Reise nach Rûngnár. Hans Nordländer

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Reise nach Rûngnár - Hans Nordländer

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Zauberer, oder?“, meinte er.

      „Wegen des Kriegers.“

      „Nein, welcher Krieger? Aber wie du sehen bei uns fast alle Zauberer aus, jedenfalls in den Geschichten.“

      Nils konnte sich tatsächlich nicht mehr daran erinnern, dass einer der letzten Angreifer Narvidur als Zauberer bezeichnet hatte, denn er hatte es Nils nicht übersetzt.

      Narvidur musste lachen und jetzt hörte es sich das erste Mal befreit an.

      „Ah, jetzt verstehe ich“, meinte er. „Was glaubst du wohl, wer euren Zauberern als Vorbild dient – in den Geschichten?“

      „Kommt ihr oft zu uns?“, fragte Nils.

      „Nein, überhaupt nicht“, erwiderte Narvidur. „Wir könnten es zwar, tun es aber nicht mehr, seit wir festgestellt haben, wie undurchschaubar und verworren eure Welt ist. Und die meisten Menschen, verzeih mir, sind einer näheren Bekanntschaft nicht wert. Es sind nur wenige Ausnahmen, mit denen wir in Verbindung treten.“

      Narvidurs Urteil über die Menschen konnte Nils gar nicht teilen. Wenn er nach wie vor auch noch des größten Teils seiner Erinnerungen beraubt war, so konnte er sich kaum vorstellen, dass seine Artgenossen wirklich so schlecht waren, wie der Rûngori behauptete. Außerdem konnte Nils in den Umständen seines Auftauchens bei den Rûngori alles andere als den Versuch einer Kontaktaufnahme seitens Narvidurs und seiner Freunde mit ihm erkennen. Ihm schien es eher ein unerklärlicher Zufall, eine Art Unfall, zu sein, als ein absichtsvoller Vorgang. Immerhin war Narvidur freundlich genug gewesen, Nils nicht schon im Stich zu lassen, nachdem er ihn aus der Kerkerzelle befreit hatte. Dafür war Nils auch dankbar. Aber er glaubte nicht, dass Narvidur ihm besonders geneigt war, und deshalb war es ihm ein Rätsel, weshalb er sich immer noch mit ihm abgab, ihn sogar mit in ein Versteck seiner Freunde nahm.

      „Du kannst uns Menschen ja beurteilen, wie du willst“, sagte Nils, „aber das Verhalten der Mehrzahl der Rûngori, denen ich bisher begegnete, war für mich auch nicht gerade sehr einladend und ich glaube, unter all den Umständen, die bei euch herrschen, ziehe ich die Nähe von Menschen vor. Keinesfalls scheinen mir die Angehörigen deines Volkes uns Menschen moralisch überlegen zu sein.“

      „Für diesen kurzen Abschnitt deiner Reise muss ich dir Recht geben, was ich bedaure. Wenn du unser Volk besser kennengelernt hast, dann wirst du es sicher wohlwollender betrachten. Aber deine ersten Erlebnisse bei uns sind schlechte Beispiele für die Verhältnisse in unserer Welt, das gebe ich zu.“

      „Allerdings“, meinte Nils. „Vor allem, wenn es stimmt, was du sagst, dass sich die Steppen- und die Bergkrieger fleißig bekriegen. Aber das ist jetzt auch wumpe, denn -.“

      „Was?“, fragte Narvidur.

      „Wie, was?“

      „Was heißt »wumpe«?“

      Nils lachte.

      „»Wumpe« ist ein anderes Wort für egal oder gleichgültig. Ihr kennt es nicht?“

      „Wieder etwas gelernt“, meinte Narvidur nur. „Und was ist jetzt – wumpe?“

      „Das alles, so lange man uns hier unten in Frieden lässt“, sagte Nils sehr allgemein. „Ich will nur endlich wissen, wie ich hierhergekommen bin, schließlich kann ich mich nicht daran erinnern, von jemandem eingeladen worden zu sein – nein, eigentlich will ich nur wissen, wie ich wieder nach Hause komme. Und vielleicht noch, wo ich hier bin. Ich freue mich zwar, dass ihr euch so aufopferungsvoll um mich kümmert, aber wenn ihr mir einen Gefallen tun wollt, dann zeigt ihr mir, wo es zurück nach Heide geht.“

      Daran, dass er in Heide in Schleswig-Holstein wohnte, erinnerte er sich inzwischen auch wieder.

      Narvidur und Tophal blickten Nils nachdenklich an, doch bevor Narvidur antworten konnte, rief Torfrida die drei zum Essen. Damit war dieses Gespräch für eine Weile beendet, und Narvidur und seine Freunde hatten gute Gründe, es vorerst nicht wieder aufzunehmen.

      Bei dem Anblick des Essens auf dem Tisch fielen Nils wieder die beiden Würste aus der Burg ein.

      „Verdammt!“, entfuhr es ihm, als er sie suchte und nicht mehr finden konnte. „Ich habe die Würste verloren.“

      „Nicht so schlimm“, meinte Narvidur kauend. „Wir haben genug hier. Ich fürchte, nach dem Bad im Fluss wären sie sowieso nicht mehr sehr genießbar gewesen.“

      „Trotzdem schade“, fand Nils. „Vielleicht hätte ich sie dann als Andenken an meinen Überlebenskampf in der Burg behalten.“

      Torfrida schmunzelte.

      Als Nils jetzt an dem Tisch saß und der Lichtschein des Feuers seine Augen nicht mehr blendete, konnte er sich genauer in dem Raum umsehen.

      „Was für ein Bergwerk war das hier?“, fragt Nils. „Es erscheint mir recht klein. Nach was wurde hier gegraben?“

      „Wir haben zwar ein anderes Wort dafür, aber bei euch wäre es Zinn“, erklärte Narvidur. „Und was du hier siehst, ist längst nicht alles, aber mehr brauchen wir nicht.“

      Nils nickte und nahm sich einen Kanten Brot und ein Stück gepökeltes Fleisch. Das gab es auch bei den Rûngori. Er probierte vorsichtig, denn in diesem Augenblick fielen ihm wieder die sechsbeinigen Pferde ein. Das Fleisch hatte zwar Ähnlichkeit mit Schweinefleisch, aber wie mochten sie in dieser Welt aussehen. Trotzdem, er hatte Hunger und es schmeckte gut. Eigentlich war es ein würdiger Ersatz für die beiden verlorengegangenen Würste. Während er aß, ließ er seinen Blick wandern.

      An den Wänden hingen Decken und Felle und dazwischen waren immer wieder Fackeln aufgehängt, von denen aber nur einige brannten. Die Halle, eigentlich mehr eine Höhle, denn zwischen den Wandverkleidungen war immer wieder rauer Felsen zu erkennen, lediglich der Fußboden war geglättet worden, war nicht sehr geräumig. Sie durchmaß vielleicht fünfzehn Schritte, war aber unregelmäßig in ihren Ausmaßen. An der gegenüberliegenden Seite des Eingangs gab es eine weitere Öffnung, die mit Brettern verschlossen war. Nils vermutete, dass dort ein weiterer Gang tiefer in das Erdreich hineinführte. Sein Blick fiel auf drei Matten am Boden. Warum sollten es auch vier sein, dachte er, schließlich konnten Torfrida und Tophal wohl mit Narvidur rechnen, aber kaum mit mir. Immerhin bewiesen die Lager, dass sie in dieser Nacht nicht mehr aufbrechen würden, denn was konnte man an einem Ort wie diesem auch anderes tun, als ihn nach einer gewissen Zeit wieder zu verlassen.

      Die einzigen Möbel in der Halle waren der Tisch und die zwei fellbedeckten Bänke, auf denen sie saßen. Außerdem gab es noch ein Regal mit verschiedenen Vorräten. Insgesamt war der Raum sehr sparsam eingerichtet. Trotzdem, für einen bloßen Unterschlupf war er erstaunlich wohnlich eingerichtet, und es schien, als wurde er häufiger benutzt. Nils fiel auf, dass es dort sehr trocken war, ganz anders, als man es von einer unterirdischen Höhle oder einem alten Bergwerk erwarten konnte, und ganz anders als im Stollen.

      „Hm, wenn ich mich hier umsehe, für ein Versteck ist es ziemlich gemütlich.“

      „Schön, dass es dir hier gefällt“, meinte Torfrida. „Trotzdem ist es nur ein Versteck.“

      „Vor wem müsst ihr euch verstecken?“, fragte Nils und trank einen Schluck Tee.

      „Eigentlich vor allen“, meinte Narvidur schmunzelnd. „Habe noch ein wenig Geduld. Du wirst alles erfahren, bald.“

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