Carola Pütz - Verlorene Seelen. Michael Wagner J.
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Unter Wasser. Was sich ihre beiden Beckennachbarinnen erträumten, konnte jeder ihren Gesichtern ablesen. Beim anschließenden Fahrradfahren unter Wasser kamen die beiden wieder auf andere Gedanken.
Nach einer halben Stunde war die hormonunterstützte Planscherei beendet. Sehr zur Freude von Carola durften alle wieder aus dem Wasser krabbeln.
Zu Konstantin Ferner gesellten sich diese beiden Frauen in vorderster Linie. Zur Verwunderung von Carola kümmerte sich der Mann jedoch mehr um eine andere Frau.
Um sie.
»Sie müssen die Doktorin sein, von der mir so viel berichtet wurde. Es freut mich, Sie auch hier begrüßen zu dürfen«, sagte er mit einer sehr tiefen Stimme und hielt ihr seine rechte Pranke hin.
»Das Vergnügen ist auf meiner Seite«, hörte Carola sich sagen, fragte sich aber gleichzeitig, was für ein Teufel sie ritt.
So einen säuselnden Ton kannte sie nicht von sich.
Halt, den Ton kannte sie nur an sich, wenn sie etwas erreichen wollte. Doch was meinte ihr Verstand, hier erreichen zu wollen?
Ferner entließ ihre Hand aus seiner Pranke.
»Sehen Sie, Frau Doktor, ein paar Tage hier in ‚Sachsenglück‘ und auch Sie werden sich wie neu geboren fühlen.«
Carola fühlte die Blicke der beiden Schwimmerinnen wie Messer in ihren Rücken gebohrt.
»Ich habe in der Tat sehr gut geschlafen«, säuselte sie. Doch innerlich dachte sie: Carola, zügele dich!
Die zwei verschmähten Schwimmerinnen rauschten an ihnen vorbei. Mit arrogantem Blick, die Köpfchen in den Nacken geworfen, straften sie Ferner mit Nichtbeachtung. Er wiederum bekam das gar nicht mit.
Sie gingen ebenfalls los.
»Ich mache Ihnen heute ein Versprechen, Frau Doktor. Binnen einer Woche fühlen Sie sich, als könnten sie Bäume ausreißen. Haben Sie schon unsere Quellen genossen? Wenn nicht, kann ich Ihnen nur dazu raten. Unser Kurort gründet seine Geschichte darauf, wussten Sie das?«, fragte er.
Carola musste zugeben, dass sie auf der Internetseite der Klinik Sachsenglück über die Geschichte gelesen hatte. Aber sie hatte die Quellen schnell wieder vergessen.
»Doch, doch«, log sie, »Natürlich habe ich davon gehört. Aber ist das denn für Herzpatienten auch angesagt?«
Sie bogen in den erleuchteten Korridor, in dem Ferners Büro lag. Er grüßte im Vorbeigehen einen Kollegen, der gerade dabei war, sein Büro zu verlassen.
Er schaute auf seine Uhr. »Ich bin untröstlich, Frau Doktor«, sagte er, »Leider habe ich einen Termin, aber ich kann Ihnen am Montag gerne mehr erzählen, wenn wir uns wieder beim Schwimmen sehen. Sie geben mir doch wieder die Ehre?«
In den letzten Worten hörte man ein ganz klein wenig den Dialekt des Wieners durchkommen. Man konnte über diesen Bademeister mit den Armen eines Preisboxers sagen, was man wollte, einen gewissen Charme hatte er und Manieren auch.
»Sicher, das werde ich mir doch nicht entgehen lassen. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende. Bis Montag. Ich freue mich.«
Sie wollte sich abwenden, doch er hielt ihr zum Abschied die Hand hin. Sie schlug ein.
Carola musste sich eingestehen, dass sie mit dem letzten Satz die Wahrheit gesagt hatte. Der Gedanke, wieder mit einem Mann flirten zu können, machte ihr bei genauem Hinsehen keine Angst. Eher genau das Gegenteil. Es gefiel ihr. Sie sagte sich, das hast du jahrelang nicht gemacht. Jetzt hast du auch das Recht dazu. Hätte sie die Blicke der beiden Schwimmerinnen bemerkt, die sie und den Bademeister aus einer Ecke beobachteten, sie wäre tot umgefallen.
Mit beschwingtem Schritt ging sie auf ihr Zimmer und wusch sich das Chlor aus den Haaren.
*
Die Zeiger der Uhr in der Eingangshalle standen auf zwölf Uhr und sie verspürte keine Lust, sich zum Essen zu begeben. Mittlerweile hatte es leicht angefangen zu schneien. Carola Pütz wickelte sich ihren Schal um den Hals, zog ihre Mütze auf den Kopf, zupfte sie mit einem Schmunzeln keck zurecht und ging hinunter in die Empfangshalle. Dort bemerkte sie einen uniformierten Polizisten, der an der Rezeption stand. Er unterhielt sich mit Franziska Eichhorn. Sicher ist er wegen des Diebstahls hier. Sie konnte sich eben noch zurückhalten, zu lauschen. Stattdessen trat sie hinaus. Sofort fühlte sie die Kälte. Sie betrachtete die wirbelnden Flocken. Schnee in Frankfurt war immer gleichbedeutend mit Verkehrschaos, Verspätungen und genervten Menschen. Hier bedeutete es für sie an diesem freien Tag ohne Anwendungen Freiheit. Freiheit, sich den Ort genauer anzusehen. Zart und leise rieselten die Kristalle auf ihr Gesicht. Ohne ein Ziel zu haben, ging sie durch den kleinen Park, der zur Klinik gehörte. Auf der Straße hielt sie inne, entschied sich, den schon bekannten Weg einzuschlagen. In Richtung König-Albert-Theater.
Obsolet. Nichts schien hier obsolet. Alles kam ihr hier stimmig vor. Die Gärten, die Häuser. Trotz des Winters konnte sie sich vorstellen, wie prächtig manche Gärten in voller Blüte aussehen würden. Sie ließ ihren Blick weiterschweifen. Vorbeifahrende Autos zauberten zarte Schneegespenster auf die Straße. Tiefes Einatmen. Zu ihrer Linken lag ein großer Parkplatz, auf dem nur wenige Fahrzeuge standen.
Ein Ort wie aus einem tschechischen Märchenfilm.
Sie ging weiter, bis zu einem mit roten Ziegeln überdachten Häuschen, dort fand sie einen Stadtplan. Ein Pfeil wies den Standort aus. Sie schaute genauer hin. Nummerierte Kreise bezeichneten die Standorte der beherrschenden Gebäude in der Stadt. Im Handumdrehen hatte sie den Plan in seiner Ganzheit erfasst.
Eine Legende half ihr dabei, die Ortschaft in Windeseile zu erkunden. Sie erfuhr, dass die wichtigsten Gebäude in Bad Elster im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert entstanden.
Das Königliche Kurhaus wurde 1888–1890 nach einem Entwurf des Landbaumeisters Trobsch errichtet. Das Gebäude war ein architektonisches Beispiel der Neorenaissance und ein eindrucksvolles Zeugnis für die Wertigkeit des Staatsbades, seine internationale Bedeutung und seine Akzeptanz durch die Badegäste Ende des 19. Jahrhunderts.
Das Albert-Bad wurde um 1908 nach einem Entwurf der renommierten Dresdner Architekten Rudolf Schilling und Julius Graebner erbaut.
Das König-Albert-Theater, das auch als Kurtheater bezeichnet wird, wurde 1913/1914 nach einem Entwurf der Chemnitzer Architekten Alfred Zapp und Erich Basarke errichtet. Es ersetzte einen Vorgängerbau aus dem Jahr 1888 und wurde nach 1989 umfassend renoviert.
Das Theater stand unter der Schirmherrschaft von Alexander Prinz von Sachsen. Aufgrund des ganzjährigen Spielplans war das König-Albert-Theater zur bedeutendsten Veranstaltungsstätte der Region avanciert, die dem Kulturleben des Vogtlandes entscheidende Impulse verlieh.
Das 1911 eröffnete Naturtheater befand sich in einem Waldstück und gilt als die älteste Freilichtbühne Sachsens. Im Jahr 2007 wurde es an Open-Air-Erfordernisse angepasst und festlich wiedereröffnet. Seitdem gibt es jährlich von Mai bis September ein Programm aus Oper, Operette, Schauspiel, Konzerte, Kino und Folklore.
Es gab auch eine erwähnenswerte Kirche im Ort. Die 1892 geweihte evangelisch-lutherische