Sitten, Strolche & Strategen. J. J. Juhnke

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Sitten, Strolche & Strategen - J. J. Juhnke

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Familie gebastelt hatte, erreichten uns keine Geldzahlungen mehr. Stattdessen kamen Briefe an Oma mit Bildern vom Familienglück, mit Mann und Kindern, die mir fremd waren. Nur dass sie keine Bastarde waren, wie Ella und ich, dass wussten wir<.

      Ich schwor mir damals: wenn Sie das kann, uns aus ihrem Leben auszublenden, dann werde ich noch mehr können, wenn die Zeit gekommen ist. So habe ich gelernt loszulassen was man nicht festhalten kann. Ein losgelassener Schleppanker befreit dich von der Vergangenheit und gibt dir neue Kraft. Wir haben also keinen Vater, keine Mutter, eine lauwarme Oma und einen faktisch toten Opa. Heute sehe ich mich im Spiegel an, kneife dabei die Arschbacken zusammen und sage meinem Gegenüber: You really got me!

      Ich kann zwar die Situation nicht ändern, aber ich kann sie leugnen. Einmal habe ich einen Brief von der Rabenmutter abgefangen und ihn ungeöffnet zurückgeschickt. Mit dem Vermerk. wir hätten kein Interesse an der Post fremder Menschen. Sie solle es mal in Afrika versuchen<. Während sie mir ihr Herz ausschüttete leuchteten die Kerzen vor uns auf dem Bartresen heller. Mit ihren welligen Haaren, ihren kleinen Augen, den feinen Gesichtszügen glich sie Altarbildern alter ukrainischer Kirchen von denen Runen Rudi uns gerne erzählte. Einen Jägermeister tanken und weiter ging ihr Bericht: >Vor Jahren nahm mich mein Opa mit ins Kino und ich sah Leslie Caron tanzen und kokettieren. Und das war es dann, ich wollte wie Gigi sein.

      Koketten sind die süßen Düfte nach Sex in der Luft und was damals in Paris für den kultivierten Herren galt, gilt zeitlos auf der ganzen Welt. Der gebildete Verehrer will keine Fließband Hure vom Straßenstrich, höchstens gelegentlich. Jedenfalls kostet das viel Geld. Ich brauchte dringend eine Welt die nichts mit der tristes meiner Jugendtage zu tun hat. Und Geld brauchte ich noch mehr. Manche Triebgesteuerten bringt es fertig und fragen mich allen erstens: warum tust du das? Du hast es doch gar nicht nötig, so wie du aussiehst. Du könntest doch ins Büro gehen, oder als Stewardess arbeiten. Die haben die besseren Jobs und wissen nicht was sie reden. Ich sage dann immer: Da hast du schon Recht, ich habe es einfach nicht nötig, ins Büro zu gehen, als Bedienung mir die Beine in den Bauch zu stehen oder als Stewardess in engen Flugzeuggängen meinen schönen Arsch herzuzeigen. Und du könntest für meinen Luxuskörper nicht so viel Geld bezahlen, wenn er dir jetzt nicht zur Verfügung stehen würde. Also sei froh das ich mich von euch bis zum geht-nicht-mehr vögeln lasse und trotzdem gerne hier bin! Dann erzähle ich denen mein Vater wäre Saxophonspieler und Messerwerfer bei einem Wanderzirkus. Deshalb bin ich das Mädchen das niemals zuckt, auch wenn sie mich hart rannehmen. Dazu schwöre ich beim Leben des Saxophonspielers, das ich eine Jungfrau und eine Hure bin. Das hören die Kerle so gern, dass sie fast dran glauben können.

      Schließlich bin ich keine Rummelplatz Nutte mit tätowierter Rose auf dem Hintern. Ich bin viel mehr, als eine die sich bloß fickten lässt. Ich bin Schauspielerin, Tänzerin, Psychologin und manche sagen ich sei besonders schön. Ich verwechsle nicht Lust mit Liebe. Wenn ich mich nur auf die Lust konzentriere, läuft alles reibungslos. Was ich praktiziere ist reine körperliche Befriedigung - keine Liebe, keine Sehnsucht. Ich meine Gefühle sind beim Vögeln schon dar. Wäre nicht auszuhalten, wenn mich das kalt lassen würde.

      Natürlich muss mir der Kerl auf eine Art sympathisch sein, sonst wird es schwierig. Manchmal ist es schön, wenn mir einer den Po lecken will und das gut kann. Ich genieße das und wenn er seinen Ständer auf meinem blitzblanken Hintern entlädt, genieße ich das auch. Ich kann allem widerstehen, nur nicht der Versuchung. Geldscheine können mich verführen. Ich bin eine Ware und Ware wird gehandelt. Es ist ja nur mein Körper den sie sich nehmen, mein Fleisch das sie begehren. Geld macht frei und Huren sind auch nur Frauen. Alle Frauen sind Schauspielerinnen und manche müssen sehr gut darin sein, besonders Ehefrauen. Ihr Ehealltag ist nicht wettbewerbsfähig gegen mich. Zeig mir eine schöne Ehefrau, und ich zeige dir einen Ehemann, der keine Lust mehr hat sie zu vögeln. Tja, was soll ich sagen<, entgegnete ich. >Ihr seid so schön und talentiert. Ihr kümmert euch um die die euch brauchen. Was hat das mit dem weißen Zeug auf sich, warum nehmt ihr das? Reicht Alkohol nicht aus, um die Stimmung zu halten<, wollte ich wissen. Leicht und locker antwortete sie: >Koks befreit mich innerlich. Die Party läuft wie ein Film ab, in dem ich mitspielen darf, ohne ein Teil davon zu sein. Ich bin dann witzig und charmant, schön, frech und sexy. Vor allem kann ich diesen Schlampen Zauber genießen. Kann ja jederzeit aufhören, hoffe eher, nicht sexsüchtig zu werden, falls es das überhaupt gibt. Jedenfalls sieht es mehr danach aus. Aber Hölle, wo ist dein Stachel, sage ich mal. Du kannst unter Koks viel Alkohol trinken, aber der Kater ist danach höllisch. Ich mische nicht mehr, Koks reicht mir vollkommen. Ist doch nur für kurze Zeit. Die Konkurrenz ist irgendwann um das jünger, worauf es im Großen und Ganzen ankommt. Ohne Hüftgold, ohne Zellulitis, die Visitenkarte für diesen Job. Ich will meine besten Jahre nicht komplett an fremden Männern ausprobieren, aber es ist jetzt ein Teil von mir. Untervögelt bin ich ganz gewiss nicht, aber habe noch nicht intensiv geliebt. Ich sehne mich nach der Liebe, hinter dem ganzen Sex. Ich will Liebe! Da draußen ficke ich mir das Gehirn aus dem Schädel, ohne so etwas wie Liebe zu fühlen. Bei einem wie dir wäre es ganz anders. Das habe ich sofort gewusst. Ein Schwanz mehr, oder weniger ist nicht von Bedeutung. Das ist die Wahrheit und nur starke Liebe kommt darauf klar und wird das überstehen<. Plötzlich fragte Angie mich: >sag mal, was glaubst du warum ich dir das alles erzähle? Wir kennen uns doch kaum! Sie bestellte neues Quasselwasser und ich blieb mit offenem Mund stumm, schaute nur fragend, oder eher hilflos, zurück. Dann schoss die Antwort aus ihr raus: >Verlieben könnte ich mich in so einen wie dich, das ist der Grund! Ich meine, zu einer Zeit, wenn du dich von der Schule und deiner Regierung abgesetzt hast. Du hast diesen bedingungslosen Blick, den man nicht spielen kann. Nicht mal ich spielen kann. Egal, wo und wobei du mich das erste Mal gesehen hast: Dein Blick war stark und echt, wie man es in deinem Alter kann. Deswegen will ich mich nur in einen verlieben der so ist wie du. Der so viel Echtheit besitzt, wie die Liebe einer Mutter zu ihrem Kind. Darum habe ich mich sehr gefreut dir zu begegnen<. Du weißt jetzt wie es bei mir aussieht und wofür ich mich entschieden habe. Keiner von den Anständigen da draußen schafft es mir sein Herz zu schenken. Das Wissen der Herzen mit mir zu teilen. Ihre Schwänze schwellen an und tauchen in mich ein, sie selber bleiben weit weg. Männer nehmen sich Frau die zu ihren Zielen passen. Nur was sind ihre Ziele und wer sucht diese aus? Ganz zu schweigen von der Frage, ob diese Ziele und die passenden Frauen ihnen guttun. Oft wechseln die Frauen ihre Ziele und die Männer die Frauen, die nicht gerade, oder nicht mehr, zu ihren Zielen passen. Dumme Jungs die aus ängstlichem Selbstschutz heraus sie könnten sich an eine verlieren, sich einredeten alle Frauen seien Schlampen, außer Mutti, Oma und trockene Mauerblümchen, die gezwungenermaßen als Jungfrau in die Ehe gehen. Genau diese Kerle laufen bald nach der Eheschließung den berufsmäßigen Schlampen die Türen ein. Sie ziehen mit anderen mutlosen Schwachköpfen, die bei der ersten Gelegenheit bei einem unerfahrenen Dorftrampel hängen geblieben sind, durch das Rotlichtviertel und stehen dann volltrunken, mit ihrem Schwanz in der Hand, vor irgendeiner auf dem Straßenstrich, die jeden nimmt. Trotzdem sind von einer Moral besessen die es ihnen unmöglich macht ihr dafür Achtung zu erweisen. Da sind sie verschiedener Meinung mit Jesus Christus<. Der Jägermeister unterbrach sie kurz und weiter ging es: >Jedenfalls hast du eine Spur von Ahnung woran du bei mir bist. Heute, mit dir etwas zu beginnen ist mir zu schade und es führt auch zu nichts. Außer, na du weißt schon<. Ich wollte schnell einwenden: >aber das macht doch nichts, das würde mir schon reichen! Ließ es jedoch bleiben. Vielleicht weil die Liebe nach anderen Regeln spielt und verliebt war ich mindestens in sie. Auf vertröstende Worte hinsichtlich einer vagen Zukunftsperspektive bei ihr im Bett zu laden, war ich bereits vorbereitet. Wäre nicht das erste Mal auf meiner Wanderschaft, zwischen Kind und Mann. Ich war mir sicher das Gento ähnliches zu hören bekam und das würde ihn härter treffen als mich. Brando übte auf der Tanzfläche die Tatsache zu vergessen, dass er nun mal der Sohn vom Chef ist. Wir waren alle chancenlos. >Du bist zu jung, es wird nicht funktionieren. Du treibst es am besten erst mal mit ein paar Teenys aus deiner Schule. Das wird dir sicher nicht schwerfallen, so hübsch wie du bist<, flüsterte sie mir ermutigend ins Ohr, nach einer neuen Runde Kräutersaft. >Wenn ich dir dann wieder begegnen sollte, könnte ich vielleicht nicht mehr widerstehen. Doch nicht für einen spontanen Fick im vorbei gehen. Nur wenn du dein Herz mitbringst und das bleiben nicht verlernt hast<. Ich glaube in diesem Moment waren wir ziemlich

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