Trissa, Hexe von Eichstätt. Lars Gelting

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Trissa, Hexe von Eichstätt - Lars Gelting

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      Nur kurz blickte sie ihn über die Schulter an, schaute dann zum Feuer, „Er ist verurteilt, hat jetzt Zeit zur Entschuldigung und wird dann bestraft.“

      „Die werden den doch nicht verbrennen?“

      Für einen kurzen Moment sah sie ihn ernst an, „Schau gut hin! Lagergerichte haben ihre eigenen Strafen – und das muss so sein!“ wandte sich wieder zur anderen Seite, suchte weiter.

      Eine Weile geschah nichts, standen sich Verurteilter und ehemalige Freunde, Kampfgefährten, Nachbarn in gespanntem Schweigen gegenüber.

      Als sich ohne erkennbaren Anlass die Drei hinter ihrem Tisch erhoben, spürte Franz förmlich, wie im Rund hundertfach die Luft angehalten wurde. Eingerahmt von seinen Begleitern hob der in der Mitte Stehende den Arm, lässig, so als wollte er jemanden grüßen. Augenblicklich ergriffen die zwei Soldaten den Ärmsten. Banden ihm, der gestern vielleicht noch Kamerad, roh Arme und Hände auf dem Rücken zusammen und zerrten den nun Widerstrebenden zum Feuer.

      Franz fuhr herum, sah auf Thereses Rücken, schaute zurück zum Feuer. In die Masse um ihn herum kam Bewegung, etwa wie sie der Wind verursacht, wenn er in Böen über die Wiese streicht. Hier war es der Schrei des Verurteilten, der die harten Leiber in Bewegung brachte. Unaufhörlich, heiser, durch brennenden Schmerz und Entsetzen um mehr als eine Oktave in die Höhe getrieben, hing er über der Menge.

      Von seinen Bewachern rasch über die Glut geschoben, hockte er jetzt auf dem Stamm, nackt und nur eine rettende Brettstärke über der Speerspitze. Konzentrierte alle Lebenskraft in seinen brennenden Füßen, mit denen er sich verzweifelt auf dem dicker werdenden Stammende dicht über der Glut abstützte. Ein Seil wurde rasch um seine Brust geschlungen, über den Stamm nach hinten weggeführt und dort von einem der Pikeniere unter Zug gehalten. Der andere schob die Glut funkenstiebend noch einmal dicht und hoch an seinen Sitzplatz heran, dann war er sich selbst und dem unter ihm lauernden grässlichen Tod überlassen. Auf dem Platz herrschte Stille. Hunderte von Augenpaare waren auf den einen Punkt im Zentrum gerichtet, fixierten, registrierten, warteten angespannt auf das Unausweichliche.

      Nach wenigen Augenblicken setzte das Zittern ein. Den Kopf weit in den Nacken gelegt, die Augen konzentriert gen Himmel gerichtet, bebte sein Körper vor Anstrengung, Schweiß rann in Strömen an ihm herunter. Irgendwo weit vorn kreischte eine Frauenstimme – wütend, eine andere fiel ein, dann war wieder Ruhe.

      Er rutschte das erste Mal ab, trat in die Glut, heulte auf, erhielt vielstimmig ein schadenfrohes Echo. Das Gesicht eine Grimasse, brüllte er seinen Schmerz heraus, konnte sich noch einmal auf den Stamm retten, dessen helle, frische Farbe immer noch unschuldig herüber blinkte.

      Franz wandte sich ab, neigte sich Therese zu, drängend, „Das kann er nicht überstehen!“

      Sie, ruhig, gleichgültig, über die Schulter: „Das soll er ja auch nicht!“

      Er schaute auf den Rücken vor ihm, verstand sie nicht. Wieder war sie ihm fremd. „Du bist hart geworden!“

      Langsam drehte sie sich herum, sah ihn ruhig an, nickte leise, „Das wohl auch, Franz. Aber ich weiß eben, dass diese Strafe so ziemlich die höchste ist, die ein Lagergericht verhängt. Selten verhängt! Jeder Mann ist hier kostbar. Der Kerl muss innerhalb der Lagergemeinschaft also etwas getan haben, was diese ungewöhnliche Strafe verlangt. – Und da bin ich immer noch selbst betroffen, Franz.“

      Wieder rutschte der Fuß ab, stieß hinab ins Feuer. Er bekam den Fuß jetzt nicht mehr aus der Glut, schrie nicht, kreischte jetzt. Riss den Fuß hoch zum Stamm, musste zurück in den Brand, riss ihn wieder hoch, Funken wirbelten. Das Holz büßte seine Unschuld ein, glänzte plötzlich rot. Erst nur in Rinnsalen herablaufend, dann das Holz überschwemmend nahm es ihm den letzten Halt, ließ auch den anderen Fuß herunterrutschen. Er tanzte in der Glut, wirbelte sie hoch, hüllte sich ein in den Brodem aufstiebender Funken, brüllte auf, kreischte und heulte, erntete hundertfach verstärkt ein höhnisches Echo. Wild warf er Kopf und Oberkörper hin und her, während ihn Holz und Seil unentrinnbar an seinen Platz hielten.

      Unaufhaltsam würde er nun immer tiefer rutschen, würde sich, in gleichem Maße, wie ihm seine verbrannten Füße nicht mehr gehorchten, allmählich entleiben. Die Menge um ihn herum gierte, reckte die Fäuste, johlte, streckte ihm ihre wütenden Gesichter entgegen.

      Franz mochte nicht mehr hinsehen, setzte sich und stellte erschreckt fest, dass er alleine im Wagen saß: Therese hatte den Wagen verlassen. Er fühlte sich unwohl, sah den Wagen inzwischen umringt von aufgeregten, lärmenden Menschen, die ihm allesamt fremd und in ihrem barbarischen Verhalten unerträglich waren. Therese blieb verschwunden. Er war am falschen Ort, hatte das Gefühl, gefangen zu sein inmitten dieser aufgebrachten Menge, jäh stieg Ärger in ihm auf. Die aufgepeitschte Stimmung ringsum, die entsetzten Schreie, die das immer tiefergehende Leiden über alle Köpfe hinweg bis zu ihm trug, die Unmöglichkeit, sich einfach entfernen zu können, das machte ihn wütend, und er schlug mit der Faust auf die Wagenwand neben sich, wieder und wieder.

      Dann stand sie neben ihm am Wagen, erhitzt, zur Eile treibend: „Kommt! Rasch! Mikola bringt uns hier raus!“

      Er verstand nicht, war einen Moment verwirrt, erstarrt.

      „Franz los, wir müssen weg hier!“

      „Und der Wagen?“ Hitzig fuhr er auf, „Den sehen wir doch nie wieder!“

      „Ach, Unsinn!“ sie zeigt an ihm vorbei, „Josche wird sich darum kümmern!“ Er blickte über die Schulter zurück, fühlte sich in die Enge getrieben, musste lostoben: „Keiner von denen wird hier meinen Wagen anrühren, auch der Kerl nicht!“

      „Franz hör auf damit!“ drängend, die Stirn kraus, „Das kann hier noch lange dauern, komm jetzt! Mikola wartet!“

      „Ah, Mikola!“ er wusste, dass er keine Wahl hatte, musste das einfach sagen. Sein Hohn traf sie, ärgerte sie, ließ sie einfach losgehen.

      „Wer ist Mikola, verdammt noch mal?“ Wütend rief er hinter ihr her, musste sich beeilen, wollte er sie nicht zwischen den Zelten aus den Augen verlieren. „Stefan! Hinterher!“ er war schon vom Wagen, sah, wie sich Josche, ein junger Musketier, auf den Bock schwang, drohte ihm, rückwärtsgehend, mit dem ausgestreckten Zeigefinger: „Pass ja auf!“ und erntete einen spöttischen Lacher.

      Auf der anderen Seite der tobenden Menge wartete Mikola auf sie, lehnte umgeben von geblähten Zelten an der Rückseite seines kleinen, grauen Planwagens.

      Groß, sehnig, mit einer wilden feuerroten Mähne, die unter seiner breiten Hutkrempe hervorquoll, blickte er ihnen neugierig entgegen. Er löste sich vom Wagen, musterte sie interessiert, während sie ihm eilig entgegen liefen. Als sie ihn fast erreicht hatten: „Das ist also dein Sohn, Trissa!“ er wies auf Franz, „Gute Arbeit!“ nickte ruhig, anerkennend, streckte Franz die Hand mit einem schiefen Grinsen entgegen.

      Immer noch wütend hielt dieser einen Augenblick inne, kam ihm das Grinsen gerade recht. Im Schatten der breiten Krempe sah er dann die Narbe, die das bartlose Gesicht vom linken Auge bis zum Kinn diagonal durchfurchte und so die Gesichtszüge ausbremste. Immer noch hielt der seine Hand, legte ihm jetzt die andere auf die Schulter „Wir könnten euch gut gebrauchen, wirklich!“

      „Mikola!“ Therese ließ Franz nicht zu Wort kommen, fuhr einfach dazwischen, genervt, ungeduldig, schob Franz weiter, „Einer war schon zu viel! Lass uns jetzt fahren – los!“ Unmissverständlich stieg sie auf den Holm und war schon im Wagen verschwunden.

      „Gut!“ Er gab Franz einen freundlichen

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