Carola Pütz - Verlorene Seelen. Michael Wagner J.

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Carola Pütz - Verlorene Seelen - Michael Wagner J.

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Satz kam von Frau Silvia Schleisieck, einer sportlich aussehenden Mittdreißigerin, die sich am gestrigen Abend zu ihnen an den Tisch gesellt hatte. Als Dr. Pütz erfuhr, dass sie als leitende Managerin eines Industriegiganten aus dem Rheinland einen Herzinfarkt erlitten hatte, musste sie zweimal schlucken. Herzinfarkt mit Mitte dreißig. Da kam sie mit ihren Mitte vierzig ja noch gut weg.

      »Ich vermisse den Schnee nicht. Ich bin ein Sommerkind«, antwortete sie und legte ihren Löffel beiseite. An diesem Morgen hatte sie das erste Mal Müesli gegessen, so wie es auf ihrem Diätplan stand.

       Wieso?

      Das konnte sie sich selbst nicht beantworten. Wider Erwarten schmeckte das Müesli lecker.

      »Ja, aber zum Advent oder auch allgemein zur Weihnachtszeit gehört doch Schnee. So habe ich das gern«, sagte Frau Schleisieck.

      »Also ich brauche kein‘ Schnee. Is doch eh immer alles bloß Matsche«, sagte Herr Krawuttke, der bisher an diesem Morgen noch kein Wort gesagt hatte.

      »Guten Morgen, der Herr«, sagte Frau Schmitt-Wienand mit einem ironischen Unterton. Krawuttke grinste bloß. »Is doch wahr«, fügte er noch an.

      Bald kam das Gespräch wieder auf das Thema Konzert am Abend. Frau Schleisieck horchte auf. Nachdem Carola Pütz ihr erklärt hatte, welches Stück gespielt würde, stand sie sofort auf und eilte hinüber zum Empfang. Strahlend kam sie wieder zurück. Sindy Partsche hatte direkt im König Albert Theater angerufen.

      »Dann würde ich mich freuen, wenn wir zusammengehen könnten. Nehmen Sie mich mit, Frau Pütz?«

      »Aber sicher«, antwortete Carola Pütz, die froh war, nicht alleine zu dem Konzert gehen zu müssen. Die junge Frau erschien ihr zudem außergewöhnlich sympathisch.

      Kapitel 3

      Das altehrwürdige Theater erstrahlte in prunkvollem Glanz. Extra dafür aufgebaute Strahler beleuchteten die Fassade. Ein roter Teppich wies den Gästen den Weg. Ein Banner mit der Aufschrift ‚Adventskonzert der Chursächsischen Philharmonie‘ hing über dem Eingang. Kein Regen störte die Feierlichkeit. Eine große Anzahl Konzertbesucher wartete am Eingang.

      Carola fror trotzdem in ihrem Abendkleid. Mit zusammengezogenen Schultern stand sie neben Silvia Schleisieck. Beiden traten auf der Stelle, um sich ein wenig aufzuwärmen. Einlass war Punkt neunzehn Uhr, das Konzert begann eine halbe Stunde später. Sie sah auf ihre Armbanduhr. Es war fünf vor sieben.

      »Mensch, die sind ja hier so pünktlich wie in der Klinik«, sagte Frau Schleisieck.

      »Hmh, stimmt«, antwortete Carola zähneklappernd.

      Mit einem Mal öffneten sich zeitgleich die beiden schweren Flügeltüren. Zwei livrierte Herren baten die Konzertbesucher hinein.

      Prompt erhob sich ein Stimmengewirr. Die Wartenden drängten sich über den roten Teppich ins Warme, um dort erneut gebremst zu werden. Von einer netten Dame, die den Gästen den Weg zur Garderobe anwies. Niemand durfte seinen Mantel mit in den Saal nehmen, trotz der Temperaturen. Carola und Silvia Schleisieck bahnten sich den Weg zur Kasse. Dort waren die Karten für sie hinterlegt. Es klappte reibungslos, fünf Minuten später standen beide Frauen im Saal und schauten sich um.

      Es gab einen erbitterten Kampf zwischen den Kliniken in Bad Elster um die Vergabe der besten Plätze. Dieser Kampf war beinahe so alt wie der Kurort selbst und wurde mit einer besonderen Hingabe gepflegt. Da die Klinik ‚Sachsenglück‘ zu den ältesten am Ort zählte, hatte sie auch ein gutes Renommee. Die beiden Frauen schauten auf ihre Karten und gingen ein paar Schritte weiter, um sich zu orientieren. Ein uniformierter Platzanweiser trat zu ihnen und nahm die Karten kurz in die Hand. Dann gab er sie zurück und murmelte dienstbeflissen, die Damen sollten ihm bitte folgen. Doktor Pütz hatte vorher schon die Befürchtung geäußert, dass sie vielleicht irgendwo rechts oder links außen sitzen würden, wo die Akustik grottenschlecht sein würde. Doch ihre Befürchtungen waren unbegründet. Der Platzanweiser zeigte auf zwei Plätze in der zehnten Reihe, ziemlich mittig gelegen. Die Klinik ‚Sachsenglück‘ hatte mal wieder gewonnen und sehr gute Plätze ergattert.

      »Perfekt«, entfuhr es ihr, als sie sich setzte. Silvia Schleisieck nahm rechts neben ihr Platz.

      »Diese Atmosphäre. Da können moderne Bauten einfach nicht mithalten. Schauen Sie sich das an, wie herrlich.«

      Mit strahlenden Augen sah sich ihre neugewonnene Bekannte um. Sie hatte zweifelsohne recht. Der Bau hatte mehr als Stil. Er hatte Geschichte. Verglichen mit modernen Häusern, in denen klassische Musik dargeboten wurde, war dieses Theater hier sicher eher klein. Klein, aber fein.

      Binnen einer Viertelstunde war das König Albert Theater bis auf den letzten Platz gefüllt. Wie an solchen Orten üblich, herrschte ein gedämpftes Gemurmel. Ein paar alte Männer hasteten noch rasch zur Toilette. Mit erleichterten Gesichtern kamen sie zurück, kurz bevor die Musiker ihre Instrumente stimmten. Auf der Empore standen einige Personen und sahen ihnen dabei zu.

      Sie setzten sich erst, als der Dirigent durch eine Seitentür die Bühne betreten und seine Noten auf dem Dirigentenpult abgelegt hatte. Er verbeugte sich vor dem Publikum, nachdem er sich mit einem eleganten Schwung herumgedreht hatte. Die Musiker standen erneut auf, begrüßten das Publikum und verneigten sich. Applaus brandete auf. Der Dirigent wandte sich seinem Orchester zu.

      Dann wurde es still. Ein letzter Zuhörer ließ einen erstickten Huster los. Der Dirigent hob den Taktstock. Carola konnte kaum den ersten Ton abwarten.

      Wehmütig klang er, ebenso auch die ganze Einleitung des Adagios.

      Ohne es zu bemerken, zählte Carola die Musiker. Es fiel ihr leicht, weil sie nicht in einem Orchestergraben, sondern etwas erhöht saßen und daher gut zu sehen waren. Sie zählte zwei Flöten, zwei Oboen, zwei Klarinetten, zwei Fagotte sowie vier Hörner, zwei Trompeten, dazu drei Posaunen, eine Tuba, eine Pauke, eine Triangel, ein Becken und zehn Streichinstrumente.

      In dieser Art von Musik konnte sie aufgehen. Es fiel ihr nicht schwer, sich fallenzulassen. Warum ihr ausgerechnet diese 9. Symphonie so eine Freude bereitete, vermochte sie nicht einmal zu sagen. Auch Dvoráks Polowetzer Tänzer gefielen ihr sehr. Doch nur diese spezielle Orchestrierung hatte es ihr besonders angetan. Es kam ihr beinahe so vor, als hätte Dvorák ihr die Noten aus der Seele entwendet.

      Zwischen dem zweiten und dem dritten Satz gab es eine Pause. Carola erwachte wie aus einem Tagtraum, als im Saal plötzlich das Licht eingeschaltet wurde. Sie hätte die Pause später erwartet, nach der Symphonie, zwischen den beiden Komponisten. Denn danach spielte das Orchester ein weiteres Stück. Ein modernes Stück von Kodály, das ihr nicht geläufig war.

      »Ungewöhnlich, jetzt eine Pause zu machen«, empfand auch Frau Schleisieck. Das Gemurmel im Saal schwoll an. Sie sahen sich um. Einige standen auf, um sich die Beine zu vertreten, andere gingen ins Foyer.

      »Gehen wir auch?«

      »Warum nicht. Gefällt es Ihnen?«, fragte Carola.

      »Sehr schön. Ich genieße es. Es war eine hervorragende Idee, Sie zu begleiten, Frau Doktor Pütz«, sagte sie.

      Als sie im Foyer ankamen, war dieses bereits gut besucht. Ein Kellner reichte ein Glas Sekt.

      »Auf diesen

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