Sitten, Strolche & Strategen. J. J. Juhnke

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mit Wachverbänden zu tun gehabt haben. Zwar war klar, dass die in einer Wachmannschaft größere Chancen hatten mit dem Leben davon zu kommen, als in einem Kampfverband, aber einfacher war das nicht, noch dazu moralisch höchst verwerflich. Na und zur Waffen-SS ging nicht der normale Wehrpflichtige, die hatten Elite Standards als Voraussetzung, mein Junge. Klar, die SS Männer der Einsatzgruppen das waren fanatische Teufel. Kein Wunder weshalb die Lagermannschaften maximal 22 Jahre alt sein sollten. Leichter zu führen, denke ich. Nein, diese Lager waren falsch. Solche Vernichtungslager, sind immer falsch, ob in Polen, oder Sibirien. Hingegen war die Waffen Schutzstaffel im Felde der Wehrmacht unterstellt. Ich weiß<, sprach mein Vorgesetzter weiter: >Die Jugend ist in den letzten Jahren in Bewegung geraten. Sie weiß nix, kann aber alles erklären. Die Feuer sehen, wo keines ist. Die Hoffnung haben, wo keine ist. Charakter und sittliche Werte sind heutzutage nicht mehr von Interesse. Geld und Vergnügen sind vorrangig. Jedenfalls muss die Seilschaft der du angehören solltest schussfest sein und durch und durch loyal. Ein Eid ist ein Eid, keine Tageslaune. Wenn man dann auf die richtigen Knöpfe drückt läuft alles wie geschmiert. Das war schon immer so, gestern im alten Rom, heute auf der ganzen Welt. Was glaubst du wie die Mafia, der Vatikan, oder General Franco so mächtig wurden. Sie kooperieren mit den richtigen Leuten, sie korrumpieren die richtigen Leute. Nur darauf kommt es an, die richtigen Komödianten für sich laufen zu lassen. Schau in jede Menschenmenge die du jemals gesehen hast! Was siehst du? Ich werde es dir sagen: Du siehst immer nur viele Statisten und wenige Strategen, die führen oder geführt werden wollen. Wobei der größte Wahnsinn darin besteht, dass die Mehrzahl der Herde sich damit begnügt, aus einem Bauchgefühl heraus zu glauben, dass ihre Führer sich damit beschäftigen an das Wohl des Volkes zu denken. Frag dich selbst: Denkt die Mafia an das Wohl des Volkes? Denkt der Vatikan an das Wohl des Volkes? Denkt General Franco an das Wohl des Volkes? So, und immer nur so, schließt sich der Kreis! Ich kann nicht sagen das ich das damals wirklich begriff, obwohl manches einen wahren Kern zu haben schien. Für Vater und seine auf den Führer vereidigte Truppe bedeutete die Bundesrepublik Schutzzone und Gefangenschaft zugleich. Froh, alle Knochen beisammen zu haben und dem sibirischen Winter entkommen zu sein. Doch seit dem sieglosen Ende und dem faktischen Verbot der national-sozialistischen Weltanschauung, liefen sie nur lauwarm durch die Zeiten. Mit der Überzeugung, dass der von ihnen begonnene Weltenbrand, in nicht allzu ferner Zukunft, weiter entfacht werden wird. Um dessen früheres Ende böse Mächte die Menschheit bestohlen haben, so Vater. Entwurzelt, nahmen sie dort Quartier, wo es möglich war. Die Ideale blieben, aber das heiße Herz dafür wurde nicht mehr benötigt. Zur ewigen Treue verschworene Kriegsknechte eines Massenmörders gewesen zu sein, wäre eine undenkbare Analyse ihrer Taten. Am Ende ihrer großen Zeit steht offener Strafvollzug. Unter den Besatzern und an der Nahtstelle zum eisernen Vorhang. Von wo das Böse eines Tages durch Mauer und eisernem Vorhang flutet und sich über die schwachen Demokratien ergießen wird. Die Bundeswehr und alle anderen "Gurkentruppen und Saftläden" (Vater) werden zu leichtem Kanonenfutter der sibirischen Wölfe. Ein Bollwerk war nur das Großdeutsche Reich, so der dekorierte Frontsoldat. Gehen wir ein Stück zurück in der Zeit vor der großen Zeit: Mein Opa war ein verheirateter Frauenheld, Vagabund und Erbe von irgendwas. Er soll sich Ende 1918 ins Ausland abgesetzt haben und später bei einem Zugunglück umgekommen sein. Jedenfalls hat man nie wieder was von ihm gehört. Bruder, Schwester und Mutter führten ein karges Dasein in den Wirren der zwanziger Jahre. Aus dieser Armut heraus starb die Mutter früh. Ein Leben unter dem royalistisch geprägten Onkel und Offizier a.D., kam für Vater nicht in Betracht. Mit 14 traf er mittellos, aber bewaffnet mit einem Kämpferherzen, in Berlin ein. Vielleicht wäre er sogar Kommunist geworden, wenn er auf solche gestoßen wäre. Nur eine Neutralität konnte sich einer wie er nicht leisten. Er traf Braunhemdenträger und mit ihnen eine mitreißende Bande. In Schutz des Rudels schlägt man sich leichter durch die unsicheren Zeiten in Berlin, so Vater. Bald ging es für ihn und seine Kameraden bergauf. Nicht mehr hungern müssen, war klares Signal für die richtige Richtung. Der Wille, nie wieder zu hungern, sein passendes Aussehen und die Wirkung von Uniformen katapultierten ihn förmlich in die Obhut der "Bewegung". Es begann die beste Zeit seines Lebens und ich muss ihm das glauben. Bei allem, was Männer, wie er, taten und wussten. Lebenserinnerungen sind subjektiv und können nur eine Person betreffen. Immer versuche ich seinen langen Weg zu sehen und zu verstehen. Der Anhalter Bahnhof mit knurrenden Magen, die erste Uniform, die harte Ausbildung beim Militär, die Mädchen die sich bald für ihn interessierten, in Lokalitäten, wie der blauen Maus und dem Admiralspalast. >Ach Junge, dieses Berlin verfügte damals über ein erotisches Getriebe von dem ich keine Ahnung hatte. Da gab es Theater, Varietés, Kabaretts, Tanzrevuen und vor große Kinos. Da habe ich dann diesen Film gesehen, Metropolis, hieß der Schinken. Der hat mich schwer beeindruckt und ich wusste soweit darf es nicht kommen. Die jungen Mädchen waren wie Bonbons, in glänzender Verpackung präsentiert. Schmetterlinge, flüchtig und leicht, von denen ein strahlen ausging. Viele von uns lebten doch nach der Devise: Friss das Leben, oder es frisst dich! Es mag falsch sein, aber fühlte sich damals richtig an. Für mich galt das besonders, mein Junge!

      Er wollte unbedingt in die Luft, zu den Fallschirmjägern. Als geeigneter Freiwilliger musste er unbedingt dabei sein. Der Niemand wird Soldat und hebt ab in den Himmel, zieht auf staubigen Straßen und durch klirrende Frostnächte zu weiten Horizonten. Auch Greta, die schöne Schwester, ging ihren Weg in die richtige Richtung. Erst wurde sie Sekretärin und dann zusätzlich Geliebte eines Offiziers der ein Lager befehligte. An dieser Stelle macht es Sinn den Werdegang meiner Mutter einzubeziehen: Ihr Vater, also wieder ein Opa von mir, hat sich aus den Schützengräbern des ersten Weltkrieges, mit einem Viertel seiner Lunge, nach Hause geschleppt. Dort brachte er es fertig ein Kind zu zeugen, um wenige Jahre später, sang und klanglos, wieder in einem Grab zu verschwinden. Mutter sprach gerne über ihre Erinnerungen an die schönen Sommer mit den weißen Segelbooten auf der Müritzer Seenplatte und fühlte sich seither aus dem Paradies vertrieben. Das große Rauschen in den späten 30zigern konnte die Sinne trüben. Mit den Fahnen, Uniformen, Paraden und diesem unendlichen Jubel, bis in die Köpfe der Menschen. In den warmen Wogen eines Seenplatten Sommers hat sie ihre erste Liebe erlebt. Nach der Machtergreifung explodierten die Aktivitäten in der Luftfahrt Erprobungsstelle Rechlin. Aus dem ganzen Reich kamen Techniker, Ingenieure und Piloten. Auch meine zukünftige Mutter bekam Arbeit in der Gruppe-Nord auf dem großen Areal.

      In der Gruppe-Süd bastelten und erprobten viele charismatische Männer an neuartigen Vögeln aus Eisen. Im Sommer 39 hob das erste, von Raketen getriebene, Flugzeug ab. Ein schneidiger Flieger war er und mutig muss er auch gewesen sein, sonst war man nicht Testpilot in einer Erprobungsstelle der Luftwaffe. Dabei zu sein, sei so spannend und zukunftsweisend, sagte er öfter zu ihr. Er kam mit dem Wirbel in die Versuchsanstalt gespült, die der Auftritt von Hitler und Göring verursachte. Stundenlang donnerten die verschiedensten Flugzeugtypen über das Gelände, direkt neben dem See, in dem viele Prototypen versanken. In diesem Sommer lagen sie auf sonnenbeschienenen Segelbooten, trieben im Wind die Seenplatte entlang und sprachen von der Zukunft großer Aussichten. Aber bereits zu Beginn des Krieges, den man später den zweiten Weltkrieg nennen wird, wurde er abkommandiert um Blitze aus Wolken zu werfen. Ein Flieger Ass, dass schon im Herbst desselben Jahres mit seiner Maschine, über dem englischen Kanal, verschollen blieb. Für Führer, Volk und Vaterland. Als mein Vater in Rechlin auftauchte, man hatte ihn zum Testen von neuartigen Fallschirmtypen abkommandiert, war das Flieger Ass schon abgetaucht. Zu jener Zeit war am Wochenende die blauen Maus, eine Dorfkneipe, brechend voll mit Soldaten und den jungen Mädchen des Dorfes. Hier werden sie sich eines Tages über den Weg gelaufen sein. Meine zukünftige Mutter feierte um zu vergessen, mein zukünftiger Vater feierte, weil es Wein, Weib und Gesang gab.

      Außer einen gemeinsamen Ausflug an die Ostsee, haben die beiden nichts miteinander unternommen. Er ging zu diversen Fronteinsätzen und sie sah auf dem Flugplatz Menschen und Maschinen, kommen und gehen. Erst Jahre später, unter schlechteren Umständen, war die Zeit reif für die beiden. Ab Mai 44 kamen die ersten amerikanischen Bomber geflogen und entluden sich über dem Testgelände. Im April 45 kam der Betrieb völlig zum Erliegen und Mutter setzte sich befehlsgemäß, mit anderen Mädchen westwärts ab.

      In einem Lazarett, wohin sie dienstverpflichtet wurde, traf sie, schicksalhaft, wieder auf meinen Vater.

      Der Fallschirmspringer, reiste

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