Sitten, Strolche & Strategen. J. J. Juhnke

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Sitten, Strolche & Strategen - J. J. Juhnke страница 18

Автор:
Серия:
Издательство:
Sitten, Strolche & Strategen - J. J. Juhnke

Скачать книгу

für Brandos Bude zu begeistern und versprachen ihr Mögliches und Unmögliches. Rosi hielten wir für am leichtesten einzufangen. Von Uschis Talenten erzählte ich kein Wort und außerdem war sie außer Gefecht gesetzt. Rosi war doch schon läufig, nur wusste sie es nicht. Da wollten wir unbedingt nachhelfen, bevor sie sich von anderen aufreißen lassen würde. Aber dann schickte "Eisen Erich", unser siebzigjähriger Klassenlehrer, gleich nachdem er den Klassenraum betreten hatte und man, wie immer, eine Stecknadel fallen hören konnte, uns zum Staffel Führer in den ersten Stock. Der erste Stock war keine gute Adresse, für den Sohn vom Barbesitzer, den Sohn vom Bürgermeister und den Sohn vom Zöllner. Nachdem er uns eine Ewigkeit im Vorzimmer schmoren ließ, brüllte Riester ein wirklich deutsches >reinkommen! Das lange Warten war nicht schlimm gewesen, derweil uns Gento den Besuch seiner Cousine in den Sommerferien ankündigen konnte. Es waren strategische Überlegungen gefragt, denn diesmal war sie fällig! Ansonsten wäre ihre Anwesenheit in diesen Wochen zu einer Unerträglichkeit eskaliert. Wenn sie, nach verstärktem befummeln im letzten Sommer, sich hier wiedersehen lässt: dann weiß auch sie, was passieren muss! Wir betraten den Verhörraum und stellten uns vor seinem gewaltigen Eichenholz Schreibtisch auf. Jeder von uns wusste, dass dieses Monster ein Erbstück war. Vom ersten Weltkrieg Kampfpiloten, dem Stuka Vater. Insgesamt umgab uns eine düstere Eichenholz Landschaft.

      Der Direktor blieb entspannt hinter dem dunklen Stück Holz stehen. Aber in Denkerhaltung, wie er wohl dachte. Er hatte seine "Fliegerbrille" (wir mussten sie einfach so nennen) auf, was kein Signal von Entwarnung darstellte. Sich räuspernd, wie es vermutlich nur große Staatsmänner hinbekommen, ging er zum Fenster. Hinter dem Glas stehend, in die endlose Weite des Himmels sehend, sprach er uns Kinder von Vätern an: >Schüler dieser Schule, für die ich verantwortlich bin. Schüler dieser Zeiten, für die ich nicht verantwortlich bin! Wie ihr wisst, kenne ich eure Väter genügend, um großen Respekt vor ihnen zu haben<.

      Dabei fiel mir sofort das Ende vom letzten Trinkgelage ein. Ein Ausflug der Veteranen mit der zweispännigen Kutsche vom Kapitän, zu einer schrägen Kneipe, direkt hinterm alten Flutdeich. Da war es wieder von Vorteil, dass Blondi und Wolf ihren Weg zur Domäne alleine finden konnten. Der Skipper hing am Kutschbock seitlich raus, sichtlich betäubt von Fahrtwind. Ansonsten lag nur noch ein Kamerad am Boden der Sitzbank, andere sind vorher abgestiegen, oder rausgefallen. Wir konnten beim Abfahren der Strecke Kolonialwarenhändler Ohmstedt einsammeln und reaktivieren. Der Rest vom Einsatzkommando blieb aber verschwunden. Der Seemann war nicht fürs Leben an Land bestimmt, das wusste jeder der ihn kannte und er selbst wusste das auch. Vieles verstand er nicht und blieb gegenüber den Regeln auf See, unklar. Ausschließlich allerdings "das weibliche Geschlecht", da verfügte er über einen enormen Erfahrungsschatz und berichtete gern aus diesem. Der Schnaps den der Kapitän von seinen Reisen mitbrachte war Spitzenklasse, sehr begehrt und exotisch. Deswegen (und wegen der Menge) holte Vater den Kapitän gerne selbst von Bord ab und fuhr ihn aus dem Hafen. Vater wurde am Kontrollpunkt immer durch gewunken. Eine Art selbstverständlicher Diplomatenstatus, wirklich sehr vorteilhaft. Schnaps verhalf den Männern dort zu sein, wo sie noch immer mit dem Herzen zuhause waren. Für ein paar Stunden. Mit Kameraden, die auch einen Feuersturm überlebt haben und ihre Erinnerungen sprechen lassen wollten. Ob es eine alte Baumallee in Ostpreußen war, die Winter in Schlesien, oder eine verschollene Braut in Bessarabien. Am Ende führt es immer zu dieser Art von Betäubung der Wunden, die nicht heilen konnten. Aber bei nächster Gelegenheit werden sie es wieder versuchen. Dieses gemeinsame ertränken von Trauer über etwas unersetzliches. Erst Jahre später habe ich gelernt es besser zu verstehen. In der unzweckmäßigen Uniform eines Zivilisten ging der Direktor jetzt weiter ins Detail: >Ihr könnt euch vorstellen warum ihr hier vor mir steht, aber ich bin nicht gewillt darauf weiter einzugehen. Aus gegebenem Anlass möchte ich euch heute von den Hottentotten in Südwest Afrika erzählten, denen unsere Truppen begegneten, als Deutschland in der Welt noch was galt, noch was zu sagen hatte<. Dann begann die schauderhafte Darstellung über Sitten, Kultur und Gebräuche dieses Eingeborenen Stammes. Riester gab sich sogar Mühe ihre Fruchtbarkeitsrituale bildhaft zu erklären. Alle Versuche einer Kultivierung durch unsere überlegenen Rasse, selbst mit Feuer und Schwert, scheiterten an der Uneinsichtigkeit dieser Wilden. Ganz abgesehen vom fehlenden Verständnis für das Christentum. Kurz gesagt: Arbeitsscheu, unzuverlässig, verlogen und mit regellosem, ungezügelten Sexualverhalten, verbunden mit fehlender Hygiene ihrer Körper. Ordnung und Disziplin kämen nur in niedrigsten Formen vor. Schon das Mittelalter wäre für Hottentotten ein Quantensprung in die Zukunft. Dann musste er unbedingt noch den Aufstand der Herero Stämme in Deutsch – Südwest, gegen die Segnungen des Fortschritts, erwähnen. 100 deutsche Soldaten und Farmer fanden den Tod bei den Angriffen auf Farmen und Stationen. Die Hereros waren entschieden gegen den Bau der Windhuk Eisenbahn. Gegen jede Vernunft, gegen jeden Fortschritt. So kam er zur finalen Einschätzung unseres Geschichtslehrers: >Bei den Wilden könnte man meinen, seit man versucht sie zu zivilisieren, vergrößern sich ihre Schwierigkeiten ständig. Bis es alles wieder nur in Despotismus endet. Das muss nicht automatisch für die Verwandten gelten, die in den USA leben. Die haben immerhin schon 300 Jahre Kontakt mit der Zivilisation, < gab Stuka aber noch zu. Er habe große Bedenken, das Rock 'n Roll und Beatmusik, die Sitten zu uns tragen, welche wir den Wilden nicht abgewöhnen konnten. Sozusagen späte Rache aus dem Dschungel. Der Direktor endete in flehender Andacht: >Also, meine Herren, wir wollen doch nicht zulassen, von "so etwas" überschwemmt zu werden. Derartige Zustände sich im Lande der Dichter und Denker breit machen. Denkt drüber nach und fragt bei Bedarf die Väter. Jetzt von mir noch etwas persönliches für euren "Reisesack des Lebens": Jeder Mensch wird dich verraten, aber ein Freund, oder Kamerad, erst als letzter, damit das klar ist, meine Herren. Und dann noch eine, zusätzliche, wichtige Erkenntnis: Frauen sind lebensgefährliche Wesen, mit angeborenen Talenten und hervorragender Bewaffnung. Sollte man sich merken. Merkt euch das und haltet euch daran! Wenn ihr durch die Tür geht ist das Thema vom Tisch. Haben wir uns verstanden? Es folgte ein eindeutiges >Jawoll<, aus unseren Kehlen. >Ach, übrigens: Hat der Kapitän dieses Boot nun gekauft? Ja, hat er, in den Sommerferien beginnt der Umbau<, entgegnete Brando.

      >Sagt ihm, ich sehe es mir bald an. Wegtreten und grüßt mir die Kameraden. < Der Direktor setzte sich hinter sein Schreibtisch Monster und öffnete eine wertvolle Zigarrenkiste. Dann nahm er vorsichtig eine "Qualitätsarbeit" heraus, roch dran und schloss die Augen. Äußerlich und innerlich der Show genüge getan schlichen wir aus dem Kommandostand. Schwangen uns auf die Mofas und fuhren in den Wald, hinter der Schule. Für eine gute amerikanische Zigarette und Brandos Flachmann. Nach dem ersten Rauch Ausblasungen begann Gento unsere ungewohnte Stimmung zu durchbrechen. >Was zum Teufel haben wir mit den Hottentotten zu tun? Brando meinte, >mein Vater sagt, es gehe in seinen Läden manchmal zu, wie bei den Hottentotten. Dann wäre ich gerne ein Hottentotte, denn in deines Vaters Läden gibt man dafür viel Geld aus<, gab Gento zu bedenken. >Weiß nicht<, sagt ich spontan. >Mein Vater sagt manchmal: es kämen bald wieder Schiffe von den Hottentotten in den Hafen und man müsse Schiff und Mannschaft besonders observieren. Meine Mutter behauptet allerdings wir seien vor ein paar tausend Jahren kaum anders gewesen, als die Ur-Einwohner, überall auf der Welt. Wenigstens konnten die keine Atombomben bauen, haben die Modesaison nicht erfunden und kannten keinen Alkohol. Außerdem glaube ich, dass einige seiner alten Kameraden schon bei den Hottentotten gewesen sind. Es handelt sich wohl um koloniale Rassen von denen es eine Menge in anderen Winkeln der Welt gibt, hat Runen-Rudi erzählt. Der müsste es eigentlich wissen, er hätte für das größte Reisebüro der Weltgeschichte gearbeitet, sagt er. Ich wäre damals jedenfalls nicht so von allen guten Geistern verlassen gewesen und hätte mich für Stukas Kisten ausbilden lassen.

      Soviel Flugbenzin kann meinen Verstand gar nicht vernebeln<, meinte Gento. >Ach komm Gento<, sagte Brando lachend. >Wenn Pussy Galore deine Fluglehrerin sein würde, mit ihren blonden Champagner Mädchen am Rollfeld – dann hättest du auf James Bond gemacht und wahrscheinlich sogar den Goldfinger laufen lassen. Muss man vor Ort prüfen<, sagte Gento cool. >Wenigstens hätte ich fair mit Goldfinger geteilt. Er das Gold und ich die Mädchen. Die schafft der dicke Fröbe sowieso nicht, aber ich schon<, sagte Gento mit vollster Überzeugung. >Unsere dummen Hühner laufen brav jeden Donnerstag zum Kiosk, um brav die neueste Bravo zu kaufen und dem Schleimer Dr. Sommer sein Geschwätz abzukaufen. Entjungfern tut der die nicht.

Скачать книгу