Gesammelte Werke: Romane + Erzählungen + Gedichte. Eugenie Marlitt

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Gesammelte Werke: Romane + Erzählungen + Gedichte - Eugenie  Marlitt

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aufgeputzte Schlafstube, als sollte der Kaiser von Marokko drin schlafen, und falsche Edelsteine die schwere Menge ... Und die stolze Madame liegt auf den Knien vor dem kranken Prinzen, und unser Herr sitzt dabei wie eine Schildwache und sieht sich die Knierutscherei an, als wollte er sie auf seine Bilder bringen ... Er treibt's zu arg, Tag und Nacht sitzt er drin, und die Dame muß auch keine Scham und Scheu im Leibe haben, daß sie das leidet und sich vor unsereinem gar nicht geniert – das ganze Haus macht seine schlechten Witze drüber ... Ach ja, ich glaube, der wär's schon recht, wenn die Gnädige gar nicht wiederkäme – im Schillingshofe sitzt sich's warm – aber prosit, damit ist's nichts! ... Guck, Fritz, ich lachte mich tot, wenn die Gnädige einmal unvermutet heimkäme und sähe die Bescherung durchs Fenster.«

      Er sprach in gedämpften Lauten, fast flüsternd, und doch war es, als schlüge jedes dieser hämische« Worte wie ein tönender Hammer auf das Ohr der jungen Dame. Die Stimmen draußen schwiegen, und noch stand sie, die Unterlippe zwischen die seinen, scharfen Zähne geklemmt, wie zu Stein erstarrt.

      Sie sah durch die offene Tür Deborah in das Krankenzimmer treten und ging hinüber, und als sie in den grünen Lichtschein trat, da erbebte die arme Schwarze – so hatte die verstorbene Herrin daheim ausgesehen, wenn sie zürnte; so dämonisch flimmernden Auges, so blaß, als rolle nicht ein Tropfen färbenden Blutes in dem schönen Leibe, hatte sie grausame Strafen über die Schuldigen verhängt, und nie ein Jota von dem zurückgenommen, was sie einmal ausgesprochen.

      Donna Mercedes wischte sich mit dem Taschentuch über die Lippen, die sie sich wund gebissen, und bedeutete schweigend der Negerin, sich an das Bett des schlafenden Kindes zu setzen, dann ging sie hinaus, hinaus in die Luft wollte sie – in diesem Hause mußte sie ersticken ...

      21.

       Inhaltsverzeichnis

      Sie schritt an den hellbeleuchteten Steinbildern hin; die Gestalten der Liebe, der losen Schelmerei lächelten als Aphrodite und Eros von dem einen Piedestal auf die lautlos vorübergleitende schöne Frau nieder, die mit dem hartgeschlossenen Mund, den ausdrucksvoll geschwellten Nasenflügeln und dem sprühenden Blick unter den tiefgesenkten Brauen recht gut als Statue des Hasses da droben hätte stehen können.

      Die Männer standen noch an der offenen Haupttür: sie stellten sich unwillkürlich in Positur, als die schwebende, weiße Erscheinung um die Korridorecke kam, und der, welcher sie eben noch verlästert, der Bediente Robert, machte den tiefsten Katzenbuckel.

      Donna Mercedes wandte sich nach dem Ausgang, der in den großen Garten führte; aber als sie die Hand nach dem Türschlosse hob, da hörte sie Männertritte draußen die Freitreppe heraufkommen; sie wich um einen Schritt zurück und gleich darauf öffnete sich die Türe, und Baron Schilling trat herein ... Wie er so aus der hinter ihm lagernden tiefen Nacht auftauchte, das krause, dunkle Haar unbedeckt, und den überraschten Blick auf die unerwartet vor ihm stehende junge Dame geheftet, da lag es wie eine hohe Freudigkeit auf dem gedankenvollen Gesicht – er war ja zum erstenmal nach so vielen, bangen Tagen in seinem Atelier gewesen, er hatte ein Wiedersehen mit geliebten Gestalten gefeiert und sich offenbar neue Begeisterung vor den eigenen Meisterschöpfungen geholt. Er hielt einige farbenprächtige, wohl eben erst im Glashause gepflückte Gloxinen in der Hand und bot sie der jungen Dame schweigend, mit einer leichten Verbeugung.

      »Ich danke, mein Herr – ich liebe die Blumen nicht,« sagte sie schneidend, ohne auch nur einen Finger der lässig herabhängenden Hände zu heben, und ihr feindselig funkelnder Blick glitt von seinem Gesicht auf die Blumen nieder. Sie trat noch um einige Schritte zurück, damit er vorübergehe und ihr den Weg nach dem Garten freimache; in demselben Augenblick jedoch erschien einer der Ärzte in der Flurhalle, um, wie stets in den späten Abendstunden, noch einmal nach dem kleinen Kranken zu sehen. Sie war gezwungen, im Haus zu verbleiben und die Herren in das Krankenzimmer zu begleiten.

      Baron Schilling sprach ruhig und höflich mit dem Arzt, und im Vorübergehen legte er sorgsam die verschmähten Blumen auf das kühle Steinpostament zu Füßen einer Ariadne.

      »Und bis wann glauben Sie, daß José eine Übersiedlung aus dem Krankenzimmer erträgt?« fragte Donna Mercedes im Salon den Arzt, nachdem er mit Befriedigung festgestellt hatte, daß all und jede Spur des Fiebers erloschen sei.

      Er sah überrascht empor–er hatte diesen harten Metallklang noch nicht von den Lippen gehört, die sonst fast immer schmerzhaft geschlossen, augenblicklich in leidenschaftlich drängender Ungeduld bebten. – »Daran ist noch lange nicht zu denken,« sagte er entschieden.

      »Auch nicht, wenn ich das Kind, warm verhüllt, selbst auf den Armen hinaustrüge?«

      »Hinaustragen?« – Er sprang förmlich zurück. »Darüber wollen wir in vierzehn Tagen sprechen, gnädige Frau. Vorläufig darf weder hinsichtlich des Zimmers, noch der Pflege irgend ein Wechsel eintreten – noch liegt Gefahr in der außerordentlichen Schwäche des kleinen Patienten.«

      Er empfahl sich, und Baron Schwing, der ihn an die Türe begleitete, kehrte zurück. Donna Mercedes stand noch am Schreibtisch; ihre zarte Hand lag zusammengeschmiegt, in leuchtender Blässe wie ein Teerosenblatt, dicht vor der jugendlichen Männergestalt im ovalen Bronzerahmen, und der Blick der schönen Frau war starr auf das Bild ihrer Mutter gerichtet – es sah aus, als habe sie sich in die stolzgesättigte Atmosphäre dieses abgeschlossenen Winkels gleichsam gerettet.

      »José schläft,« sagte sie, den Hereinkommenden gewissermaßen zurückhaltend, als er direkt auf die Tür des anstoßenden Zimmers zuschritt. Sie wandte den Kopf nicht nach ihm, kaum daß ihn der Blick aus dem Augenwinkel seitwärts streifte, um sich dann auf das Bild zu senken, neben welchem ihre Hand lag.

      Er trat sofort dicht an den Schreibtisch, so daß er ihr in das Gesicht sehen konnte – der in dieser Ecke konzentrierte Schein der Kugellampe fiel grell und voll auf ihn. »Was ist vorgefallen?« fragte er, sein Erstaunen über ihr Verhalten kurz und bündig in diese drei Worte fassend.

      Bei seiner raschen Bewegung war sie leicht in sich zusammengeschreckt – sie mußte sich sagen, daß er die plötzliche Wandlung ihres Wesens nicht ruhig hinnehmen würde; aber noch nie waren ihr so ohne Umschweife die Beweggründe ihres Handelns abgefordert worden.

      »Ich verstehe Sie nicht, mein Herr!« antwortete sie mit verletzender Kälte und hob die Augen von dem Männerkopf im Bronzerahmen – welch ein Kontrast zwischen dem Gesicht mit der seinen, schmalen Adlernase, dem durchsichtig bleichen Kolorit, dem dünnlippigen, korallenroten, kleinen Mund, und den starken, dunkelgefärbten Zügen dessen, der ihr mit seiner hochgewachsenen Gestalt den Ausblick in das Zimmer wehrte. In Damentoilette, eine Spitzenmantille über das dicke, glattliegende Seidenhaar geworfen, hätte jener leicht das schönste spanische Mädchen vorstellen können, während dem Mann im vollen, krausen Bart der Eisenhut auf der kantigen Stirn sehr wohl angestanden haben würde.

      »Ich verstehe Sie nicht, mein Herr –« hatte sie gesagt. Diese lässige, ausweichende Antwort im Verein mit dem vergleichenden Blick, den er sehr wohl bemerkt hatte, trieben ihm eine flüchtige Röte in die Wangen.

      »Toll ich glauben, daß Sie das Kind da drüben, das wir beide vergöttern, ohne irgend welchen schwerwiegenden Grund der Gefahr eines Rückfalles aussetzen wollen?« fragte er, seinen verdüsterten Blick fest auf sie heftend. »Auf Ihren Armen wollten Sie José hinaustragen? Wohin? –«

      Welche Art zu fragen! So direkt auf das Ziel los. Das war wieder einmal die deutsche Art, die jeder diplomatischen Ausflucht einen Knüppel über den Weg wirft, um sie stolpern zu machen ... Sie konnte ihm doch unmöglich gestehen, daß sie seine Dienstboten, wenn auch unabsichtlich, belauscht

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