Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band). Peter Rosegger

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Peter Rosegger: Romane, Erzählungen & Gedichte (Über 570 Titel in einem Band) - Peter  Rosegger

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an der Hebung einen kleinen Schachen stehenlassen. Der soll das letzte und bleibende Stück Urwald sein, und unter seinem Schatten sollen die toten Winkelsteger ruhen.

      Der Pfarrhof ist fertig. Die Pfarre ist längst ausgeschrieben. Einen Lacher tun sie, wenn sie es lesen: »Das mag eine saubere Seelsorge sein in diesem Winkelsteg; der Meßopferwein besteht aus Holzäpfelmost, die Hostie aus Hafermehl. – Je, wenn in Winkelsteg der Pfarrer verhungert, so ist er selber schuld, warum speist er nicht Baumrinden; die Waldkatzen kommen ja auch davon.«

      Winkelsteg ist bös' verschrien; es wäre aber so arg nicht. Ich kriege für das, daß ich die Kirche versorge und zuweilen auf den Predigtstuhl steige, um den Leuten zur Erbauung vorzulesen, reichlich Mehl und Wildbret. Die Leute sagen, es sei schade, daß ich nicht Pfarrer geworden.

      Von der Herrschaft des Waldes sind Messengelder geschickt worden, daß in der Gemeinde Winkelsteg ein Gottesdienst gestiftet und gebetet werde auf eine gute Meinung. Es hat sich die Tochter des Hauses vermählt.

       Gott sei Dank, daß mein Körper und mein Geist hier so reichlich Beschäftigung findet. Dieser Einspanig gibt Nachdenken.

      Öfter und öfter wird er im Orte gesehen, gebückt wie ein leibhaftig Fragezeichen, gebückt und krumm, so geht er einher. Noch immer aber weicht er den Leuten aus; und wer ihm doch nahe zu kommen weiß, um eine Frage an ihn zu stellen, dem gibt er eine Antwort, die drei Fragen gebiert. Auch in der Kirche ist er schon gesehen worden, ganz zuhinterst in der Nische, wohin der Beichtstuhl kommen soll.

      Der alte Rüpel hält das Wesen ganz entschieden für den ewigen Juden. – Nun, so viel mag ich selber glauben: der Einspanig ist ein Teil desselben. Der ganze ewige Jude hat meines Glaubens viele Millionen Köpfe.

      Im Sommer 1819

      Da hätten wir nun auf einmal einen Pfarrer, und zwar einen so seltsamen, und der so geheimnisvoll ist wie unser Altarbild, das Kreuz aus dem Felsentale.

      Am letzten Tage des Heumonats, zur Mittagszeit ist es gewesen. Ich gehe in die Kirche, um die Gebetglocke zu läuten. Da steht der Einspanig auf der obersten Stufe des Altars und übt die Förmlichkeiten des Messelesens.

      Ich sehe ihm eine Weile zu. Er liest die Messe, wie sie der Holdenschlager nicht vollendeter darbringt. Als er aber damit fertig ist, ernsthaft von den Stufen niedersteigt und mit niedergeschlagenen Augen dem Ausgange zuwandelt, da ist es doch meine Pflicht, daß ich ihn anhalte und zur Rede stelle.

      »Herr«, sage ich, »Ihr tretet in dieses Gotteshaus, wie es ja jeder darf, der aufrichtigen Herzens ist; aber Ihr steiget zu dem Allerheiligsten empor, und übet Dinge, die nicht jedem zustehen. Ich bin der Hüter dieses Hauses und habe Euch zu fragen, was Euer Treiben bedeutet?«

      Er ist dagestanden und hat mich mit großer Gelassenheit angeblickt.

      »Guter Freund«, sagt er hierauf mit einer Stimme, die wie eingerostet tönt, »die Frage ist kurz und leicht; die Antwort ist lang und schwer. Weil Ihr aber das Recht habt, sie zu verlangen, so habe ich die Pflicht, sie zu geben. Bestimmet den Tag, an welchem Ihr hinaufgehen wollt zu den drei Schirmtannen in der Wolfsgrube.«

      »Wozu?« sage ich.

      »Die Antwort liegt nicht auf dem Wege. Unter den Schirmtannen mögt Ihr sie erfahren.«

      »Wohl«, sage ich, »wenn es so ist, so will ich mich am nächsten Sonnabend um die dritte Nachmittagsstunde bei den drei Schirmtannen in der Wolfsgrube einfinden.«

      Er neigt den Kopf und geht davon.

      Ich will von diesem Vorfalle einstweilen den Leuten nichts melden. Das ist ein Narr! würden sie aufschreien allmiteinander.

      Mag ja sein. Ich werde zu den Schirmtannen gehen und vielleicht Näheres über den Mann erfahren. Finde ich so viele und so schöne Narrheit in ihm wie in dem alten Rüpel, so bin ich zufrieden. Sollte es in Winkelsteg schon mit Pfarrhof und Schulhaus nicht gehen, so bringe ich doch etwan einen lustigen Narrenturm zuweg.

      Und das ist auch gut.

      Die Antwort des Einspanig

      Am Morgen

       Inhaltsverzeichnis

      Im Tannenwalde herrscht tiefe Trauer; wie Totenklage, wie Grabesschauer, so weht's durch der Wildnis umnachtete Mauer. Dahingestreckt am Waldessaum ins Leichenbett aus moosigem Flaum, gemordet liegt der urälteste Baum. – O sehet den Mörder über die Steppe fahren, er rast in Verzweiflung mit fliegenden Haaren, verfolgt und gegeißelt von rächenden Scharen. – Den armen Mörder, o laßt ihn ziehen, ihm ist's gegeben, Unheil zu sprühen. Und neu aus dem Tode wird Leben blühen.

      Nicht der alte Rüpel ist es, der mich ansteckt, daß ich schon am frühen Morgen solche Zeilen schreibe, sondern eine innere Bewegung, die mich bei der Kunde von dem Sturm erfaßt, hat sich in Worten Luft gemacht.

      In dieser Nacht hat ein Sturm gehaust. In Winkelsteg haben wir nichts verspürt; nur ein schweres Getose ist gehört worden von Mitternacht her. Im Schachen des Gottesackers ist kein Wipfelchen geknickt.

      Am Abend

      Wie ich aber nun, da ich in den neuen Geschlägen drüben Geschäfte habe, über die Lauterhöhe geh', ist mir der Weg zehnfach verlegt durch wild zerzauste, zersplitterte, kreuz und krumm gefallene Bäume. Ein starker Harzduft weht in den Gräben; zahllose Waldvögel flattern heimatlos umher, denn ihre Nester sind zerrissen. Hier und da machen sich schon Holzhauer an das Gefälle, daß sie die Stämme glätten und schälen. In den Holzhauerhütten soll das eine fürchterliche Nacht gewesen sein. Einigen hat es den Dachstuhl zerrissen, daß am Morgen die treibenden Wolken des Himmels hineingeschaut auf den Feuerherd und die wirren Strohstätten. Bei den Köhlern im Karwasser ist ein abgerissener Fichtenstamm auf einen Meiler gefallen, so daß das Feuer herausgebrochen ist und die hingepeitschten Flammen schier einen Waldbrand erzeugt hätten. Der Berthold soll wie wütend mit dem Dämpfen des Feuers gearbeitet haben und dabei mit seinem linken Fuß zu Schaden gekommen sein.

      Manch wüste Scharte ist den Wäldern geschlagen, und als ich am Nachmittage zu den Schirmtannen in der Wolfsgrube komme, sehe ich, daß die mittlere geknickt ist. Sie ist von den dreien die größte und wohl die älteste gewesen.

      Auf dem hingestreckten Stamm, der sein Geäste tief in den Erdboden gebohrt hat, sitzt der Einspanig. Er hat sich ein Wollentuch um die Schultern gelegt, und über das Tuch wallen die Strähne des schwarzen Haares mit seinen vielen grauen Fäden. Die Beine hält der Mann übereinander geschlagen, darauf stützt er seinen Ellbogen, und auf diesen das gesenkte Haupt mit dem blassen Antlitz.

      Da ich nahe, erhebt er sich.

      »Ihr kommt doch«, sagt er, »und ich hätte beinahe nicht kommen können. Die Sturmnacht hat meine Behausung gesperrt; sie hat einen Felsklotz vor den Ausgang gewälzt.«

      Und nach einem schweren Atemzug sagt er das trübselige Wort: »Vielleicht wäre es besser gewesen, diese Nacht hätte mich in der Felsenhöhle begraben für alle Zeit, als daß ich Euch heute die Antwort gebe. Da ich sie aber gebe, so gebe ich sie Euch am liebsten. Ich habe Rechtschaffenes von Euch gehört und freue mich der Gelegenheit, Euch näherzukommen. Meine Antwort, junger Mann, ist eine schwere Last; helfet sie mir tragen, wie Ihr Ja auch die Mühsal der anderen Waldbewohner auf Euch geladen habt. Ich weiß wohl, Ihr versteht Priesteramt zu vertreten; so seid

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