Gesammelte Werke: Romane + Erzählungen + Gedichte. Eugenie Marlitt

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Gesammelte Werke: Romane + Erzählungen + Gedichte - Eugenie  Marlitt

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Seite, vielgetreues Ehegespons, genährt und gepflegt von deiner zartwaltenden Hand, die Freuden des Tages zu genießen!«

      »Was fällt denn dir ein, lieber Mann?« rief erstaunt und lachend die Doktorin.

      »Bitte, das ist nicht mein Einfall …. Ach, ich merke, du hast Fräulein von Quittelsdorfs schwungvolle Rede nicht mit angehört … wie schade! … Ich sehe mich also genötigt, dir hier mit zu sagen, daß jegliches Ehepaar, gleichviel, ob auf dem Kriegsfuße stehend oder nicht, binnen jetzt und einer Viertelstunde sich hübsch einträchtig nach dem Nonnenturme im Walde zu verfügen hat, allwo ein ländliches Fest gefeiert werden soll. Dort hast du die Verpflichtung, mich zu bedienen, respektive mir so viel Essen und Trinken herbeizuschaffen, wie mein Herz begehrt, und überhaupt für mein Wohlbefinden zu sorgen, wie es nur je die vielgefeierte Penelope gethan … Damit aber die unbeweibten Männer, die in der Mehrzahl hier vertreten sind, nicht zu kurz kommen, d. h. wenn sie es für einen Vorzug halten wollen, daß ihnen der Mund gestopft wird, so hat man höchst sinnreich eine Art Lotterie veranstaltet. Jede unverehelichte Dame zieht ein mit dem Namen eines unverheirateten Herrn versehenes Papierröllchen, und es bleibt nun Fortuna und Amor überlassen, ob sie begünstigen oder hämischerweise zwei zärtliche Herzen trennen wollen.«

      Elisabeth geriet bei diesem Berichte in eine unbeschreibliche Aufregung. Sie hatte nicht weiter darüber nachgedacht, ob sich an das Konzert eine andere Festlichkeit reihen werde. Jetzt wurde ihr klar, weshalb die Baronin gestern den Schluß des Konzerts und ihr Nachhausegehen so eigentümlich betont hatte … Ihre Wangen glühten vor Beschämung, denn sie hatte sich mit der Annahme des Papierstreifens, den der Hausverwalter aus Versehen ihr präsentiert hatte, und der in diesem Augenblicke wie Feuer in ihrer Hand brannte, den Anschein einer grenzenlosen Aufdringlichkeit gegeben. Rasch entschlossen trat sie in den Saal, wo eben das Oeffnen der verhängnisvollen Rollen unter Lachen und gegenseitigen Verbeugungen der Herren und Damen vor sich ging.

      »Welche abgeschmackte Idee von der Quittelsdorf!« sagte eben, als Elisabeth vorüberging, ein junger adliger Aktuar verdrießlich zu seinem Nachbar. »Jetzt habe ich die dicke, fromme Lehr auf dem Halse – Fi donc!«

      Das junge Mädchen brauchte die Baronin nicht lange zu suchen; sie stand ziemlich abgesondert in der Nähe des einen Fensters. Fräulein von Quittelsdorf, die Oberhofmeisterin und Helene standen bei ihr in lebhaftem, aber, wie es schien, nicht sehr angenehmem Wortwechsel. Die Oberhofmeisterin sprach heftig auf Fräulein von Quittelsdorf hinein, die ein um das andere Mal ratlos mit den Achseln zuckte. Auf dem Gesichte der Baronin Lessen spiegelte sich der tiefste Verdruß, es hätte diesmal der zwei roten Flecken nicht bedurft, um zu erkennen, daß sie sich schwer ärgerte. Nicht weit von der Gruppe, an einem Pfeiler, lehnte Herr von Walde mit verschränkten Armen; er schien nur mit halbem Ohre auf die Mitteilungen des alten neben ihm stehenden, dekorierten Begleiters der Oberhofmeisterin zu hören, während seine Augen unablässig auf den gestikulierenden Damen ruhten.

      Elisabeth schritt eilig auf die Baronin zu. Sie konnte nicht umhin, zu bemerken, wie Fräulein von Quittelsdorf bei ihrem Erblicken die Oberhofmeisterin leicht anstieß, und wie diese sich daraufhin umdrehte und einen feindseligen Blick auf sie richtete. Sie erkannte, daß sie der Gegenstand der Debatte gewesen war, und beeilte ihre Schritte, um so schnell wie möglich den unwürdigen Verdacht zurückzuweisen.

      »Gnädige Frau,« sagte sie, sich leicht verbeugend, zu der Baronin, »ich habe, ohne zu wissen, um was es sich handle, infolge eines Mißverständnisses dies Papier an mich genommen und erfahre in diesem Augenblicke, daß mit demselben eine Verpflichtung verknüpft ist, die ich nicht auf mich nehmen kann, denn meine Eltern erwarten mich.«

      Sie reichte die kleine Rolle der Baronin, die, urplötzlich einen wahren Sonnenschein in ihren Zügen entwickelnd, hastig danach griff.

      »Ich glaube, Sie sind im Irrtume, Fräulein Ferber!« rief plötzlich Herr von Walde mit seiner ruhigen, klangvollen Stimme herüber. »Vor allem haben Sie sich wohl bei dem Herrn zu entschuldigen, dessen Namen das Papier enthält; von ihm hängt es ab, ob er Sie freigeben will oder nicht.« Sein Auge flog während er eigentümlich lächelte, über die Anwesenden, die sich bereits paarweise gruppiert und zum Fortgehen gerüstet hatten; selbst der alte Kavalier schritt eben auf die Oberhofmeisterin zu und reichte ihr galant den gekrümmten Arm. Herr von Walde fuhr fort, indem er langsam näher trat. »Als Hausherr, der keine Beeinträchtigung eines Gastes dulden darf, muß ich Sie bitten, mein Fräulein, das Papier zu öffnen.«

      Elisabeth gehorchte schweigend und reichte ihm tief erglühend den entfalteten Papierstreifen hin. Er warf einen Blick auf den Zettel.

      »Ah!« rief er. »Ich habe, wie ich sehe, meine eigenen Rechte gewahrt! … Sie werden mir zugeben, Fräulein, daß es völlig in meiner Hand liegt, ob ich Ihre Entschuldigung beachten will oder nicht; ich ziehe das letztere vor und bitte Sie, streng der Verpflichtung nachzukommen, die Ihnen dies kleine Stückchen Papier auferlegt.«

      Die Baronin näherte sich ihm und legte die Hand auf seinen Arm. Es sah fast aus, als ob sie mit dem Weinen kämpfe.

      »Verzeihe, lieber Rudolf,« sagte sie, »es ist wirklich nicht meine Schuld!«

      »Ich weiß nicht, welche Schuld du meinst, Amalie,« erwiderte er eiskalt, »aber du hast den richtigen Moment gewählt, wenn du Verzeihung suchst, ich könnte in diesem Augenblicke viel Böses vergessen, was mir widerfahren ist.«

      Er griff nach dem Hute, den ihm ein Bedienter brachte, reichte Elisabeth den Arm und gab das Signal zum Aufbruche.

      »Aber meine Eltern!« stammelte Elisabeth.

      »Sind sie krank, oder wollen sie in diesem Augenblicke verreisen?« fragte er stehen bleibend.

      »Beides nicht.«

      »Nun, dann lassen Sie mich dafür sorgen, daß sie den Grund Ihres Ausbleibens erfahren.«

      Er rief einen Bedienten und schickte ihn sofort hinauf nach Gnadeck.

      Während der Saal sich allmählich leerte, blieb die Gruppe, zu der sich außer dem alten Kavalier auch noch Hollfeld mit einem sehr verdrießlichen Gesicht gesellt hatte, am Fenster stehen.

      »Es geschieht Ihnen ganz recht, Cornelie,« zürnte die Oberhofmeisterin. »Sie haben sich heute blamiert für alle Zeiten … Welch ein hirnloser Gedanke, diese Lotterie! … Wie oft schon habe ich gegen Ihre Farcen geeifert, denen leider unsere gnädigste Fürstin auch manchmal ein williges Ohr leiht! … Nun soll der Hausverwalter schuld sein! Warum haben Sie ihn nicht gehörig instruiert? … Sie halten sich für eine Hofdame par excellence und wissen nicht einmal, daß diese Art Leute nie ihre eigenen Gedanken haben dürfen? … Ihnen gönne ich diese Lehre von Herzen, wenn nur nicht gerade der unglückliche Walde das Opfer Ihres Leichtsinns sein müßte! … Da hat er nun das blonde Gänschen am Arme, er, der sich in seinem stolzen aristokratischen Bewußtsein unzählige Male des Fehlers schuldig gemacht hat, es nicht zu bemerken, wenn sehr hochgestellte Damen von ihm geführt zu sein wünschten … Wie mag ihm zu Mute sein gegenüber dieser kleinen Klavierlehrerin, der Tochter eines – Forstschreibers!«

      »Warum opfert er sich so bereitwillig?« entgegnete Fräulein von Quittelsdorf; »es war ganz unnötig, daß er sich in den Handel mischte. Die Kleine war ja im Begriffe zu gehen; nein, da tritt er vor, wie der Ritter ohne Furcht und Tadel, und nimmt die Last freiwillig auf sich.«

      »Nun, diese Last ist wenigstens blendend schön!« hüstelte der alte Kavalier mit einem frivolen Lächeln.

      »Was fällt Ihnen ein, Graf?« rief die Oberhofmeisterin. »Das ist wieder einmal eine Bemerkung, ganz Ihrer würdig, der Sie sich für jedes runde Bauerngesicht enthusiasmieren … Uebrigens leugne ich nicht, daß

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