Adler und Leopard Gesamtausgabe. Peter Urban

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Adler und Leopard Gesamtausgabe - Peter Urban страница 13

Автор:
Серия:
Издательство:
Adler und Leopard Gesamtausgabe - Peter Urban

Скачать книгу

ihrem eigenen Sohn. Arthur hatte seine Mutter zum letzten Mal gesehen, als er Dungan Castle verlassen hatte, um an die Militärakademie nach Angers zu gehen. An diesem Tag hatte er sich geschworen, niemals wieder, aus eigener Initiative einen Fuß in ihr Haus zu setzen.

      Sarah unterbrach ihr Spiel, als Arthur den Salon betrat und sich neben sie auf die Bank setzte: "Ich muss morgen nach Plymouth!", sagte er. "Papa hat mir erzählt, dass Du den Auftrag hast, den alten Lord Cathcart davon abzuhalten, Dummheiten zu machen. Glaubst Du, ihr werdet Euch mit diesem Marschall Bernadotte schlagen müssen?“ Arthur schüttelte den Kopf: “Ich glaube nicht. Unser Expeditionskorps ist lediglich eine politische Farce, um den Kaiser von Österreich und den russischen Zaren bei Laune zu halten. Was könnten wir schon mit unseren sechstausenden Männern gegen Bernadotte ausrichten? Die Hannover-Armee besteht aus zwei vollständige Armeekorps und dreitausend Mann Kavallerie. Mein Bauchgefühl sagt mir außerdem, dass der Fuchs schon ganz weit weg sein wird, wenn wir endlich zur Jagd blasen können."

      "Also muss ich mir keine Sorgen um Dich machen?" Arthur schüttelte den Kopf. Dann nahm er Sarahs Hand in die Seine. Er sah sie lange an. Er wollte sie fragen, ob sie seine Frau werden wollte, bevor er mit seinen Truppen wieder ins Feld zog. In den fast drei Monaten seit seiner Rückkehr aus Indien hatten sie viel Zeit miteinander verbracht. Alle Versuche der Herzogin von Richmond, ihm junge Damen aus der Gesellschaft vorzustellen, hatten unweigerlich damit geendet, dass er zusammen mit Sarah auf die Tanzfläche verschwand. Und wenn Sarah nicht mitkam, weil sie Dienst in ihrem Hospital hatte, steckte er mit Henry Paget, Frederick Ponsonby oder Charles Stewart die Köpfe zusammen und überlies die unverheirateten jungen Damen mit Freuden sämtlichen anderen unverheirateten Männern Londons.

      "Du willst mir noch etwas sagen?" Sie legte den Kopf schief und sah ihn an.

      "Ich möchte Dich fragen, ob Du nicht meine F...“ Sarah legte ihm einen schmalen Finger sanft auf die Lippen: " Bitte, sprich nicht weiter. Ich kann nicht, Arthur. Ich möchte meine Freiheit nicht verlieren. Du kennst die Gesetze Englands. Wenn ich dich jetzt ausreden lasse, dann werde ich in der Zukunft weder über mein Leben, noch über mein Vermögen selbstständig weiterentscheiden können. Wenn Du mich fragen möchtest, was ich befürchte, dann würde ich Dir die Antwort geben, auf die Du hoffst. Doch niemand kann mich in einen Käfig sperren und ich möchte mein Leben nicht damit verschwenden, zu Hause zu sitzen, nur um die Mutter irgendwelcher Kinder zu sein. Ich bin Arzt und Wissenschaftler! Das ist mein Schicksal."

      "Darum geht es doch gar nicht, Sarah. Ich sperre niemanden ein und zwinge niemanden dazu, die Mutter meiner Kinder zu sein. Und falls es die Kinder sind, die Dich stören... dann werden wir eben dafür sorgen, dass uns ein solcher Ausrutscher nicht passiert. Ich brauche keine Erben gibt, nur Dich!" Sarah stand auf. Sie schlang ihre Arme um Wellesleys Schultern und barg ihr Gesicht in seinem kurzen Haar. Leise flüsterte sie ihm ins Ohr: “Arthur, ich habe Dich wirklich sehr gerne! Es ist sogar weit mehr als nur einfache Zuneigung. Und trotzdem; ich kann nicht! Deine Vertraute, Deine Freundin, Deine Geliebte! Ja. Aber nie Deine Frau vor dem Gesetz! Ich möchte frei sein."

      "Und Du kannst mir nicht soweit vertrauen und mir glauben, dass ich nicht vorhabe mich aufzuführen wie im tiefsten Mittelalter?"

      "Dir vertraue ich schon, Arthur. Doch was ist mit unserem sogenannten gesellschaftlichen Umfeld. Du weißt doch selbst, wie schlimm die Zwänge sein können, die eine Mehrheit auf eine Minderheit ausübt."

      Wellesley drehte sich um und nahm Sarah in die Arme. Sie schmiegte sich eng an ihn und legte ihre Wange an die Seine: „Bitte, versuche mich zu verstehen.", flüsterte sie. Er sah sie traurig an. Er wusste, dass es ihm unermesslich schwerfallen würde, ihr nur diese Freundschaft zu schenken, nach der sie sich sehnte, denn sie war eine Frau, die ihn sehr glücklich hätte machen können: Sie war klug und verständnisvoll. Man konnte mit Sarah einfach plaudern, oder vernünftig über ernsthafte Dinge sprechen. Sie besaß Bildung und Weitsicht und eigene Interessen, die ihre Persönlichkeit weiterentwickelten. Die jungen Dinger, die man ihm vorgestellt hatte, waren neben ihr nur bleiche, langweilige Geschöpfe, mit denen eine Ehe schon nach kurzer Zeit zu absoluter Gleichgültigkeit führen würde. Seit seiner Rückkehr aus Indien hatte er viel über diese Frage nachgedacht. Eigentlich suchte er auch keine Ehefrau. Dieser Platz in seinem Herzen würde für immer Charlotte gehören. Doch er sehnte sich nach einer ebenbürtigen und gleichberechtigten Gefährtin, mit der er sein Leben teilen konnte:" Ich will versuchen, Dich zu verstehen, Sarah. Wenn es Dein Wunsch ist, werde ich mich beugen. Ich habe Dich sehr lieb gewonnen und möchte Dich nicht verlieren. Wenn Du nur Freundschaft willst..."

      Sarah schob Arthur sanft aus dem Salon und die Treppe hinauf. Sie wusste, dass sie so schnell wie möglich Abstand zwischen sie bringen musste, wenn sie ihren Vorsatz und ihre Freiheit nicht aufgeben wollte:

      Es wurde eine lange Nacht für Wellesley. Viele Stunden lag er wach auf dem Bett und zählte die Glockenschläge von Big Ben. Irgendwann schimmerte dann bleigrauer Morgen durch die Vorhänge. Eine Faust donnerte gegen seine Tür, und er schrak zusammen:" Melde gehorsamste, halb sechs, mein General!" John hatte die Satteltaschen und die Felduniform bereits gepackt. Eine halbe Stunde später saß Arthur alleine in einer schlichten, dunkelblauen Feldjacke ohne Ordensbänder, Rangabzeichen und Goldlitzen vor einer Tasse Kaffee. Sein schwerer, indischer ‚Tulwar‘ und Charlottes dunkelrote Seidenschärpe lagen quer über dem Mahagonitisch. Man pochte an die Haustür und er hörte Männerstimmen, Sporen klingeln und das Wiehern von Pferden. Sarah hatte es ihm wenigstens nicht schwer gemacht. Sie war bereits um fünf Uhr morgens in ihr Krankenhaus nach Lambeth geritten. Zum Abschied hatte sie ihm einen Brief auf den Tisch gelegt. " Verzeih mir bitte! Aber Du hättest so schwer mit den Vorurteilen der Anderen zu kämpfen, dass nicht nur Deine Karriere als Soldat, sondern eines Tages auch unsere Beziehung daran zerbrechen würde. Niemand hier würde es akzeptieren, dass Du mich als Deine Ehefrau einfach weiter machen lassen würdest, was ich will und mich dabei auch noch unterstützt! Du kennst die Spielregeln in diesem Land..." John Dunn riss die Tür des Salons auf: "Die Herren Ihres Stabes sind eingetroffen, Sir Arthur." Arthur war wieder nur Soldat. Ein kalter Schleier legte sich über seine Augen und verbarg sorgfältig die Trauer über Sarahs Entscheidung, die deutlich in ihnen geschrieben stand. Scharf befahl er den Offizieren einzutreten. Acht Männer schlugen mechanisch die Hacken zusammen und salutierten. Er stand auf, schlang Charlottes scharlachrote Schärpe um die Hüften und gürtete den orientalischen Krummsäbel um: "Wir können gehen, meine Herren!"

      Termingemäß lief die H.M.S.Vanguard am 1.Dezember 1805 mit Arthur und seinen Offizieren an Bord aus Plymouth aus. Auf neun weiteren Schiffen folgte die Infanteriebrigade, die er befehligte. Das Wetter war grauenhaft. Ein übler Wintersturm wütete zehn Tage lang über dem Atlantik. Als sie endlich in Hamburg eintrafen, waren alle seekrank und leichenblass. Arthur war heilfroh, dass er seine Rotröcke nicht in einen Kampf führte. Kaum einer hatte während der stürmischen Überfahrt die Ration bei sich behalten. Die Meisten konnten sich vor Schwäche kaum auf den Beinen halten. Dann verging Tag um Tag und genauso, wie Arthur es zuvor prophezeit hatte geschah gar nichts: Kein Marschbefehl aus London und kein Marschbefehl von Lord Cathcart. Man hatte ihn zusammen mit seinen Männer scheinbar vergessen. Alles, was er unter dem ständigen Regen und in der beißenden Kälte tun konnte, war es, die Soldaten zu beschäftigen. Er ließ sie stundenlang exerzieren, denn eine gelangweilte Armee verwandelte sich schnell in einen unkontrollierbaren Haufen wilder Plünderer. Darum verging kein Tag an dem Arthur sie nicht immer und immer wieder die gleichen mechanischen Bewegungen wiederholen ließ, während er selbst regungslos und finster auf seinem Pferd saß und zusah. Abends, in seinem Quartier in einem Hamburger Gasthof schrieb er dann genauso mechanisch Depesche um Depesche nach London. Wie Pitt und Castlereagh ihm aufgetragen hatten, brachte er seine Ideen über eine zweite Front zu Papier. Jedes Detail für seine beiden imaginären Kriegsschauplätze schrieb er auf. Er war froh, dass er während dieser Arbeit wenigstens nicht dauernd an Sarah denken musste. Aber spät in der Nacht schrieb er ihr dann lange Briefe, obwohl er genau wusste, dass er am nächsten Morgen nicht den Mut haben würde, sie abzuschicken. Meist schlief er dann irgendwann am Schreibtisch ein, nur um gegen sechs Uhr morgens

Скачать книгу