Die Servator Verschwörung. Jürgen Ruhr
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Nach diesen Worten legte sie hastig auf.
Ron hielt den Hörer in der Hand und überlegte noch einmal beim Amtsgericht anzurufen und sich mit der Frau verbinden zu lassen. Dann verwarf er den Gedanken und zog seinen Schreibblock zu sich heran. ‚Vera Hagerl‘ notierte er auf dem jungfräulichen Blatt und darunter: ‚Möchte zum Essen eingeladen werden‘. Soweit war es ja noch ganz verständlich. Der Sinn dessen, was er dann aber darunter schrieb, blieb ihm allerdings verborgen: ‚Schaut um zwanzig Uhr Fernsehen und sitzt auf einem Kissenturm‘. Ziemlich blöde. Wen interessierte denn, wann und wie die Frau Fernsehen schaute. Außerdem: Um zwanzig Uhr wurden hier in Deutschland die Nachrichten ausgestrahlt. Sollte dies ein Hinweis sein?
Ron wurde unsanft aus seinen Gedanken gerissen, als sich zwei Hände auf seine Schultern legten. Die Stimme des Chefredakteurs erklang direkt neben seinem Ohr: „Na mein Lieber? Back to the Roots, wie ich sehe. Sie kehren zu Papier und Stift zurück?“ Fellger lachte leise, wobei Ron etwas Feuchtes an seinem Ohr spürte.
„Oder planen sie jetzt schon ihren Feierabend? Wie heißt ihre neue Flamme? Vera? Aha. Mit Vera heute Abend schon auf Kissen kuscheln und fernsehen. Aber bitte, bitte lieber junger Sohn des Bosses aus Amerika: Kümmern sie sich jetzt um ihre Arbeit. Der Artikel über die Verurteilung des Einbrechers war ja mehr als dürftig und auf ihr merkwürdiges Krickelkrakel, was sie für eine Zeichnung halten, wollen wir in Zukunft auch verzichten. So etwas mögen unsere guten deutschen Leser nicht!“
Fellger drückte noch einmal aufmunternd beide Schultern Rons und wandte sich dann ab.
Der Onlinejournalist aber hätte seinem Chef in diesem Moment die Hände küssen können. Das war es! Vera Hagerl hatte ihm eine versteckte Botschaft zukommen lassen. Zwanzig Uhr, gut die Zeit war nicht verschlüsselt. Aber ‚Fernsehen‘ und ‚Kissenturm‘ machten dann einen Sinn, wenn die Silben zusammengefügt und daraus ‚Fernsehturm‘ würde. Und sie wollte sich zum Essen einladen lassen. Also war vermutlich das Restaurant im Fernsehturm gemeint. Aber war diese Schlussfolgerung auch logisch und korrekt?
‚Viel kann ja nicht passieren‘, dachte Ron. ‚Sollte sie nicht erscheinen, so genieße ich wenigstens ein schönes Abendessen, wenn auch alleine.‘ Minuten später reservierte er einen Tisch für zwei Personen im Restaurant ‚Spehre‘, zweihundertsieben Meter über der Stadt. Man sagte ihm sogar einen Platz am Fenster zu. Ob die Frau wirklich kommen würde?
Den Tag verbrachte er schließlich mit Routinearbeiten. Sein nächster Termin wäre am Samstag der Auftritt der Laienmusikergruppe und Ron recherchierte im Internet, ob er etwas darüber in Erfahrung bringen könnte. Die Informationen waren eher mager, würden aber den Grundstock für einen kurzen Artikel bilden können.
II. Der Generalstaatsanwalt
Ronald Nayst betrat das Restaurant im Fernsehturm überpünktlich. Nachdem er seinen Namen angegeben hatte, führte ihn ein Kellner zu seinem Tisch. „Ich erwarte noch eine Dame“, erklärte der Redakteur und bestellte zunächst einen Tower Kick als Aperitif. Dann genoss er den Blick auf die Stadt. Dieses Restaurant drehte sich einmal in der Stunde um dreihundertsechzig Grad und bot einen einzigartigen Blick über die Straßen und Gebäude.
Aber trotz der grandiosen Aussicht ließ ihn der Gedanke an den Einbrecher Oliver Inat nicht los. Er hoffte nur, dass diese Vera Hagerl ihn nicht versetzen würde. RIP - Rest in Peace. Inat musste tot sein, sonst hätte sie das nicht erwähnt. Aber wieso? Der Mann war ein kleiner, unbedeutender Einbrecher gewesen. Oder war alles lediglich ein Zufall? War Inat eines natürlichen Todes gestorben? Warum aber dann diese Geheimnistuerei? Fragen über Fragen.
Der Kellner riss ihn aus seinen Gedanken. „Ihre Begleitung mein Herr“, erklärte er diskret und hielt der Frau den Stuhl hin. Ron erhob sich rasch, nahm die dargebotene Hand und deutete einen Handkuss an. „Ich freue mich, dass sie gekommen sind“, erklärte er dann.
„Und ich freue mich, dass sie meinen Hinweis richtig verstanden haben.“
Vera Hagerl hatte eine angenehme Stimme und während sie Platz nahmen, lächelte sie ihn an. „Ich war mir nicht sicher, ob meine Formulierung nicht doch zu kryptisch war.“
„Ich muss zugeben, sie haben schon eine etwas ungewöhnliche Art, Termine mitzuteilen.“ Ron schmunzelte. Die Dame war ihm auf Anhieb sympathisch. Sie hatte sich für den heutigen Abend fein gemacht, aber dabei nicht übertrieben. Ron blickte in ein junges, offenes Gesicht, das von langen brünetten Haaren eingerahmt wurde. Vera Hagerl ging mit Make-up zweifellos sehr sparsam um und betrachtete ihn nun ebenso neugierig, wie er sie. Auch ihr schien zu gefallen, was sie sah.
„Darf ich ihnen einen Aperitif bestellen?“, riss Ron sie aus ihrer gegenseitigen Betrachtung. „Ich kann den Tower Kick empfehlen.“
Sie nickte und bevor er nach dem Kellner schauen konnte, stand der auch schon neben ihnen. Ron bestellte das Gewünschte und nahm seine Speisenkarte entgegen. „Ich bin zum ersten Mal in diesem Restaurant, deswegen kann ich auch keine Empfehlung für ein Gericht aussprechen“, gab er zu und beobachtete die Frau aus den Augenwinkeln.
„Ich bin auch zum ersten Mal hier. Aber das“, sie tippte mit dem Zeigefinger auf die Karte, „klingt doch sehr vielversprechend. Heidelammrücken mit Kartoffelgratin. Das hört sich lecker an, mir läuft jetzt schon das Wasser im Mund zusammen.“
Ron schmunzelte. „Und dazu einen Rotwein, oder lieber etwas ohne Alkohol?“
„Rotwein wäre prima.“
Nachdem der Kellner den Aperitif gebracht und ihre Bestellung entgegengenommen hatte, prosteten sie sich zu. „Ich heiße Ronald, meine Freunde nennen mich Ron.“
„Und ich bin Vera. Aber das wissen sie - hoppla - weißt du ja schon.“ Sie strich sich mit einer anmutigen Bewegung eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
„Vera, warum diese Geheimniskrämerei? Ich habe sehr lange herumtelefonieren müssen in eurem Amt und immer wurde ich vertröstet oder an eine andere Stelle verwiesen. Und dann deine vorsichtigen Andeutungen. Was ist da los? Und ist Inat wirklich tot oder habe ich dein ‚RIP‘ falsch verstanden? Bei dieser ganzen Sache gibt es so viele Ungereimtheiten. Ich war bei der Gerichtsverhandlung anwesend und ...“ Ron unterbrach seinen Satz, da der Kellner den Rotwein brachte. Dann fuhr er fort: „Also ich war bei der Verhandlung dabei. Es schien zunächst alles so einfach und klar, dann - nach seiner Verurteilung - bestand Inat plötzlich darauf, weder Schmuck noch Münzen gestohlen zu haben. Aber angeblich hat es einen Toten gegeben. Moment“, Ron überlegte einen Augenblick, welche Worte der Einbrecher benutzt hatte. „Ja, genau: Inat sagte ‚Ich weiß doch, was ich gesehen habe. Der Mann war tot, durch den Kopf geschossen!‘ So etwas erfindet man doch nicht so einfach.“
Vera nickte und nippte an ihrem Aperitif. Dann sah sie Ron in die Augen: „Ich erfuhr von der ganzen Sache erst durch deinen Anruf. Die Hinweise im Computer haben mich allerdings vorsichtig werden lassen. Aber vielleicht erzähle ich dir erst einmal ein paar Dinge über mich, dann wirst du alles vielleicht auch besser verstehen ...“
Ron nickte. Sie hatten Zeit und in Gesellschaft dieser jungen Dame fühlte er sich sehr wohl.
Vera trank einen kleinen Schluck, sah ihn an und begann: „Ich bin vor einem halben Jahr von Bayern hier nach Berlin gekommen. Zuvor studierte ich in München Jura, musste aber das Studium abbrechen als mein Vater starb. Der hatte mich bis dahin finanziell unterstützt. Aber das ist ein anderes Thema ...“ Ihr Blick schweifte ein wenig ab und unbewusst