Zwielicht 11. Michael Schmidt

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Zwielicht 11 - Michael Schmidt

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unserer Sendung. Ich würde daher sagen: Weitermachen, Männer.“

      Und so geschah es. Der Sturm peitschte über sie hinweg und zog schließlich weiter Richtung Atlantik. Henry McMillan sprach in dieser Nacht noch mit zwei weiteren Anrufern über das Böse, einem Mann und einer Frau. Aber er war nie wirklich dabei, sondern musste ständig an das Hanky Panky-Girl … an Selina O’ Reilly denken. Da half es nichts, dass sogar die anderen beiden Anrufer, direkt nachdem sie zu ihm durchgestellt wurden, ihn kurz auf Selina ansprachen und bekundeten, dass die junge Frau ihnen ebenfalls Angst gemacht hätte. Allerdings hätten sie nie von einem Fall gehört in dem eine gesamte Ortschaft sich konspirativ an einem Mädchen vergangen hätte. McMillan hatte daraufhin das Thema in eine andere Richtung gelotst. Schließlich war die Sendezeit um.

      Um fünf Uhr morgens würden die ersten Kollegen von der Frühschicht im Sender antreten und Vorbereitungen für das Morgenmagazin und die Verkehrsmeldungen treffen. Das Radiogebäude würde bis dahin verschlossen und leer sein. Zwar würde über die Stunden bis zur Aufnahme des morgigen Sendebetriebes weiterhin Musik gespielt, allerdings kam die – dank eines Kooperationsvertrages – nicht von Bay FM, sondern per Fernwartung von einer nationalen Rundfunkanstalt in Dublin.

      Für die Zuhörer war diese Übernahme nie zu bemerken und kaum einer wunderte sich, warum so weit nach Mitternacht auf vielen kleinen Lokalsendern stets synchron dieselbe Musik heruntergeleiert wurde. Nachdem der Praktikant bereits nach Hause entlassen worden war und auch McMillan und Lee sich aufgesetzt höflich verabschiedet hatten, stieg der Moderator in seinen blauen Plymouth Fury, um die Heimfahrt anzutreten.

      Dabei versuchte er, das Gespräch mit der sinisteren Anruferin schnell zu vergessen. Der Sturm war zwar vorübergezogen, doch dafür hatte sich der Nebel nun umso mehr verdichtet. So weit nach Mitternacht, war kein anderes Auto auf der Landstraße zu erkennen. Die Scheinwerfer setzten der Dunstwolke nicht viel entgegen und McMillan konnte kaum ein paar Meter weit sehen. Letztendlich kam der Wagen vor seinem zweistöckigen Haus zum Halten. Er wollte es sich beim Aussteigen nicht eingestehen, doch er stampfte schnelleren Schrittes als sonst zu seiner Haustür. Eine namenlose Furcht ließ nicht von ihm ab. Nachdem er jedoch sein Heim betreten, das Licht angeknipst und die Tür hinter sich zugeknallt hatte, ertappte er sich bei dem Gedanken, dass er nun alle Angst in der dunklen Welt da draußen ausgesperrt hatte. In dieser dunklen Welt?

      Egal, wie spät es war, er brauchte jetzt erst mal eine Stärkung. Ein selbst geschmiertes Sandwich sollte es sein, denn die kreative Gedankenfindung um die Wahl des besten Brotbelags, würde ihn mit Sicherheit ablenken. Als er sich entschieden hatte und gerade den Thunfisch auf der Stulle verteilte, hörte er von oben einen dumpfen Knall. McMillan schreckte zusammen.

      Nein, kein Knall. Es war mehr eine Art Zischen, das sich für einen kurzen Moment so ähnlich anhörte, als würde Luft aus einem Schlauch entweichen, bloß leiser, aber auch schriller. Das war doch nicht möglich? Er kam sich vor wie in einem dieser schlechten Slasher-Filme. Nein, er würde nun nicht wie eines dieser Püppchen aus den Streifen langsam zur Treppe tapsen und nervös hoch rufen: Hallo? Ist da jemand?

      1. Die Figuren in diesen Filmen erhielten ohnehin nie eine Antwort von dem Mörder mit der Machete, der in Wahrheit nicht irgendwo auf dem Dachboden oder im Keller stand, sondern sich im Schrank unmittelbar hinter dem Opfer versteckt hielt.

      2. McMillan wusste, außer ihm hielt sich niemand in diesem Haus auf. Solche Geräusche hörte man ständig, man nahm sie jedoch nur ängstlich wahr, wenn man nervös und überaus aufmerksam war.

      Wahrscheinlich handelte es sich um das Holz der Bohlen, das unter dem unerwarteten Kälteeinbruch arbeitete. Nun verärgerte es ihn umso mehr, sich durch so eine Lappalie aus der Ruhe bringen zu lassen. Er schmierte sich sein Sandwich zu Ende, schaltete beim Verzehr dennoch den Fernseher ein, um ein wenig Unterhaltung zu haben. Auf der Mattscheibe lief eine späte Wiederholung von Detroit 9000 mit Alex Rocco. Als er nach dem Essen nach oben musste, um sich zu waschen und ins Schlafzimmer zu gelangen, konnte er jedoch nicht leugnen, dass ihm ein wenig bange war. Anders als sonst schaltete er daher sogar das Licht im Treppenhaus ein, um zu sehen, was ihn am Ende der Stufen erwartete. Doch am Treppenabsatz wartete niemand auf ihn. Sein Haus wirkte anders, doch hatte es sich in keiner Weise verändert. Hatte er sich also verändert?

      Beim Zähneputzen ließ er die Badezimmertür hinter sich offen. Auch hier musste er an die billigen Filme denken, in denen das Opfer seinen Mörder plötzlich hinter sich im Spiegel sah. Doch um seine Selbstachtung nicht zu verleugnen, konnte oder wollte er die Tür nicht schließen, sondern die Dunkelheit hinter sich wissen. Und für einen kurzen Moment fiel die Anspannung von ihm ab. Zu hören war nur das laufende Wasser aus dem Hahn, während er sich den Mund ausspülte. Ruckartig hob McMillan seinen Kopf. Plötzlich vernahm er wieder dieses Zischen und schwenkte jäh um. Diesmal klang es lauter, aber zugleich auch schwammiger. Er schaute in den langen, dunklen Flur und die Finsternis schaute zu ihm, als hätte sie Augen. Ohne seinen Blick abzuwenden, griff er hinter sich und drehte das Wasser ab. Diesmal konnte er sich nicht sicher sein, ob es die Dielen waren, die jenes Geräusch hervorbrachten. Vielleicht eine Warnung seines Unterbewusstseins? Nein … in einem Punkt konnte er sich nun sicher sein. Er war nicht alleine in diesem Haus.

      Aufgrund des hell erleuchteten Badezimmers, konnten seine Augen sich nicht an die Dunkelheit gewöhnen. Auch warf die Deckenbeleuchtung nicht genügend Strahlen ab, um den Korridor möglichst weit zu erhellen. Ein Schritt hinaus ins Dunkel hätte genügt, damit seine Augen die feinen Konturen besser hätten wahrnehmen können. Auf der einen Seite verwehrte die packende Furcht ihm jedoch diesen Schritt und auf der anderen Seite brauchte er es nicht mehr zu sehen, um sich sicher zu sein. Am Ende des schwarzen Flurs versteckte sich irgendjemand oder irgendetwas, das auf ihn wartete. Es bestand kein Zweifel, dass es nicht in freundlicher Absicht dort auf ihn wartete.

      Henry McMillan fühlte sich bedroht. Aber Henry McMillan fühlte sich auch missbraucht. Er spürte, wie er von dieser lichtlosen Gestalt angezogen wurde. Und noch während er darüber nachdachte, hatte er bereits zu seinem Entsetzen den ersten Schritt aus dem Badezimmer hinaus in die Dunkelheit gesetzt. Er wollte sich herumreißen und die Tür hinter sich zu schließen, um dem Grauen ein Ende zu bereiten – oder schrie er bereits von innen heraus: Ich komme! Ob als Warnung oder Bestätigung: Er wusste es nicht und ehe er bemerkte, wie ihm geschah, hatte er bereits den anderen Fuß nachgezogen; stand nun völlig außerhalb des Licht spendenden Raumes schutzlos und entwaffnet da. Nun konnte er auch einen Atem hören; er war bereits ganz nah. Das beklemmende Grauen wucherte bereits so unerträglich schmerzhaft, dass sein Herz raste, seine Lippen austrockneten. Er wünschte sich nur noch, diese Qualen zu beenden und schmiss mit einem Ruck die Badezimmertür hinter sich zu, die scheppernd zufiel und alles Licht wegsperrte. Nun gab es nur noch ihn, die Dunkelheit und das Unbekannte, das nach ihm rief. McMillan sah nichts außer schwarzer Düsternis. Düsternis umgab ihn, Düsternis verlangte nach ihm. Düsternis war alles. Er brauchte keinen Schritt weiter zu gehen, denn er spürte, wie es bereits aus seinem Schattenreich hervorgekrochen kam und nun unmittelbar vor ihm stand.

      Am nächsten Morgen war Alan Smithee der erste beim Radiosender. Doch zu seiner Verwunderung stand die Eingangstür bereits offen. Die Irritation wandelte sich in Entsetzen als er bemerkte, dass kein Auto außer dem seinigen auf dem Parkplatz stand. Das Studio lag ein wenig außerhalb der nächsten Ortschaft, daher erschien es unwahrscheinlich, dass jemand die Sendeanstalt zu Fuß erreicht hätte, vor allem bei dem nasskalten Wetter. Und da es relativ ausgeschlossen schien, dass die Nachtschicht vergessen hatte, die alarmgesicherte Tür abzuschließen, rannte Smithee zurück zu seinem Wagen, schloss sich ein und rief die Polizei. Er glaubte an einen Einbruch und wollte es nicht riskieren, den Verbrechern im dunklen Studio über den Weg zu laufen. Vielleicht war dies ein wenig überreagiert, aber Smithee hatte bereits einmal einen Überfall auf eine Tankstelle miterlebt und verhielt sich bei solchen Situationen daher immer etwas schreckhaft. Nach einer gefühlten Ewigkeit traf auch ein Streifenwagen ein und die Beamten betraten das Gebäude. Nachdem die

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