Sklave und König. Michael Aulfinger
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»Du hast schon genug für uns getan. Aber eins verstehe ich nicht? Du sprachst eben von den Anhängern eines gewissen Zarathustra. Ich bin ja noch jung und in einigen Sachen sicherlich unerfahren, aber von diesem Mann habe ich noch nie gehört. Wer ist denn dieser Zarathustra?«
»Ach, weißt du, Luskin, ich selbst bin ein einfacher Mann und habe meine persischen Götter, mit denen ich aufgewachsen bin und an die ich glaube. Dieser Zarathustra, von dem ich sprach, ist ein Prophet. Er behauptet, dass sein erster Gott Ahura Mazda, welches ‚weiser Herr’ bedeutet, ihm erschienen sei und zu ihm gesprochen habe. Ahura Mazda ist der Schöpfer der Erde und ein guter Gott. Sein böser Widersacher ist Angra Mainju und in der Finsternis des Nordens zu Hause, dort wo die Dämonen leben. Aber er besitzt die Eigenschaft, seine äußere Erscheinung zu ändern. In der Gestalt einer Eidechse, einer Schlange oder eines Jünglings bekämpft er alles, was gut ist, und versucht alle, sogar Zarathustra selbst, in sein Reich der Dunkelheit, der Täuschung und der Lüge zu locken.«
»Ach«, wandte ich ein, als Mithrakas eine Pause machte. »Das ist mir neu. Erzähle mir mehr von dieser Religion.«
Target hatte aufmerksam zugehört und wartete wie ich gespannt darauf, mehr von dieser unbekannten Gottheit zu erfahren, doch wurden wir enttäuscht. Mithrakas zuckte nur mit der Schulter.
»Tut mir leid, aber mehr kann ich auch nicht dazu sagen. Ich bin nur ein einfacher Bauer. Wenn ihr mehr wissen wollt, müsst ihr die Magier fragen. So nennen sich seine Priester. Ihr findet sie in Tafresh, wenn ihr auf dem Weg nach Raga dort durchkommt. Ihr müsst euch genau nach Osten halten, dann kommt ihr nach wenigen Tagesmärschen in ein hohes Gebirge.«
Wir blieben noch die eine Nacht, denn die Befürchtung von Daiaukas Häschern erwischt zu werden, schwand zusehends unter dem Einfluss des Weins. Wir tranken am Abend den Wein, den Mithrakas selbst angebaut und gekeltert hatte. Seine Söhne leisteten uns dabei Gesellschaft. Es wurde zusehends lustiger und viel gelacht und es zeigte sich, dass wir in einer herzlichen Familie gelandet waren.
Am nächsten Morgen, noch bei den ersten Sonnenstrahlen, bedankten wir uns für die erwiesene Gastfreundschaft und machten uns auf den Weg. Die prall gefüllten Wasserschläuche und die Esswaren, hatten wir an dem Pferd festgemacht. Wir gingen zu Fuß und führten das Pferd in der Mitte. Bis Tafresh würden wir keinen Hunger und keinen Durst leiden.
Als wir nun den Fuß des Gebirges verlassen hatten, erstreckte sich anfangs noch spärlicher Grasbewuchs vor uns. Weit am Horizont erkannte ich eine mächtige Gebirgskette, die so unwirklich weit entfernt erschien. Darum machte ich mir jedoch noch keine Gedanken. Erst einmal lag es an uns, dieses vor uns liegende riesige Tal zu durchqueren.
Wir schritten weiter voran. Nach einigen Farsach jedoch endete die Vegetation abrupt. Dahinter erschloss sich heller Sand in einer Breite von ungefähr zwei Farsach. Dieser Sand lag tiefer und war einmal das Bett eines ausgetrockneten Flusses gewesen. Die Beschaffenheit des ehemaligen Flussbettes war jedoch als unregelmäßig zu bezeichnen. Dies erkannte ich, je näher wir kamen. Als wir die Mulde und den dort vorherrschenden Sand durchschritten hatten, wurde der Boden wieder grüner. Wir erkannten dort eine Anzahl von Lehmhütten. Mithrakas hatte uns schon vorher darauf hingewiesen, dass wir durch den Ort Mejalerd kommen würden. Wir umgingen das Dorf aber in ausreichender Entfernung. Zu groß war die Angst, als Sklaven erkannt und festgehalten zu werden. So wenig Menschen wie möglich sollten uns zu Gesicht bekommen.
Das Grün, welches nun folgte, war nur von kurzer Dauer. Dahinter erstreckte sich bis zu dem Gebirge, wo Tafresh liegen sollte, nur unfruchtbarer Boden in Form von Sand, Gestein und Geröll, eingebettet in einem sandfarbenen Einheitston. Allmählich hob sich der Boden. Wir gingen immer mehr bergauf.
Am zweiten Tag unserer Reise, seit wir Mithrakas Bauernhof verlassen hatten, wurde die Gegend immer undurchsichtiger. Immer mehr hohe Berge, die trostlos und unbesteigbarer erschienen, türmten sich vor uns auf. Sie drängten uns südlich ab, wo wir auch einen Pfad fanden. Die Farbe der Felsen änderte sich. Von einem hellen Braun bis hin zu Schwarz türmten sich die immer höher werdenden Schluchten vor uns auf. Wenn wir aus einer Schlucht traten und uns anhand des Sonnenstandes den weiteren Weg suchen wollten, starrten wir auf den wolkenlosen Himmel. In dieser Verfassung der Orientierungslosigkeit war es nicht verwunderlich, als wir plötzlich von anderen Reisenden überrascht wurden. Ich hatte ja schon erwähnt, dass wir uns auf einem Pfad befanden. Selbstverständlich mussten wir immer mit reisenden Menschen rechnen, denen gänzlich auszuweichen, war schwer. So versuchten wir, aus dieser Not eiligst herauszukommen, indem wir zwar freundlich grüßten, uns aber nicht auf lange Gespräche einließen. Einige Reisende, die sich nach Gesellschaft und einer zwanglosen Plauderei gesehnt hatten, sahen leicht verärgert hinter uns her, weil wir kurz angebunden waren und uns auf kein Gerede einließen.
Nachdem wir die ersten schwarzen Berge umgangen hatten, sahen wir nördlich von uns eine Stadt. Bauern aus der Umgebung teilten uns mit, dass wir uns der Bergstadt Aqa Zeyarat näherten. Nördlich dieses am Fuße des schwarzen Berges gelegen Ortes, sollte sich ein anderes Dorf namens Salimabad befinden. Die Felsen nahmen eine satte braune Farbe an. Wir umgingen Salimabad und hielten uns nordöstlich. Der Weg wurde nun immer beschwerlicher, obwohl sich kein richtiges Gebirge vor uns auftat. Aber das Gebirge, in dem sich Tafresh befinden sollte, zeichnete sich schon in einem satten schwärzlichen Ton ab. Doch es schien, als wenn unsere Reise noch ewig dauern würde. Die braunen Felsen, die uns den Weg versperrten, ließen unser Reisetempo zu einem Kriechen werden. An Reiten war gar nicht mehr zu denken. Die Verletzungsgefahr für das Pferd war zu groß. So dauerte es weitere Tage, bis wir am Fuße dieses schwarzen Gebirges ankamen.
Doch wenn wir gedacht hatten, dass es leichter werden würde, so hatten wir uns getäuscht. Vereinzelt erkannten wir Pfade, auf denen Esel ihre Exkremente hinterlassen hatten. Für andere Tiere, wie unser Pferd, waren diese Pfade gänzlich ungeeignet. Dennoch mussten wir dort durch. Uns blieb keine andere Wahl. Wenn wir erst drüben wären. Dann …
Das Gefühl, sich in Sicherheit zu wiegen, stieg enorm an.
Gespräche mit Target gab es nicht viele. Er verhielt sich immer schweigsamer, je weiter wir vorankamen und ich akzeptierte sein Schweigen. Es gab Tage, da sprach er nicht einmal fünf Worte. Ich führte seine Stille auf den Umstand zurück, dass er nicht darüber hinwegkam, dass ein Mensch – und sogar noch sein Herr – durch seine Hand zu Tode kam. Das war für einen ehemals pflichtbewussten Sklaven, der sein ganzes Leben nie etwas anderes als Sklave gewesen war, schwerlich zu ertragen. Es nahm ihn sehr mit und beschwerte sein Gewissen. Mir selbst waren die Hände gebunden, ihm moralische Unterstützung zu geben, da ich nicht die richtigen Worte fand. So trottete er stets hinter mir her, nur noch ein Schatten seiner selbst. Sein Lebensmut schien wie Wasser in der prallen Sonne zu verdunsten.
Es dauerte weitere zwei Tage, bis wir endlich unser Ziel erreicht hatten. Genau zur richtigen Zeit, denn unsere Vorräte waren aufgebraucht. Tafresh war beeindruckend, als ich es erblickte. Allerdings muss ich einräumen, dass es sich überhaupt um die erste Stadt handelte, die ich je in meinem Leben betrat.
Mich wunderte es nicht, dass die Anhänger des Zarathustra diesen Ort als ihren sicheren Zufluchtsort ausgewählt hatten. Feinde, die diese Religion ausmerzen wollten, mussten erst die beschwerlichen Schluchten entlang und über die fast unpassierbaren Pfade hinübergehen, bis sie oben auf dem Bergrücken angelangt waren. Viele Möglichkeiten eines Hinterhaltes der Tafresher ließen eine Verteidigung leicht erscheinen. Mit wenigen Männern konnte ein ganzes Heer aufgehalten werden.
War man erst einmal oben angelangt, breitete sich die ganze Schönheit der Natur vor einem aus. Man stelle sich einen Kessel vor. Ringsherum erhoben sich am Rand die schwarzen Berge, als wären sie die Wächter. Von da glitten die Hänge sanft ins Tal hinab. Die Farben