Sonnig mit heiteren Abschnitten. V. A. Swamp

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Sonnig mit heiteren Abschnitten - V. A. Swamp

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so alt ist. Dann kommt Strawinsky. Kommen ist Quatsch, er ist plötzlich da. Ich habe ihn bislang weder kommen noch gehen sehen. Wahrscheinlich bin ich zu sehr auf SCHÖNSTE HÄNDE fixiert.

       Wie geht es Ihnen?

       Ich denke, gesundheitlich geht es mir …,

      ich mache eine kleine Pause und denke kurz nach,

      … ganz gut.

       Und wie geht es Ihrer Frau?

      Die Frage überrascht mich. Wir haben doch noch gar nicht über Mona gesprochen. Wahrscheinlich hat Mona sich in Strawinskys Unterbewusstsein geschlichen. Das kann sie gut. Das weiß ich aus eigener Erfahrung. Ich habe keine Ahnung, wie es ihr momentan geht, aber das muss ich ja Strawinsky nicht unbedingt auf die Nase binden. Immerhin ist sie der Grund, dass ich bei Strawinsky gelandet bin.

       Ich vermute, es geht ihr gut. Andernfalls hätte sie sich bestimmt bei mir gemeldet.

      Ich schaue in Strawinskys irritiertes Gesicht.

       Bitte sehr, die Liege steht für Sie bereit.

      Ich mache mich lang.

       Sie haben mir bei unserer letzten Sitzung über Ihren Vater berichtet. Über Ihre Mutter haben Sie mir noch nichts erzählt.

      Ich denke nach. Meine Mutter. Als ich die zwanzig überschritten hatte, sprach sie öfter davon, dass ich immer ihr Lieblingssohn gewesen sei. Diese Liebe hat sie gezeigt, indem sie Kochlöffel und Teppichausklopfer auf meinem Hintern zertrümmerte, während mein Vater seine Pranken bevorzugte, die er mir am liebsten ins Gesicht schlug. Mit Liebesentzug wurde ich nie bestraft. Meine Eltern kannten keine Liebe, die sie mir hätten entziehen können. Aber das will ich Strawinsky nicht erzählen.

       Sie stand unter der Fuchtel meines Vaters und traute sich nie, sich ihm gegenüber durchzusetzen. Das Seltsame ist, dass sie selbst aus einem sehr liebevollen Elternhaus stammte. Leider verstarb ihr Vater schon früh, sonst wären die Dinge vielleicht anders gelaufen.

      Ich mache eine Pause, aber Strawinsky unterbricht mich nicht, sondern wartet.

       Ich habe mein Elternhaus immer als sehr spießig und sexfeindlich empfunden. Mit 13 zeichnete ich einmal ein Bild mit Hochhäusern und einer Neonreklame mit der Aufschrift STRIPTEASE. Dafür kassierte ich prompt eine Tracht Prügel von meinem Vater. Solche „Sauereien“ duldete er nicht in seinem Haus. Auch war ich lange der festen Überzeugung, dass meine Eltern ihr Sexleben mit der Zeugung meines Bruders ersatzlos eingestellt hatten. Sie zeigten keinerlei Liebe füreinander. Außerdem war der Tagesablauf meines Vaters nicht für Sex geeignet. Er schlief meist bis 11 Uhr, hielt sich danach für mindestens zwei Stunden im Bad auf und ging dann seiner Arbeit als Privatdozent nach. Die Abende und den größten Teil der Nacht verbrachte er in seinem Arbeitszimmer. Erst nachdem mein Vater schon lange tot war, erfuhr ich von meiner Mutter, dass er in den frühen Morgenstunden, wenn er dann endlich zu Bett ging, mehr oder weniger lustvoll über sie hergefallen war, um den Druck aus seinen Lenden zu lassen.

       Sie sollten mir eigentlich etwas über Ihre Mutter erzählen.

      Warum ist Dir das so wichtig, Strawinsky? Meine Mutter hatte in meinem Elternhaus nichts zu sagen. Immerhin fällt mir dann diese sehr skurrile Geschichte ein.

       Als mein Vater die sechzig überschritten hatte, wurde ich bei einem meiner seltenen Besuche im Haus meiner Eltern Zeuge einer Geschichte, die mich aus den Schuhen haute. Ich war im obersten Stock unseres Wohnhauses, als ich ein lautes Geschrei auf der Treppe hörte. Ein Blick in das Treppenhaus offenbarte in der Tat Ungewöhnliches. Meine Mutter, furiengleich, prügelte eine im Vergleich zu ihr wesentlich jüngere Frau die Treppe runter. Für meine Eltern war körperliche Gewalt ein legitimes Mittel in der Kindererziehung. Auch hatte mein Vater kein Problem damit, meine Mutter gelegentlich zu schlagen. Aber Gewalt gegen andere, das war neu. Ich hatte meine Mutter so noch nie erlebt, wie an jenem Tag. Sie war völlig ausgerastet. Sie muss wohl in diesen Minuten befürchtet haben, dass ihr nunmehr, nachdem sie sich all die Jahre gegenüber ihrem Mann klein gemacht hatte und endlosen Ärger und Demütigungen kassiert hatte, von dieser fremden Frau alles, was sie besaß, genommen werden sollte.

       Die fremde Frau verließ fluchtartig das Haus, aber sie war noch nicht in Sicherheit. Erst als meine Mutter sie auch noch die steile Steintreppe vor unserem Haus herunter gejagt hatte, dabei wäre sie um ein Haar gestürzt, und sie das einigermaßen sichere Terrain der Straße erreicht hatte, ließ meine Mutter von ihr ab. Die Flüche und Verwünschungen, die meine Mutter ihr hinterher rief, haben sie dann auch wohl davon abgehalten, sich jemals wieder in die Nähe meines Vaters zu wagen.

       Äußerte sich Ihr Vater zu diesem Vorgang?

       Nein, das tat er nicht. Mein Vater hatte sich bis dahin mir gegenüber immer als absolut integer, unbestechlich und charakterlich einwandfrei geriert. Er forderte von allen, insbesondere von mir, absolute Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit und Gradlinigkeit. Ich habe mal eine Zeit lang Bierdeckel gesammelt. Er machte immer ein Riesentheater, wenn ich mir ungefragt irgendwo einen Bierdeckel einsteckte. Das kam für ihn einem schweren Diebstahl gleich. Derselbe Mann scheute sich auf einmal nicht, seine Saubermann-Maske fallen zu lassen, sich eine Freundin zuzulegen und die dann auch noch in mein Elternhaus zu bringen. Ich kann es bis zum heutigen Tag nicht verstehen. So kann sich doch nur ein echtes Arschloch verhalten, oder? Später erfuhr ich, dass er auch um meine Mädchen herumscharwenzelte, und dabei den Charming Boy herauskehrte. Er machte ihnen Geschenke, um ihr Wohlwollen zu erheischen. Er versuchte, mit ihnen zu flirten. Meine Mädchen fanden das sehr komisch, sie konnten ihn auf Anhieb richtig einschätzen. Gegenüber meinem Bruder bezeichnete er mich später als „Dorfbulle“. Noch viel später sagte er mir mit fast weinerlicher Stimme, „dass er wohl in seinem Leben viel versäumt habe“. Er war schon ein ziemlich deformierter Mann.

       Sie hatten demnach nicht nur ein schwieriges Verhältnis zu ihrem Vater, sondern auch zu Ihrer Mutter?

       Wenn mein Vater nicht in der Nähe war und meine Mutter sich nicht im Kompetenzbereich meines Vaters bewegte, kam ich mit ihr zurecht. Ich erinnere mich gerne an viele Spaziergänge, die wir ohne meinen Vater machten. An einen liebevollen Umgang kann ich mich allerdings nicht erinnern. Bis zu diesem Vorfall mit der Freundin meines Vaters hätte ich niemals geglaubt, dass meine Mutter eine Kämpferin sein konnte. Erst da wurde mir klar, dass sie sich auch gegenüber meinem Vater hätte durchsetzen können. Das hätte mir viel erspart. Aber für mich kämpfte sie nie.

       Wie war denn das Verhältnis zu Ihrer Mutter, nachdem Sie das Elternhaus verlassen hatten?

       Da ich meinem Vater weitgehend aus dem Weg ging, bemühte sie sich darum, den Kontakt nicht vollends abreißen zu lassen. Sie besuchte mich sogar ein paar Mal in Berlin und sorgte für große Heiterkeit bei meinen neuen Freunden, da die eine solch spießige Provinzmutter noch nie hautnah erlebt hatten. Erst als unsere Tochter zur Welt kam, ging mit meiner Mutter eine seltsame Verwandlung vor. Sie mutierte zur besten Oma der Welt. Sie warf all die Liebe und Zärtlichkeit, die sie mir all die Jahre vorenthalten hatte, für ihre Enkelkinder in die Waagschale. Unsere Kinder vergötterten sie. Sie war immer zur Stelle, wenn sie gebraucht wurde. Das brachte Mona und mir große Vorteile, denn auf diese Weise hatten wir viel Zeit füreinander und für unsere vielen Reisen.

      Ein quietschendes Geräusch macht mir klar, dass Strawinsky auf seinem Ledersessel hin und her rutscht. Wahrscheinlich entlastet er eine seiner Arschbacken.

      

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