türken für die Kurden. Mehr sagte er nicht. Als er mich dann zum letzten Mal besuchte, startete er im Ansatz mit mir so etwas wie eine nähere Beziehung aufzubauen: er wollte mir sagen, wie er sich eine Freundschaft vorstellte, was er von „Seinem“ Mädchen erwartete, doch mitten drin brach er ab, und lies resigniert seine Hand sinken…,es hatte keinen Sinn mehr für ihn etwas anzufangen, von dem ersichtlich war, dass es keine Zukunft hatte, denn seine bevorstehende Heirat lastete auf ihm. Er sagte nur noch:“ Wenn man verheiratet ist, ist es so, als wenn man mit einem Auto mit Anhänger durch das Leben fährt…“ Und ich meinte: “ Die Ehe muss doch keine Last sein…“ Doch er empfand das so.

      So vieles wusste ich nun wirklich nicht darüber. Denn in unseren Kreisen heiratete man, wenn überhaupt, aus freudigem Anlass, freiwillig, möglichst nicht zu früh in der Jugend…Und mit einem Schuss Romantik.

      Sehr viele Jahre später, 26, um genau zu sein, erfuhr ich, dass er zudem Yeside war.

      Yesiden werden fälschlicher Weise von einigen Türken Teufels- oder Feueranbeter genannt. Doch nicht alle denken so, besonders die islamische Richtung der Alewiten nicht. Von Ihnen bekam ich einfach oft die Aussage zu hören: ,,Die Ezidi sind doch lieb!“

      Yesiden lieben das Licht, die Sonne, beten gern still für sich am frühen Morgen, wenn sich die Sonne zeigt, und sind einfach Sonnenkinder. In Wahrheit glauben sie an Engel, etwa 7, zum Beispiel an Trausi Melek, dargestellt in der Gestalt eines Pfauenengels, und tragen ihre Gebote, ähnlich denen der Christen, im Herzen, oft nur durch mündliche Überlieferung gelehrt. Es gibt keine Bibel für Jeden, sondern ein goldenes und schwarz geschriebenes Buch. Und Engel kommen eben von Gott, in unserer christlichen Religion.

      Der Wahlspruch der Yesiden lautet: „ Gott schütze alle 72 Völker, und zuletzt uns!“

      Somit stammen viele Grundlagen der späteren Religionen, auch die des Islams, aus dem Yesidentum. Als bemerkenswerter Unterschied könnte man erwähnen, dass der Mensch Kurdi an einem Mittwoch zur Erde kam, und so dürfen sich an diesem Tag nur Bedürftige waschen. Und gegessen wird im Grunde auch so ziemlich Alles, nur Salat aus Mosul nicht, da er als Versteck von Trausi Melek vor Feinden diente. Und im Frühjahr, um Ostern herum, gibt es rotgefärbte Eier. Oder es kann auch mal 3 Tage im Jahr gefastet werden. Manche Kurden, die zwar keine Yesiden sind, und zum Islam zwangskonvertieren mussten, behaupten, dass Yesiden kein Schweinefleisch essen, genau wie Moslems, aber das stimmt so nicht, wenn sie keines essen, dann deshalb, weil sie aus Gebieten stammen, wo es eben keine Schweine gab.

      Das ist insoweit heutzutage dramatisch, da das Yesidentum dem Islam zum Opfer gefallen ist, und es zu Wenige gibt, um eine ausreichende Auswahl an potenziellen gesunden Ehepartnern zu gewährleisten, um den Fortbestand dieses Volkes zu sichern, da der Genpool zudem langsam aber sicher degeneriert, und was dadurch viele Erbkrankheiten zur Folge hat. Irgendwann sind alle Yesiden eben miteinander verwandt.

      In Deutschland leben etwa 60 000 Yesiden, die als Flüchtlinge überwiegend aus der Osttürkei in unser Land kamen. Insoweit ist es trotzdem verständlich, das Yesiden ihresgleichen ehelichen, denn auch ich wurde durch meine christliche Familie dazu angehalten, bei der Wahl meines künftigen Ehepartners darauf zu achten. Es geht einfach auch um die Nachkommen, um die Erziehung der Kinder, dass sich beide Elternteile einig sind, und um den Erhalt der eigenen Kultur und Traditionen. Nur mit dem Unterschied, das die Auswahl der Ehepartner unter Christen oder Moslems deutlich größer ist.

      Zudem sollten idealer Weise Yesiden auch noch innerhalb ihrer Kaste den Bund des Lebens schließen, somit gab es oft auch von den Familien arrangierte Ehen, und leider auch im weiteren Verwandtenkreis, denn bei der geringen Anzahl der hier lebenden Familien kennen diese sich natürlich untereinander. Nun aber den Damen wird freie Hand gelassen, bei der Auswahl, hier in Deutschland. Also von Zwangsehen kann man nicht sprechen. Es sind mir drei Kasten bekannt, am häufigsten trifft man auf die Miridkaste. Des Weiteren die Pirkaste, häufig direkt aus dem Irak, dort steht auch die einzige „Kirche“ aller Yesiden. Dann noch die Sexcskaste, die Sexcs sind eine Art Oberkaste, den anderen Kasten übergeordnet. Es gibt aber auch wegen dem drohenden Genozid Absprachen, dass auch Ehen kastenübergreifend möglich sind.

      Heute würde ich Yeziden als Urkurden bezeichnen. Mit Sicherheit entstammen die meisten Kurden von den Yesiden ab, jedoch sind nicht alle Yesiden Kurden. Mit einer Religion die über 4000 Jahre alt ist, und ähnlich wie bei den indischen Hindus in Kasten gegliedert ist. Es sind quasi die Ureinwohner des heutigen Anatoliens in der Osttürkei, die dortigen Yesiden gehören überwiegend der Miridkaste an, und man könnte sagen der Bauernkaste, und in weiteren angrenzenden Ländern gibt es noch zum Beispiel die Pir- und eine übergeordnete Sexcskaste. (Scheich-, gesprochen) Es gibt eine einzige Kirche, und diese befindet sich heute auf irakischem Boden. Jeder Yeside ist gehalten, diese auch mal im Laufe seines Lebens aufzusuchen. Frauen haben früher eine leicht übergeordnete Position in der Gesellschaft des Yezidentums gehabt, da sie schließlich die Bewohner dieser Erde zur Welt bringen. In der heutigen Zeit hat sich das leicht gewandelt, trotzdem werden die meisten Entscheidungen in der Familie gemeinsam getroffen. So wird es für normal betrachtet, dass heranwachsende junge Männer sich überall draußen frei bewegen, und es aber von den Mädels lieber gern gesehen wird, wenn sie sich eher im schützenden häuslichen Bereich der Familie einbringen. Die Ursache liegt an dem veränderten Umfeld der Ursprungskultur. Trotzdem sind yesidische Frauen heute gleichermaßen ausgebildet, oder berufstätig in unserer modernen Gesellschaft. Die Schwierigkeiten innerhalb der Familien, Scheidungen, und so weiter, die sich in unserer gesamten Gesellschaft wiederspiegeln, sind dieselben. Männliche Yesiden werden auf jeden Fall mit irakischem Wasser getauft, immer in der Folge von ungeraden Monaten. Etwa im Dritten oder siebten Monat, und ich habe mal gehört, dass auch Haarlocken dann genommen werden. Nun, ich muss mich viel auf Hörensagen berufen, da die Bücher der Yesiden verschollen sind, aber es gibt ein schwarzes und goldenes Buch der Yesiden. Eines befindet sich in London. Es ist einmal im Jahr nur bestimmten Personen erlaubt, darin zu lesen. Auch es gibt typische yesidische Vornamen, und daran kann man manchmal unterscheiden, welcher Kurde Moslem oder Yesidi ist.

      Es gibt bestimmt etwa 8-9 kurdische Stämme. Und auch einige Kurden sprechen andere Dialekte, zum Beispiel das Irak. Sorani oder das Zentraltürkische Saza, und gerade dort haben sich auch dereinst nordische Kelten angesiedelt.

      Somit sind nicht alle Kurden Türken oder gar Moslems. Es verbindet sie immer noch eine andere Sprache, die kurdische Hochsprache Kurmandschi. Kurmandschi ist eine indogermanische Sprache. Die Grammatik oder einzelne Worte klingen für mich dem Französischen nahe. Doch die letzte europäische indogermanische Sprache ist Griechisch, und wie weit das ehemalige Reich von Alexander den Großen war, zeigt uns die griechische Geschichte. Erwähnenswert finde ich auch das Yesiden sich Arie (die Reinen) nennen. Hatte dieses Wort doch für meine deutschen Ohren einen durch den Nationalsozialismus geprägten negativen Klang, trotzdem wurde ich oft in dieser heutigen Zeit, was mich etwas amüsierte, von Yesiden und Kurden gefragt, ob ich auch eine Arie bin.

      Sagen wir es so, ich bin eine deutsche Mischarie, und habe mit großer Wahrscheinlichkeit das Blut der alten Goten, eines Germanenstammes, welcher auch eine eigene Sprache und Religion in vorchristlicher Zeit hatte, und sich das Volk des Lichtes nannte. Allerdings gibt es ein Urgroßvater

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