Die Servator Verschwörung. Jürgen Ruhr

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Die Servator Verschwörung - Jürgen Ruhr

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daran teilnehmen? Bisher war das bei allen Zeitungen, bei denen er gearbeitet hatte, der Fall gewesen. Ron schüttelte den Kopf und nahm sich vor, Fellger beim nächsten Mal darauf anzusprechen.

      Doch zunächst wartete ein Berg Arbeit auf ihn. Der erste Termin auf seiner Liste war die Vernissage eines unbekannten Berliner Künstlers. Der Veranstalter hatte im Vorfeld alle ihm bekannten Pressestellen informiert und es auch nicht versäumt, Funk und Fernsehen auf das bevorstehende Ereignis hinzuweisen. Ron traf genau zu Beginn der Veranstaltung, die in einer kleinen Galerie in einer Berliner Seitenstraße stattfand, ein. Gerade einmal ein Dutzend Leute scharrten sich um einen Tapeziertisch, der mit einer weißen Decke als Getränkebuffet diente. Auf dem Tisch standen halbvolle Sektkelche aus Plastik. Der Redakteur sah sich um. Es hatte nicht den Anschein, als wären irgendwelche Kollegen anderer Zeitungshäuser anwesend. Auch vom Radio oder Fernsehen schien niemand anwesend zu sein.

      Eine Frau mittleren Alters, die sich als Veranstalterin zu erkennen gab, hielt eine kurze Rede, in der sie immer wieder das herausragende Talent des Künstlers hervorhob. Dann nötigte sie ein kleines, dürres Männchen zu sich, das sich als der Künstler vorstellte. Mit piepsiger Stimme wiederholte der einige Worte seiner Vorrednerin und fügte anschließend hinzu, dass alle Bilder zum Verkauf freistünden. „Ich freue mich, dass ihr so zahlreich erschienen seid“, piepste er und hob sein Plastikglas. „Das Buffet ist eröffnet. Und - ach ja“, er sah Ronald mit einem treuherzigen Dackelblick an, „ich danke auch der Presse für ihre Anwesenheit. Prost!“

      Die Gäste, die dem Vortrag nur mit einem halben Ohr zugehört hatten, wurden beim letzten Wort aufmerksam, hoben ebenfalls die Gläser und schütteten den Sekt in sich hinein. Ronald schoss derweil mit einer kleinen Digitalkamera mehrere Fotos. Schon kam die ältere Dame mit dem Künstler im Schlepptau zu ihm. „Sie sind von der Presse“, stellte sie unnötigerweise fest. Ron nickte nur.

      „Das ist der Künstler, Hermann Dööppel. Doppel Ö und doppel P. Dass sie mir den Namen ja auch richtig schreiben! Dööppel. Und nun zu ihren Fragen, der Künstler wird ihnen alles gerne beantworten.“

      Ron stellte einige Standardfragen, ließ sich ein Glas unheimlich klebrig schmeckenden Sekt aufdrängen und fotografierte noch einmal den Künstler mit seiner Veranstalterin. Dann schoss er noch einige Fotos der ausgehängten Bilder. Endlich stand er wieder draußen auf der kleinen Straße. Nun, bei allem Zynismus, den er in seinen Artikeln sonst an den Tag legen konnte - über dieses arme Würstchen von Künstler würde er doch eher positiv berichten. Das nahm er sich vor. Und wenn nicht positiv, so doch wenigstens neutral. Der Mann war ja nicht unsympathisch gewesen.

      Die Tage vergingen wie im Flug, Ron war mit seiner Aufgabe sehr gut beschäftigt, zumal Maike sich wohl ausschließlich der Kaffeezubereitung zu widmen schien. Aber die Gestaltung der Onlineseite kam gut voran. Es würde bald Zeit werden, mit Fellger über einen zweiten Onlineredakteur zu sprechen, der nach Rons Rückkehr in die Staaten den Job hier übernehmen könnte. Doch noch war keine Eile geboten.

      Der nächste Auswärtstermin galt dem ominösen Fußballspiel. Dies sollte an einem Samstagnachmittag stattfinden. Ron machte sich nicht viel aus Fußball und traf erst kurz vor dem Schluss des Spieles ein. Zwei Mannschaften, die eine in roten Trikots, die andere in blauen, kämpften auf einem Ascheplatz, der schon bessere Zeiten gesehen hatte, gegeneinander.

      Ron traf genau in dem Moment ein, als der Schiedsrichter gellend seine Pfeife ertönen ließ und einem blauen Spieler die rote Karte zeigte. Der trat daraufhin zu dem Unparteiischen und schickte ihn mit einem gekonnten Kinnhaken zu Boden. Ron konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. Hier würde es wenigstens etwas zu berichten geben.

      Aber die Schlacht setzte sich weiter fort. Jetzt gingen rote und blaue Spieler aufeinander los, der Ball war vergessen und die Männer prügelten nur noch aufeinander ein. Der Schiedsrichter kroch auf allen Vieren vom Platz und Ron schoss einige Bilder. Auf diesen Bericht freute er sich schon!

      Genau zehn Tage, nachdem Ronald Nayst zum ersten Mal seinen Fuß in die Berliner Filiale der New York News Paper gesetzt hatte, fand die Gerichtsverhandlung gegen den Einbrecher statt. Ron hatte versucht, etwas über diesen Einbruch in Erfahrung zu bringen, fand aber lediglich eine kleine Zeitungsnotiz, die von einem Hauseinbruch sprach. Gestohlen wurden laut Polizeibericht eine Münzsammlung, sowie Schmuck. Beides konnte aber direkt sichergestellt werden, da die Polizei glücklicherweise rechtzeitig am Tatort erschien. Der Täter war polizeibekannt und kein unbeschriebenes Blatt.

      Ron las sich noch einmal die karge Meldung durch. Offensichtlich hielten weder die Staatsanwaltschaft, noch die Presse diesen Fall für besonders erwähnenswert. Er schaute auf die Uhr. Die Gerichtsverhandlung begann um elf. Ihm blieb noch genügend Zeit, um pünktlich mit der U-Bahn dort einzutreffen. Die Station befand sich nicht weit von seiner Unterkunft entfernt und er beschloss, die kurze Strecke zu Fuß zu gehen. Bis zum Amtsgericht Berlin Mitte würde er vielleicht gerade einmal fünfzehn Minuten mit der Bahn brauchen.

      Im Gerichtssaal herrschte gähnende Leere. Ein Beamter verlangte sein Handy und klärte ihn darüber auf, dass das Fotografieren während der Verhandlung strengstens verboten sei. Dann zeigte er ihm den Weg zum Verhandlungsraum.

      Als Ron eintrat, fand er zu seiner Linken Richter, Anwälte und Angeklagten und zu seiner Rechten mehrere Stuhlreihen. Der Richter und ein Anwalt tuschelten leise miteinander und blickten nur kurz auf, als er den Raum betrat. Ein Gerichtsdiener schloss derweil die Tür und postierte sich davor. Ein deutliches Zeichen, dass Ron keine Minute zu früh gekommen war und die Verhandlung nun beginnen würde. Der Anwalt nahm seinen Platz neben dem Angeklagten ein und rückte seine Akten zurecht.

      Ron besah sich den Einbrecher. Aus den wenigen Informationen, die zugänglich waren, wusste er, dass der Mann Oliver Inat hieß, zweiundvierzig Jahre alt und vorbestraft war. Der ein Meter achtundsechzig große Mann wirkte durchtrainiert, verfügte über eine schlanke Figur und volle, dunkle Haare. Ron befand, dass der Knabe nicht einmal unsympathisch aussah.

      Inat rutschte unruhig auf seinem Stuhl herum und blickte immer wieder sorgenvoll zu seinem Anwalt.

      „Ich erkläre die Verhandlung für eröffnet“, begann der Richter und fügte direkt eine Auflistung der Vergehen des Angeklagten hinzu. Demnach wurden dem Mann Einbruch, Diebstahl und Widerstand gegen die Staatsgewalt vorgeworfen. Da Inat schon einschlägig vorbestraft war, würde er diesmal kaum mit einem blauen Auge davonkommen.

      Ron langweilte sich. Dies war ein null - acht - fünfzehn Prozess, über den es sich kaum lohnte zu berichten. Zwei, maximal drei Zeilen. Wie es schien, stand auch das Strafmaß schon fest, vermutlich im Vorfeld zwischen Anwalt und Richter ausgehandelt. Ron kramte seinen Schreibblock hervor und begann einen Abriss der Szene aufzuzeichnen. Er hatte in New York während des Studiums einen Zeichenkurs belegt und war ein leidlicher Zeichner. Kein großer Künstler aber für den Alltagsgebrauch reichte es. Vielleicht ließ sich die Zeichnung ja später in den Computer einscannen und zum Bericht Online stellen. Das würde bestimmt mehr hermachen, als die zwei oder drei Zeilen zur Urteilsverkündung.

      Die Gerichtsverhandlung endete schon nach fünfzehn Minuten mit einem Schuldspruch. „Ich verurteile sie wegen schweren Einbruchs, Diebstahl und Widerstand gegen die Staatsgewalt zu drei Jahren und acht Monaten Haft“, verkündete der Richter, nachdem sich alle im Saal erhoben hatten. „Sie können gegen das Urteil Berufung einlegen.“

      Oliver Inat sah zunächst den Richter an, dann seinen Anwalt. Plötzlich hob er die Hände wie in wilder Verzweiflung gegen den Himmel. „Herr Richter“, drang es aus ihm und im Saal herrschte Totenstille. „Ich bin dort eingebrochen, ja das gebe ich zu. Aber ich habe keine Münzen oder Schmuck gestohlen! Und ich habe mich auch nicht gegen die Polizei gewehrt. Es ging ja alles so schnell und dann war da ja noch der tote Mann im Arbeitszimmer!“

      Ron bemerkte, wie der Richter

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