Trissa, Hexe von Eichstätt. Lars Gelting

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Trissa, Hexe von Eichstätt - Lars Gelting

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an der Treppe, wies mit einer knappen Kopfbewegung nach oben, wo der Schreiber, die letzte Stufe eilig nehmend, durch die geöffnete Tür verschwand.

       Sie stieg die ersten Stufen hinauf, schniefte, musste ihr Leinenhemd raffen, welches ihren Körper weit und sperrig umhüllte – und blieb stehen: Über ihr, am Anfang der Treppe, stand jemand in der geöffneten Tür, füllte die gesamte Türöffnung aus und kam dann groß und dunkel die Treppe hinunter, ruhig, Stufe für Stufe. Sie hörte, dass der Narbige hinter ihr die gerade genommenen Stufen wieder hinabstieg. Zaghaft rückwärtsgehend folgte sie ihm, ohne die dunkle Gestalt, die sie als neue Bedrohung auf sich zukommen sah, aus den Augen zu lassen.

       Der Peinmann! Sie erkannte ihn, bevor er ganz in das spärliche Licht hinab gestiegen war. Ihn kannte jedes Kind im Ort, sprach nur mit Schaudern vom ´Peinmann´, statt vom „Pocher“, wie er eigentlich hieß. Er war der Mann, der den Übeltätern und Gaunern unter Schmerzen ein Geständnis abpresste, der als Scharfrichter die bisweilen grausamen Urteile des ´Hohen Gerichtes´ vollstreckte. Nun kam er die Treppe hinunter auf sie zu, kam mit der Festigkeit und Sicherheit desjenigen hinunter, der sein dunkles Reich betritt, und der um die Furcht derjenigen weiß, die ihm hier ausgeliefert sind.

      „Therese Driesner.“ Er sagte das, die letzten zwei Stufen hinabsteigend, einfach so dahin. Nicht fragend oder feststellend, einfach so, mit tiefer und ruhiger Stimme, als wolle er sich den Klang des Namens schon mal einprägen. Sie war einen Schritt an die Seite gegangen, um ihn vorbei zu lassen und so blieb er etwas seitwärts von ihr vor der Treppe stehen.

      „Hast du dich mal umgesehen – hier unten?“ Einen langen Moment blickte er sie wie prüfend an, ließ seine großen, grauen Augen dann betont langsam durch das Gewölbe streifen. Blickte zur Streckbank, verweilte einen langen Moment bei den schaurigen Öffnungen des Sitzbocks und kehrte dann, den mächtigen Flaschenzug ausgiebig betrachtend, zu ihr zurück, bedeutungsvoll schweigend.

       Sie hatte nicht gewagt, seinem Blick zu folgen, noch einmal zurück zu sehen und wusste doch, wohin er schaute, vermochte jetzt nur mit dem Kopf zu nicken. Schaute wie durch Angst gebannt in dieses Gesicht, dieses entseelte, harte und schon von tiefen Falten durchzogene, vielleicht gerade erst fünfzig Jahre alte Gesicht.

      „Hier unten haust der Schmerz, und manchmal sogar der Tod, Mädchen. Bedenke das!“ Er ließ sie stehen. Im Weitergehen: „Überlege dir gut, was du gleich da oben sagst! Spätestens hier unten sagst du mir doch die Wahrheit.“

       Sie blickte hinter ihm her, entsetzt! Sah plötzlich die Raußbacher, wie sie gequält und verunstaltet vor ihrem Loch da unten zusammensackte. Sah verwirrt und immer noch entsetzt, wie dieser Mensch, neben dem Pfeiler stehend, in einer ganz normalen Bewegung seine speckige Lederkappe vom Kopf nahm, zwei-drei Mal mit der Rechten langsam durch das dunkle, leicht krause Haar fuhr, und die Kappe wieder aufsetzte.

       Der Narbige schob sie die Treppe hinauf, und zum ersten Mal fügte sie sich bereitwillig seiner vorwärtsdrängenden Hand, nahm hastig Stufe um Stufe, trat auf das Hemd, das ihr bis auf die Füße reichte und immer schon vor ihr auf der nächsten Stufe war. Sie fiel hin, nahm die nächste Stufe auf allen Vieren, rappelte sich auf, hetzte weiter, hinauf zur geöffneten Tür. …

      „Wie kann das sein, dass diese Kerle da unten tun und lassen konnten was sie wollten. Das ist unerträglich! Warum lässt das Gericht die so einfach wurschteln, Pater?“ Franz beugte sich weit über den Tisch, spießte mit seinem Messer geradezu wütend den Speck auf, der auf der anderen Seite des Tisches direkt vor Stefans aufgestützten Ellenbogen lag und zog ihn über den Tisch zu sich heran.

      „Was fragst du mich, Franz? Ganz sicher ahnte auch der Knapp nichts von diesen Dingen. Ganz sicher nicht!“

      „Ha – und dann hat der Kerl diese Ferkeleien auch noch als Untersuchung mit Ergebnis verkauft?“ Franz schnitt wütend an der Speckseite herunter, stach das Messer in die Tischplatte, wo es neben dem Speck aufrecht stecken blieb.

      „Hat er! Und das war der Anfang vom Ende.“ Sie beugte sich vor, sah ihn mit hochgezogenen Brauen bei verengten Augenschlitzen von der Seite her an und tippte mit dem Zeigefinger auf die Tischplatte

      „Bis zu dieser grässlichen Verhandlung hätte ich mir nicht vorstellen können, welche abartigen Vorstellungen, Bilder und Handlungen männliche Phantasie entwickeln und für möglich halten kann. Für den Moshofer war ich ein willfähriges Liebchen des Teufels. Selbst der blau-grüne Fleck auf meinem Hintern, den ich mir beim Sturz auf der Treppe im Zagelhof geholt habe, selbst der war für den Moshofer ein deutlicher Beweis abartiger, teuflischer Liebespraktiken. Das reichte! Damit hat er mich dem Pocher ausgeliefert.“

      Sie stand auf, reckte sich, „Hätte mich der Pater in der Nacht nicht da rausgeholt: Der Pocher hätte mich am nächsten Tag gedehnt und gequetscht, bis ich vermutlich gesagt hätte, was immer er hören wollte!“

      8. Zähmung des Herrn Spenner

      Die ersten Zelte tauchten vor ihnen auf, Graue, im leichten Wind flach atmende Fremdkörper auf der grün-bunten Wiese.

      Stefan lenkte den Einspänner vorsichtig in die enge, gewundene Gasse, zwängte ihn zwischen den sich hin und wieder schüttelnden Behausungen hindurch und hielt an: Das Lager schien menschenleer. Gespenstisch bewegten sich die Zelte, klatschte hier und da eine Plane im Wind, kein Wachtposten, kein Ruf, kein Kindergeschrei; über allem lag gespannte Ruhe.

      „Fahr nur weiter!“ Therese beugte sich vor, suchte angestrengt zwischen den immer dichter stehenden Zelten nach einer Erklärung.

      Dann, unversehens, standen sie dicht gedrängt vor ihnen, versperrten ihnen den Weg, machten ein Vorwärts wie Rückwärts unmöglich: Söldner, Gaukler, jung, alt, Mütter mit Kindern auf dem Arm und herausgeputzte Dirnen Körper an Körper. Standen wie eine riesige, kreisförmig aufgestellte, fest zusammengefügte Mauer auf dem Lagerplatz und starrten schweigend in dessen Mitte. Kaum beachtet rollte der Einspänner heran, hielt nah an der Menge, störte für einige Augenblicke das beklemmende Schweigen, welches über allem lag.

      „Was nun?“ Franz reckte sich, versuchte etwas zu erkennen, spürte Thereses Hand fest auf seinem Arm, erkannte die deutliche Warnung in ihrem ihm zugeneigten Gesicht: „Ein Lagergericht! Was auch geschieht: keinen Laut!“ Sie sprach leise, eindringlich, so dass er einen Augenblick in seiner Bewegung innehielt, abwägend zur schweigenden Masse, dann wieder in ihr warnendes Gesicht sah, bevor er sich langsam erhob um zu sehen, was er noch nie gesehen hatte.

      Über die Köpfe hinweg erkannte er dort, wo die Masse Raum gelassen hatte, die große, glutvolle Feuerstelle, heller Rauch, von flirrender Gluthitze getrieben, strebte schräg gen Himmel. Im Zentrum der Feuerstelle, mannshoch, ein dicker Baumstamm, inmitten der Glut fest in den Boden gerammt. Davor, in nur handbreitem Abstand, ein ebensolcher kräftiger Stamm, wohl hüfthoch und in seinem oberen Teil stark verjüngt, zunächst armdick, dann auslaufend wie eine Speerspitze.

      Sein Blick wurde abgelenkt, fiel seitlich, etwas abseits vom Feuer, auf einen Mann. Groß, hager und vollkommen entkleidet schien er ebenso hell herüber wie das frisch zugespitzte Holz in der Glut. Ohne jede Fessel, mit hängendem Kopf stand er vor der schweigend wartenden Masse, ausgeliefert, von unzähligen wütenden Blicken durchbohrt. Hinter ihm, einige Schritte entfernt, zwei Pikeniere, der eine ein aufgerolltes Seil am langen Arm. Weiter zurück, im Schatten einer weit ausladenden Buche, drei Männer in prächtigen Offiziersuniformen. Saßen, einander im Gespräch zugewandt, hinter einem massiven Tisch, sparsam gestikulierend, wartend.

      Franz wandte sich um, wollte etwas sagen, Therese hatte sich

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