Die Todgeweihten grüßen dich. Friederike Kielisch

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Die Todgeweihten grüßen dich - Friederike Kielisch

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wir im Grunde doch alle schon wieder verwandt, und wenn auch nur im Bereich der Sagen und Mythen oder Religionen. Die kurdische Kultur hat eine reiche Sagen- und Mythenwelt, und möglicher Weise auch Hollywood inspiriert; mir fällt Krieg der Sterne ein: „Yediritter“.

      Nun, das Yesidentum ist somit schlichtweg eine sehr alte Ursprungsreligion. Nichts Gefährliches oder Böses. Es ist im Grunde eine Religion, die sehr nah an der Natur angelegt ist, und niemand mehr von uns kann dorthin noch konvertieren, denn die Yesiden sind der Meinung, dass man sie nur erhalten kann, und noch sollte, wenn man als ein Solcher geboren wird, denn sie ist schon über 4000 Jahre alt. Somit respektieren selbstverständlich alle Yesiden auch unsere Meinung und Glauben. Ein Kernsatz lautet: „Gott schütze alle 72 Völker und zu Letzt uns!“

      Und mal ehrlich, wer von uns kommt denn nicht auch in eine Stimmung zu Beten oder zu Meditieren bei einem Sonnenaufgang? Wenn man das Privileg hat, einen solchen zu sehen. Hm, ich schon, auch als ständig reformierte Christin. Und ja….siehe den Satz der Yesiden, sie glauben an Gott. Nicht an irgendeinen Einen, sondern an den Gott, der Schöpfer von Himmel und Erde.

      Und bitte erwähnt nicht das Wort vom Schlechten, vom Anti Christen, in Gegenwart eines Yesiden, denn ein Yeside möchte nur das Gute sehen, und positiv denken. Und missachtet nicht die Mutter Erde, die uns Allen das Leben schenkt, denn es tut ihnen(und uns allen) in der Seele weh, wenn darauf gespuckt, oder eben die Natur nicht respektiert, wird. Der schönste Engelsvogel der Yesiden ist ein Pfau. Er heißt: Trausi Melek. Wäre über mich ein solcher fliegender Pfau vor 4000 Jahren hinweggeflogen, was hätte ich anderes denken können, als: „Oh, das muss eine Engel sein!

      Ich finde es cool, das sie mich nie überreden wollten, das ihre Religion die einzig Wahre ist, und wir müssen sie nicht heiraten, es reicht wenn wir sie akzeptieren, und gern haben. Hm, aber einige Yesiden hätten auch nichts dagegen, einfach auch mal ein echter Deutscher zu sein, und nun nicht alle sind so streng religiös, das die Ehen mit uns ausgeschlossen wären. Es kommt auch auf die Familie an. Auch bei uns ist strenge Religiosität eher selten geworden. Anders als wie bei den Moslems identifizieren wir uns als Menschen, und nicht über die Religion. Wir sind Individuen. Wenn das Herz stärker ist, und das Glück dominiert, und niemand konvertieren muss. Sonst können wir noch diese friedlichen Menschen einfach gern haben, denn sie sind nun bei uns, und werden nun auch ein Teil unserer Kultur. Manche von denen haben noch nie ihr Ursprungsland gesehen, sind hier geboren und aufgewachsen, und können sich auch nicht vorstellen, zurück zu gehen. Sie mögen unser Land. Und wir werden dadurch doch nicht ärmer, sondern vielfältiger. Normaler Weise haben sie eben auch vor, hier zu arbeiten und Steuern zu bezahlen, und wenn es darauf ankommt, würden sie zu uns anderen Deutschen halten. Sie sind gutherzig. Zwar etwas archaisch, und die Herren nicht ganz so flexibel in der Aufgabe ihrer Männerstrukturen, aber durchaus gutherzig. Wirklich kein Vergleich zu ungebildeten und verbohrten Islamisten. Für mich sind sie eher klein, zart und dunkel. Nicht wirklich hübsch. Etwas Troll artiges, das fieseste Wort wäre Erdnuckel. Aber humorvoll bitte gemeint! Denn auch schon unsere Ahnen hatten eine vorchristliche Mythologie, mit Feen und Elfen oder eben Trolle. Doch wie überall gibt es auch Ausnahmen.

      Die Yesiden nehmen somit eine Sonderstellung unter den ganzen anderen Mischkurden ein. Und der Traum eines neuen Kurdistan, ist auch nur auf Grundlage der dortigen Yesiden möglich. Es ist ein bedrohtes Volk.

      Nun, aber bei Yasin damals, 1985, war vermutlich seine bevorstehende Eheschließung alles andere als von ihm gewollt, oder romantisch. Sondern ein beschlossener Plan zweier Familien. Er war höchstens 20 oder 21 Jahre alt. Ich wusste nicht mal ob er eine Berufsausbildung abgeschlossen hatte. Er war einfach nur traurig, irgendwie abwesend und verletzt. Wie ein kalter Stein im Meer, innerlich abgestorben. Ich hatte es nicht, in keiner Sekunde geschafft, ihn abzulenken, oder aus dieser melancholischen Stimmung heraus zu bringen. Zu wenig wusste ich, zu wenig verstand ich über sein Schicksal. Trotzdem schrieb ich unbewusst über ihn ein Gedicht…fing ein, was er damals in meiner Nähe ausgestrahlt hatte, und ich nur rein intuitiv spürte.

      Ich sah ihn erst viele Jahre später wieder, als er mit seiner Frau durch unsere Kleinstadt ging. Er sah mich, erkannte mich wohlmöglich, das war aber nur ein Erkennen, in der Form, nun es geht ihr, in diesem Fall, mir, gut. Ihm selbst geht es nicht gut. Er wirkt immer noch abwesend, als wenn er durch Alles und Jeden hindurch schaut.

      Shaitani Süßer Höllenengel Geist einer Unterwelt Durch Dein bezauberndes geheimes Lächeln Verwirrst Du mein Seelenzelt In der Zauberwelt des Bösen Möchte ich Dich Durch die Offenbarung Ach so gern erlösen Unendliche Gedanken Unerträgliche Kreise - Zur Hexe würd‘ ich werden Um in dieser Weise Einen Zaubertrank zu brauen Statt gewohnter Höllenqualen Deine Nähe mir zu klauen All‘ die Macht der Geisteskraft Ist jedoch verloren Spürst Du selbst die Liebe nicht Kein Zaubertrank sie Dir je verschafft Süßer Höllenengel! Willst erobern - ohne zu kämpfen Willst geliebt werden - ohne zu lieben

      Träumst von einer Zauberwelt…

      02.12.1985

      Aber noch einer suchte meine Nähe… Mustafa.

      Ich hatte ihn während des Training kaum beachtet, stand ich doch in der Hierarchie weit über ihn, und er war nur der Bruder eines Karateblaugurts.

      Und selbst bei den Auftritten unserer Trainingsgruppe hatte ich es kaum mit ihm zu tun gehabt.

      Einmal nach dem Training, gingen wir alle geschlossen nach Hause, und unsere Gruppe wurde immer kleiner, denn irgendwann trennten sich all unsere Wege, doch einer blieb hartnäckig an meiner Seite, und bis zum Schluss ganz allein, Mustafa.

      Ich lächelte ihn an, und sagte. ,,Na, Du willst wohl mit mir mit laufen?“ Er war nicht besonders gesprächig, aber wirklich wild entschlossen wie ein Hündchen hinter mir her zu laufen, mindestens vier Kilometer weit.

      So in der Mitte von meinem Weg fing ich an, für ihn ein Lied zu singen, denn es war ein grauer Tag, und es nieselte leicht.

      ,,Here comes the rain again, falling on my head like a memory…”

      Zu der Zeit fand ich auch, dass ich eine angenehme Stimme hatte. Und der Mustafa hörte einfach nur zu.

      Er schaute mich mit seinen riesigen Augen an, und er lief und lief den ganzen weiten Weg neben mir her. Irgendwie niedlich dachte ich, ein lieber Junge. Und in Wahrheit mag ich es sehr gern Gesellschaft zu haben, oder wenn jemand auf meinem Weg aufpasst.

      Und als ich dann am Ziel war, wollte ich mich ganz lieb mit einem Schwesterkuss verabschieden, doch was tat er, er zog mich an sich heran und küsste mich voller jugendlicher Leidenschaft zurück. Du vergreifst dich in der Tonart, dachte ich noch, aber es war zu spät. Unsere Körper schmiegten sich inniglich aneinander, und wir verschmolzen in diesem Kuss zu nur einen Schatten.

      Gut, als wir uns lösten, dachte ich mir nichts dabei, und schickte ihn nach Hause.

      Und plötzlich, am nächsten Tag, klingelte es an unserer Tür.

      Meine Mutter rief mich, und ich ging nach unten. Dort stand er vor mir, völlig verschwitzt, war er doch über 20 Kilometer mit seinem Fahrrad gefahren, um mich zu finden. Er kam mir heldenhaft und irgendwie mutig vor, so mit nichts, außer sich selbst vor unserer Tür zu stehen. Und seine Augen waren wunderschön, groß und hellbraun, fast grün…Mustafa

      Verwundert nahm ich ihn mit ins Haus. Sagte meiner Mutter etwas von Nachhilfeschüler, denn ich gab Hausaufgabehilfe in Englisch und Deutsch.

      Führte ihn hinauf in mein Zimmer, und noch an der Türschwelle flüsterte ich: ,,Was willst Du?“ Doch er nahm mich sofort in

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