Der Herr des Krieges Gesamtausgabe. Peter Urban

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Der Herr des Krieges Gesamtausgabe - Peter Urban Warlord

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Kriegsgerichtsverfahren radikal aus seinem Gedächtnis zu streichen, die Toten von Talavera in Frieden ruhen zu lassen und sich über die Defätisten und Schandmäuler in London und in seinem eigenen Feldheer nicht mehr zu ärgern. Seit die Wälle von Torres Vedras fertig waren, wußte der Ire, daß die Franzosen ihren nächsten Schritt gegen Portugal bitter bereuen würden und ihm damit den Weg öffneten, um endlich den Krieg über die Grenze nach Spanien hineinzutragen. Seine eigenen Verletzungen, die er bei Talavera davongetragen hatte, waren inzwischen auch halbwegs verheilt. Er hatte kaum noch Schmerzen. Und trotz des anfänglichen Pessimismus der Ärzte, war weder seine linke Schulter steif geblieben, noch hatte sich sein Körper für die ganzen Schindereien und Anstrengungen der letzten Jahre an ihm gerächt. Alles, was ihn noch an diese schlimmste Schlacht seines Lebens erinnerte, waren eine häßliche Narbe und manchmal, nachts, wenn er alleine war und zuviel nachdachte – Alpträume! Die Gespenster jedes seiner Siege verfolgten ihn schon seit einem Jahrzehnt gnadenlos und es wurden immer mehr und ihre stummen Schreie in seinem Kopf wurden immer lauter. Zu den anonymen Opfern seiner Schlachten gesellten sich noch die Phantomgestalten derjenigen, die von seiner eigenen Hand den Tod gefunden hatten. Doch davon erzählte er nicht einmal Sarah etwas! Er hatte wohl irgendwie gelernt, mit seinen Alpträumen umzugehen: Er mußte eigentlich nur vermeiden, alleine zu sein, wenn es dunkel wurde! Meist schlief er nicht in seinem Quartier, sondern bei Sarah ... Wellington fixierte die Buchstaben auf dem weißen Blatt Papier: „Aber am Tag habt ihr noch keine Macht über mich! Zum Teufel mit euch, laßt mich in Ruhe! Verschwindet!“, zischte er seinen Gespenstern böse zu. Dann legte er das Dossier „Massena” energisch zur Seite, stand vom Schreibtisch auf, nahm die Kaffeetasse mit und ging langsam vor der großen Karte Südportugals an der Wand des Arbeitszimmers auf und ab. Er war ausnahmsweise einmal mit sich zufrieden. Die Befestigungsanlagen vor Lissabon waren fertig und trotzdem immer noch geheim. Wie erstaunt würde der französische Marschall sein, der nur knapp zwölf Meilen vor Lissabon feststellte, daß er nicht mehr vorwärts und nicht mehr rückwärts gehen konnte. Er würde in diesem Augenblick lernen, daß sein Nachschubsystem unzureichend war, das besetzte Feindgebiet nicht einmal ausreichte, um eine alte Katze zu ernähren und die Berge um ihn herum von Partisanen, Ordonanza und Briten wimmelten, die nur darauf warteten, seinen Männern die Kehlen durchzuschneiden.

      Etwa 2000 Yards weiter bergabwärts, in einem großen Steinhaus in Viseu brach genau in diesem Moment die Hölle los: Der Grund für den ganzen Aufruhr war ein überraschender Besuch Donna Ines’ der Gemahlin von Wellingtons portugiesischem Adjutanten Don Antonio Maria Osorio Cabral de Castro. Pater Jack Robertson, Hauptmann Burgersh, Oberst Grant und John Warren Doyle, ein blutjunger irischer Seminarist aus Coimbra, der eine besondere Gabe für die höhere Mathematik besaß und darum für den Chiffrierdienst des alliierten Geheimdienstes auf der Iberischen Halbinsel rekrutiert worden war, standen kopfschüttelnd und ungläubig über ein paar Blatt Papier gebeugt, während eine atemlose, aber triumphierende Ines sich sehr undamenhaft in den nächsten Sessel warf und laut nach einem Glas Brandy rief.

      „Das ist unmöglich, meine Tochter! Zehn Männer haben seit sieben Monaten versucht, den französischen Code zu entschlüsseln und Sie kommen einfach von Coimbra herübergeritten, schmeißen uns diese Blätter auf den Tisch und erklären uns, daß Sie es an einem einzigen Tag fertiggebracht haben ...” Jack Robertson war vor lauter Erregung feuerrot angelaufen.

      „Antonio hat mir im letzten Winter diese französische Depesche einmal gezeigt und mich gefragt, ob ich irgendeine Idee dazu hätte. Dann habe ich sie in meinen Schreibtisch gelegt und vergessen ... Vorgestern morgen, als ich mein Haushaltsbuch aufschlug, habe ich sie eben wiedergefunden ... Es ist eigentlich gar nicht schwierig, Vater Jack. Der ursprüngliche Text war Französisch, dann hat man ihn ins Lateinische übersetzt und jeden Buchstaben durch einen Buchstaben zehn Stellen weiter im Alphabet ersetzt. Und den ersten verschlüsselten Text hat man ein zweites Mal verschlüsselt, indem man anstelle der Buchstaben die Zahlen geschrieben hat, die ihren Platz im Alphabet bezeichnen. Um diese Zahl zu maskieren haben die Franzosen dann einfach wahllos zwei weitere Zahlen und einen griechischen Buchstaben vor die Platznummer des Alphabets geschrieben. Das war es aber auch schon!” Die junge Portugiesin hielt ihr Glas Brandy in der Hand und nippte den Alkohol in kleinen Schlucken. Sie war wie der Teufel 30 Meilen alleine durch die Berge geritten, völlig verschwitzt und außer Atem und nicht wenig stolz auf sich. Burgersh trat zu ihr hinüber und drückte ihr einen großen Kuß auf die Stirn: „Donna Ines, Sie sind eine wahre Perle!” Colquhoun Grant verbeugte sich tief: „Willkommen im Geheimdienst Seiner Majestät, Mylady!” Robertson nahm ihr nur einfach das Glas aus der Hand und zog sie aus ihrem bequemen Sessel hoch: „Meine Tochter, das müssen wir sofort Nosey sagen! Los kommen Sie mit!” Robertson, seine Mitarbeiter und Donna Ines stürmten gemeinsam den steilen Weg zum Castelo dos Corvos hinauf und rissen Wellington schlagartig aus seiner selbstzufriedenen Träumerei. Als der Benediktiner ihm eröffnete, daß der französische Chiffre kein Geheimnis mehr war, fiel dem General vor Schrecken und Freude die Kaffeetasse aus der Hand und zerbrach auf dem Steinboden des Arbeitszimmers in kleine Stücke. Entgegen seiner sonst so zurückhaltenden Art fiel er der Gemahlin seines Adjutanten um den Hals, drückte sie fest an seine breite Brust und brach dann in schallendes Lachen aus: „Du bist wirklich der beste meiner Generäle! Sieben Monate haben wir uns alle den Kopf zerbrochen und den Stein der Weisen gesucht und du ... Veni, vidi, vici! Wie der alte Cäsar ...”

      „Arturo, hör auf! Es war ganz einfach und logisch ...” Donna Ines machte sich aus der kräftigen Umarmung frei und schnappte nach Luft. Ungestüm hatte der Freund ihres Gemahls ihr gerade sämtliche Rippen zerquetscht. Die Männer konnten einfach nicht verstehen, was für zarte und zerbrechliche Geschöpfe Gott doch an ihre Seite gestellt hatte. Wellingtons irisches und Robertsons schottisches Temperament kochten in diesem Augenblick gemeinschaftlich über und jeder packte eine Hand der jungen Portugiesin, um sie an den langen Schreibtisch des Arbeitszimmers zu zerren und in den Stuhl zu pressen. Robertson griff nach einem großen Stoß Papier, der in einer Holzkiste am linken äußeren Ende des Tisches stand und auf den irgendein Spaßvogel ein großes Fragezeichen und den stilisierten Kopf eines Esels gemalt hatte. Arthur drückte Ines eine Feder in die Hand und schrie laut nach Sergeant Dunn: „Bringen Sie eine große Kanne Kaffee, John! Schnell!“ Dann wandte er sich ebensolautstark an die junge Frau: „Hier hast du eine Feder, Papier und Tinte! Los! Übersetzte uns das alles mal schnell und erleuchte uns mit deinem Genie! Wir kriegen seit Wochen von der spanischen Guerilla verschlüsselte Depeschen. Die Franzosen kochen irgend etwas aus ... Los, sei ein gutes Mädchen, Ines!” Robertson, seine Mitarbeiter und der Oberkommandierende versammelten sich vor dem riesigen Schreibtisch und sahen die Portugiesin neugierig und erwartungsvoll an. Die Fünf entlockten der jungen Frau ein verzweifeltes Kopfschütteln. Es lagen 50 oder 60 Schriftstücke in der Eselskiste und sie hatte nur zwei Hände: „Glaubt ihr Kindsköpfe etwa, ich kann vernünftig nachdenken, wenn ihr mich anstarrt wie Mäuse eine Schlange? Verschwindet und laßt mich arbeiten! Wenn ich fertig bin, schicke ich Sergeant Dunn!” Enttäuscht zogen Robertson, Grant, Wellington, Burgersh und Doyle sich aus dem großen Zimmer zurück, während Dunn eine Kaffeekanne und eine frische Porzellantasse neben Ines stellte und sich dann aufmachte, grinsend die Bruchstücke von Arthurs Tasse vom Boden aufzulesen.

      Früh in den Morgenstunden des nächsten Tages war der Stab des anglo-alliierten Feldheeres um einen großen Stoß militärischer Informationen reicher und der Geheimdienst der Briten hatte mit Don Antonio Maria Osorio Cabral de Castros amüsierter Genehmigung ein neues Mitglied in seine Reihen aufgenommen. In einer der verschlüsselten Depeschen hatte eine Nachricht gestanden, die den zweiten vehementen Temperamentsausbruch in weniger als 24 Stunden bei Lord Wellington verursachte: Der Zar sabotierte seit dem französischen Friedensschluß mit Österreich und Napoleons Heirat mit Marie-Louise, offen und unverblümt das Kontinentalsystem des Kaisers. Napoleon dachte inzwischen ernsthaft über einen Feldzug gegen Rußland nach. Er hatte Massena geschrieben, daß er fest davon überzeugt war, daß die nun 420.000 französischen Soldaten auf der Iberischen Halbinsel und der Ruf des Prinzen von Esslingen ausreichen würden, um die kümmerlichen 35.000 Briten in die See, aus der sie gekommen waren zurückzutreiben, um Portugal zu nehmen, Spanien zu unterwerfen und den Thron für seinen Bruder Joseph zu sichern. Der Kaiser befahl seinem Marschall aus diesem Grunde,

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