Sitten, Strolche & Strategen. J. J. Juhnke

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Sitten, Strolche & Strategen - J. J. Juhnke страница 23

Автор:
Серия:
Издательство:
Sitten, Strolche & Strategen - J. J. Juhnke

Скачать книгу

der was zu erzählen hatte. So blieb es einige Jahre in Gentos Leben was eine gute Quote hergab. Rex zückte die Karten und verteilte an uns. Die Schwestern waren süß aufgehübscht und trugen gleiche Mäntel. Gemeinsam schritten wir in Richtung der Eingänge und kamen dabei einer Menschentraube näher. Ich erkannte auf der einen Seite mehrere Frauen mit Spruchbändern die sie in den Abendhimmel hielten. Sie waren eine "bewusstseinserweiternde Gruppe", wie sich viele in jenen Tagen gründeten. Auf ihren Plakaten stand zu lesen: "gegen Sexismus, gegen Schönheitswettbewerbe" und die Forderung: "alle Miniröcke in die Mülltonne". Auf der anderen Seite standen Konzertgänger die kurz verweilten um sich den Aufmarsch anzusehen. Man hörte die engagierten Frauen ihre Slogans rufen. Sie meinten: "Makeup kaschiert die Unterdrückung und Frauen könne man bald nur noch an ihrer Haarfarbe unterscheiden". Als die Wortführerin diese Behauptungen von sich gab, erwiderte Gento trocken: >Also, mir reicht das Angebot der Kosmetikfirmen mit den Haarfarben völlig aus und für die Frauenbewegung bin ich auch. Wäre doch schade, wenn sich die Frauen im Bett dabei nicht bewegen würden<. Die Frontfrau der kleinen Protestbewegung von "Ruferinnen in der Wüste" bewegte sich auf meinen Freund zu und blieb vor ihm stehen, sagte: >Na, Spaßfreund, große Klappe und Vorstellungen vom Mittelalter im Kopf, merkst du das nicht? Moment mal, wer hat denn damit angefangen<, rief Gento empört zurück. >Wer von uns beiden glaubt eher im Mittelalter zu stecken? Aber ich frage dich, tragt ihr noch Keuschheitsgürtel? Erfand man nicht erst kürzlich für euch die Anti- Baby- Pille? Zwinge ich dich einen Minirock zu tragen? Male ich dir das Gesicht an? Dürfen Frauen arbeiten gehen? Frauen dürfen sogar zur Wahl gehen! Vor allem: Werden heute noch Hexen verbrannt? Frauen dürfen sogar auf Plätzen stehen und sich darüber beklagen das sie sexy sein können und dann Männer hinter ihnen her sind. Ja, was denn noch? <, rief Gento laut in die Menge. > Da hast du dich gleich selber beschrieben, immer noch Jäger und Sammler, wie zur Steinzeit<, konterte die Rädelsführerin. >Also dich jage ich bestimmt nicht, höchstens zünde ich den Scheiterhaufen an<, sprach Gento und wollte gerade neu ansetzen, als ihn Ella unterbrach und sagte: > Komm, besser du jagst mich und lass uns vorher ins Konzert gehen<. So setzten wir uns wieder in Bewegung und ließen die Amazone zurück.

      Nach dem Konzert schleppte uns Rex noch ins Vergnügungsviertel der Altstadt. In ein stark verrauchtes, dunkles Kellergewölbe, mit etlichen Räumen und Winkel. Ich glaube, hier wurde Nichtrauchern Hausverbot erteilt. Man hockte bei Kerzenschein und alles schien aus der Zeit gefallen, außer der Musik. Es war schon toll mit so schönen, erfahrenen Mädchen in diesem gemütlichen Nebelloch, bei Beatmusik, abzuhängen. Rex bezahlte für alles, setzte sich aber wieder von uns ab. Das hatte er schon während des Konzertes getan, dabei später den Mädchen Autogrammkarten von den Musikern geschenkt. Hier im Laden blieb er auf die Tanzfläche fixiert, wo in wilden Bewegungen die Götter der Hottentotten beschworen wurde. >Wenn uns Stuka hier sehen würde<, flüsterte ich Gento ins Ohr. >Lieber nicht<, meinte Gento, das würde er nicht überleben und wer weiß wer als Nachfolger uns das Leben schwerer machen würde. Der uns nicht die Unterschiede der JU 86 zur Ju 88 bei Feindflug erklären kann.< Ich erkannte, wenn eine besonders wild und sinnlich tanzen wollte, sie in der nächsten halben Stunde mit Rex an der Bar zu finden war. Ich begriff, er war im Dienst. Auf der Suche nach talentiertem Frischfleisch. Ich denke, der Laden war eine angesagte Adresse für Mädchen mit lockerer Moral und großem Bedarf an steuerfreiem Bargeld. Rex mutierte zu einem mobilen Rekrutierungsbüro. Es gelang mir, mich mit Angela ans Ende vom Tresen abzusetzen, Gento, Brando und Ella bekamen zwei Meter entfernt von uns Plätze am Bartresen. Umgehend bestellte Angie die erste Lage Jägermeister und Zigaretten begannen zu glimmen. >Wie bist du zu Alfredos Entertainment gekommen<, fragte ich sie und Angie zeigte auf Rex der in einem lebhaften Gespräch mit einer Jane Fonda Kopie steckte. >Der Zufall hat Regie geführt<, sagte sie. >Das kam ganz zufällig. An einem schwarzen Brett in der Uni steckte der Zettel. Eine Art ausgeschnittene Zeitungsanzeige. Ich weiß den Text noch auswendig.< Sie lehnte sich auf die Seite und sprach mir die Worte in Art einer Werbesprecherin ins Ohr: >Gehobener, intimer Club für den Mann von Welt, bietet begabten jungen Frauen Möglichkeiten sich in Tanz und Schauspiel zu präsentieren. Gute Englischkenntnisse sind wünschenswert. Es erwarten Sie sehr gute Verdienstmöglichkeiten in angenehmer Atmosphäre und völliger Diskretion. Bitte aussagefähige Bildzuschriften an Postfach so und so<. Weil Angie so dicht an mein Ohr gekommen war, rutschte sie nun vom Barhocker und ihr Rock positiv hoch. Ich half ihr auf und sie verteilte zwei neue Gläser. Ex und hopp, dann sprach sie weiter: >Die Tristesse bei Oma schnürte uns vom Leben ab, je älter wir wurden desto mehr. Wir mussten da so schnell wie möglich raus. Aber was konnten wir denn schon? Da gab es nur Talente die wir von Mutter geerbt hatten: tanzen, schauspielern und Männer in Versuchung bringen. In ihrem Leben drehte sich viel um Täuschung, sie hat nur Rollen gespielt, auf Bühnen und im Leben. Tatsächlich meldete sich auf das Antwortschreiben ein Herr Rex und verabredete sich mit uns zum Kaffee in einem noblen Hotel. Wir haben ihm wohl gefallen, denn er lud uns später zum Abendessen ein. Wieder ein schicker Laden und wenn du das nicht gewohnt bist ziehst du dir das doppelt rein, sage ich dir. Danach fuhren wir zu einer geschlossenen Bar zu der er die Schlüssel besaß. Er wollte uns tanzen sehen. Wir zogen uns gegen die Nervosität ein paar Jägermeister rein und Rex schmiss die Wurlitzer an. You really got me (The Kinks) dröhnte los. Wir zeigten was in uns steckt und danach tanzten wir zu dritt die schrägsten Nummern. Tja, der Laden war voller Jägermeisterflaschen und deshalb saßen Ella und ich später auf Barhockern. Rex stellte sich dazwischen und steckte sich in uns. Als er in Ella abspritzte, hatten wir den Job auf Probe. Erstmal nur für den Traveller Service, aber wir hatten die Füße in der Tür. Zum Abschied versprach Rex sich wieder zu melden und drückte uns ein paar fette Scheine in die Hand. Er hat unsere Show gekauft, wir waren gerettet!

      Die Menschen haben aus so viel verrückten Gründen miteinander Sex, warum nicht auch wegen Geld. Nenn mir eine Sache auf der Welt, die nicht verhandelbar ist? < Wohl aus Verlegenheit über diese ehrlichen Worte entgegnete ich ihr: <ich mag Frauen, die wissen was sie wollen. Ich auch, aber ich kenne keine<, gab sie mir zurück. Ja, sie setzte meinen Schülerverstand in Brand und der Jägermeister half dabei. >Für das Geld sollten wir uns Klamotten kaufen und was zum Essen, weil wir solche Hungerhaken sind und die 50zig Kilo Latte schaffen sollten. Ich konnte wieder einhaken und sagte blitzschnell: >also, mir gefällst du sehr gut! Sie kicherte, sagte: >das habe ich schon öfter gehört, aber stell dir vor, manchmal bestellen Kerle extra Dicke, mit möglichst fetten Ärschen und Monstertitte. Sonst werden die überhaupt nicht richtig scharf. Oder einer benimmt sich wie Tarzan, aus dem Dschungel, mit seiner großen Schlange und manche haben tatsächlich einen Schwanz wie ein Esel. Soll ja jeder wie er möchte geil werden, aber ich will mir diese Bemühungen nicht mitansehen. Ich bin jetzt 22 und Ella ist 21. Wir sind Jägerinnen nach Geld, schminken unseren Mund knallrot und fühlten uns nicht unterdrückt, wenn wir Minirock trugen, oder ein Kerl auf uns liegt. Beide sind wir an der Uni eingeschrieben und leben zusammen. Flittchen mit Lehramtsstudium, es bewegt sich was in der Gesellschaft<. Zwischendurch sendete sie Bambi Blicke aus und bestellte neue Runden Jägermeister. Quasselwasser nannte sie das Zeug. Dann fragte sie mich: >Sag mal interessiert dich meine Geschichte überhaupt, oder sollen wir zu den anderen gehen? Manchmal komme ich so ins reden, weißt du. Nein, nein, alles bestens erzähl bitte weiter<, war mein kurzer Kommentar. Sie hob ihr Glas und sprach: >Ich wünschte ich hätte eine Million. Dann würde ich dafür ein bisschen Glück kaufen. Das kriegt man nicht indem man einfach nur gut ist. Genauso wenig kriegt man es, wenn man einfach nur arm ist. Aber ein Fehlstart ins Leben ist nichts Ungewöhnliches. Passiert in den besten Familien. Mein Opa war Hafenarbeiter, meine Mutter ein Flittchen und Geld hatten immer nur die Anderen<. Weiter erfuhr ich: Der Vater der beiden ist ein Matrose auf einem Marineschiff, dass regelmäßig in den Hafen kam. Auch nach Ellas Geburt kam das Schiff, wieder und wieder, in den Hafen. Nur ohne den schicken, zweifachen Vater aus den Staaten. Er hat nie mehr den Hafen gefunden und die US- Marine erteilte keinerlei Auskunft. Aber ein schöner Mann sei er gewesen, dass wussten sie. Weil noch Fotos existierten, von ihm und Mutter.

      Irgendwann startete die Mutter einen zweiten Versuch und folgte einem anderen US- Boy in die Staaten. Ihre Altlasten kamen zu Oma und Opa und lernten sich selbst zu verwalten. Mit großer Disziplin wurde Abitur gemacht und eine Wohnung organisiert. Durch Zufall ergab sich die Chance vom Traveller Service und der Drachenburg zu leben. Wieder

Скачать книгу