Adler und Leopard Gesamtausgabe. Peter Urban

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Adler und Leopard Gesamtausgabe - Peter Urban

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zu sterben. Nicht in den deutschen Ländern. Wir müssen dorthin, wo natürliche Hindernisse die Franzosen von ihrer eigenen Nachschubbasis abschneiden, wo die Bevölkerung bereit ist, unser Expeditionskorps zu unterstützen, wo die Geographie den großen, französischen Armeen zu schaffen macht und wo wir uns im Notfall, auf dem Seeweg wieder ganz schnell nach Hause zurückziehen können." Pitt lächelte zufrieden. Er trank sein Glas Portwein leer und schenkte sich nach." Wo?" Fragte der Premierminister neugierig. "Portugal und Spanien oder Dänemark und Schweden!", antwortete Arthur. "Gehen Sie nach Hause, General. Schreiben Sie alles auf, was Sie mir gerade erzählt haben. Vergessen Sie Ihr Kommando in der Provinz! In ein paar Tagen werden Sie vom Generalstab neue Befehle erhalten." Arthur stand auf und verbeugte sich leicht vor Pitt. Er hatte die Hand schon auf der Türklinke liegen, als der Premierminister ihn noch einmal zurückrief. "Wellesley seien Sie über Ihren Auftrag im Hannoverschen nicht zu enttäuscht! Sie sind Englands jüngster General…eigentlich noch viel zu jung für diesen Rang! Sie haben eine lange Karriere vor sich. Wenn Sie ein wenig nachdenken, werden Sie verstehen, warum Sie hinter Cathcart nur an zweiter Stelle kommen und warum wir, gegen Ihren Rat doch Verstärkung auf den Kontinent schicken. Geduld, mein Freund! Ihre Zeit ist noch nicht gekommen!"

      Nachdenklich bestieg Wellesley sein Pferd und ritt die kurze Strecke von der Downing Street zum Generalstab zurück. Vor dem Gebäude angekommen überlegte er es sich anders und schlug den Weg zur Themse hinunter ein. Er ritt am Wasser entlang, aus der Stadt hinaus, nach Reading. Von dort führte ein hübscher Pfad durch den Wald nach Windsor. Er fühlte sich in London eingeengt und konnte umgeben von Lärm, Menschen und Häusern nicht vernünftig nachdenken. Stunde um Stunde trödelte er im Schritt auf seinem Pferd durch die Gegend. Er dachte über das Gespräch mit Pitt nach, über die Treffen mit Castlereagh, die alle einen ähnlichen Tenor hatten, über einen Abend, den er vor kurzem gemeinsam mit Frederick Ponsonby, einem Freund aus Kindertagen, im Hause von Lady Bessborough verbracht hatte. Der Abend hatte damit geendet, dass Lord William Ponsonby, Freddys Vater, ihm eine ganze Stunde lang zu erklären versucht hatte, wie wichtig es für England sei, dass auch die Armee endlich eine Stimme im Unterhaus bekäme, die nicht die Sprache eines Politikers sprach. Zumindest ein Berufssoldat, der sein Handwerk verstand und der für die Konservativen und die Whigs gleichermaßen akzeptabel sei, müsse sich doch finden lassen. Wellesley hatte Lord Ponsonby daraufhin vorgeschlagen, Henry Paget anzusprechen. Die einzige Antwort, die der Führer der Whigs auf diesen Vorschlag wusste, war: " Ich weiß nicht, ob unser Land es fertigbringen wird, Krieg ohne Infanterietruppen und ohne Artillerie zu führen. Außerdem, Arthur! Wie sollen wir dreißig oder vierzigtausend Pferde verschiffen?" Am Tag nach dem Besuch bei Ponsonby, war dann auch noch Henry Paget bei den Richmonds aufgetaucht, hatte sich kurzerhand zum Essen eingeladen und mit Engelszungen auf Arthur eingeredet, sich ins Unterhaus wählen zu lassen. Lediglich der Oberkommandierende der Streitkräfte, der Herzog von York, hatte sich seit seiner Rückkehr aus Indien noch nicht die Mühe gemacht, den General zu treffen.

      Kapitel 3 Der Weser-Ems Feldzug

      Arthur hatte kaum die Zeit gefunden, einen klaren Gedanken zu fassen. Zwei Wochen waren mit den Vorbereitungen für die Expedition nach Hamburg wie im Flug vergangen. Er hatte sich seine Brigade angesehen, war acht Tage nicht in London gewesen und hatte nebenbei noch einen Operationsplan zu Papier gebracht, um den Schein einer militärischen Absicht gegenüber der Besatzungstruppe von Marschall Bernadotte aufrechtzuerhalten. Das Kriegsministerium gab sich viel Mühe, diese Aktivitäten nicht geheim zu halten, um so eindeutige Signale an die Verbündeten Englands zu senden. Arthur machte gute Miene zum bösen Spiel. Er hatte seinen Offizieren natürlich strengstens verboten Details über die Expedition auszuplaudern, wohl wissend, dass dies der einfachste Weg war, die gesamte Presse des Königreiches innerhalb kürzester Zeit zu informieren. Und die Presse berichtete eifrig. Am 1.Dezember sollte seine Brigade von Plymouth nach Hamburg übersetzen. Nur achtundvierzig Stunden vor dem Auslaufen der Transportschiffe war Arthurs alter Sergeant John Dunn überraschend in Richmond Palace aufgetaucht. Die Presse hatte so fleißig über die Vorbereitungen für die Operation im Hannoverschen berichtet, dass John seine friedliche Rente auf Wellesleys kleinem Gut Kildare in Irland nicht mehr ausgehalten hatte. Er wollte seinen General unbedingt begleiten.

      Auch der Herzog von Richmond und Arthurs Bruder William Wellesley-Pole waren aus Dublin nach London zurückgekehrt. Arthur freute sich, William wiederzusehen. Trotzdem zog er es vor dessen Einladung abzulehnen und weiterhin bei den Richmonds zu wohnen. William Wellesley-Pole war der jüngste der fünf Wellesley-Brüder und derjenige, der Arthur immer am Nächsten gestanden hatte. Er hatte dank glücklicher Umstände von einem entfernten Verwandten der Familie, der keine eigenen Kinder hatte, Titel und Vermögen geerbt. Beim Tode des alten Lord Mornington war William kaum drei Jahre alt gewesen. Seine Mutter hatte an diesem jüngsten Kind noch weniger Interesse gehabt, als an Arthur. Es war ihr nicht schwer gefallen, die unerwünschte Last nach England abzuschieben und sie einem Cousin anzuvertrauen, den sie kaum kannte. Nur Arthur hatte den Kontakt zum Nesthäkchen nie abreißen lassen. Sogar während seiner langen Jahre in Indien hatten sie einander geschrieben. William hatte nach dem Abschluss seines Studiums an der Universität von Oxford die diplomatische Laufbahn eingeschlagen: "Darf ich raten, warum Du nicht umziehen willst, Arthur?", strahlte er seinen älteren Bruder an, "Ich vermute, der Grund ist groß, schlank und braunhaarig und sitzt gerade am Flügel. Nur voran! Sarah ist genau die Richtige für Dich. Sie ist das unkomplizierteste weibliche Wesen, das ich je kennengelernt habe. Außer meiner Frau Kathy natürlich. Ich glaube, Richmond wäre durchaus geneigt, Dir die Hand seiner Tochter zu gewähren. Hast Du Sarah eigentlich schon gefragt?" Arthur schüttelte den Kopf: "Ich muss ehrlich zugeben, William; mir fehlt der Mut. Sie hat Temperament und ihren eigenen Kopf und ich habe einen Heidenrespekt vor ihr. Außerdem erzählt mir jeder, der mir über den Weg läuft, wie sie die letzten Herren, die es gewagt haben, ihr diese Frage zu stellen aus dem Haus gejagt hat."

      "Hat man Dir auch gesagt, wer diese Herren waren?" Arthur schüttelte den Kopf. "Also, großer Bruder, ich an Deiner Stelle, würde mein Glück einfach versuchen und mich nicht von diesen wilden Gerüchten abschrecken lassen." William umarmte ihn herzlich und verabschiedete sich. Arthur blieb alleine auf der Terrasse zurück und beobachtete durch das Fenster Sarah, die am Flügel saß und spielte, während die Sonne in der Themse versank und die Dunkelheit London einzuhüllen begann. Das Licht der Kerzen ließ ihr Haar, wie Kupfer leuchten. Ihre Finger glitten leicht über die Tastatur und leise klang ein Mozart-Menuett zu ihm hinaus. Sonst war es in dem großen Haus still. Die Richmonds waren mit William Wellesley-Pole zu irgendeinem Diner bei irgendwelchen gemeinsamen Bekannten verschwunden, die jüngeren Kinder hatte man schon lange schlafen gelegt und die Dienstboten und sein alter John waren in ihren eigenen Räumen, im Ostflügel des Hauses. Am nächsten Tag musste er nach Plymouth reiten und seine Truppen einschiffen. Er spürte, dass es ihm schwerfallen würde, die Richmonds zu verlassen. Sie waren alle so herzlich und er wurde bemuttert und verhätschelt, wie ein kleines Kind. Nach den langen, einsamen Jahren in Indien und der noch längeren Vernachlässigung durch seine eigene Familie, tat die menschliche Wärme, die in diesem Haus herrschte seiner Seele gut. Er bedauerte, dass seine eigene Mutter nie fähig gewesen war, ihm auch nur einen kleinen Teil der Zuneigung zu schenken, die er von Georgiana, der Gemahlin des Herzogs erfuhr. Sie behandelte ihn, wie einen eigenen Sohn. Für seine eigene Mutter Lady Mornington war er dagegen immer nur nutzloser, dummer Ballast gewesen. Als sie ihn nach Frankreich fortgeschickt hatte, hatte sie ihm zum Abschied lediglich gesagt, wie froh sie war ihn endlich loszuwerden. Er wäre sowieso nur Kanonenfutter, gerade gut genug, um sich für den König am anderen Ende der Welt totschießen zu lassen. Seine Mutter war immer viel zu sehr mit seinem extrovertierten Bruder Richard befasst gewesen, ihrem Liebling, dem großartigen und brillanten Richard! Arthur vermutete, dass er selbst sie zu sehr an seinen Vater erinnert haben musste: Garett Wesley, den Musikprofessor. Ihre anderen überlebenden Kinder Gerald, Henry und William waren Lady Mornington lediglich gleichgültig gewesen. Ihn dagegen hatte sie geradezu hingebungsvoll gehasst. Sie hatte ihn nach allen Regeln der Kunst tyrannisiert. Sie hatte auch seinen ältesten Bruder Richard nie gebremst, wenn dieser ihn geschlagen hatte. Er war immer und in jeder Beziehung zurückgestellt worden, hatte die schlechtesten Lehrer, die schlechteste

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