Von keltischer Götterdämmerung. Die Kelten-Saga. Band 1-3: Anation - Wodans Lebenshauch / Völva - Wodans Seherinnen / Brictom - Wodans Götterlied. Die komplette Saga in einem Bundle. Astrid Rauner
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Das Flüstern der Bäume hatte an Kraft gewonnen, sodass es Aigonn fast schien, als trage der Wind Stimmen mit sich. Der erste Geruch von Vieh, von Pferden, hing in der Luft – so früh, dass Aigonn sich wunderte, warum man die Weiden in solche Waldesnähe verlegt hatte.
„Wie viel Wahrheit werden wir deinen Leuten erzählen?“
Aigonn sah zu Anation hinab. „Das weiß ich noch nicht. Der Moment wird es entscheiden. Wir müssen versuchen, Rowilan dazu zu bringen, dass er uns die ganze Geschichte erzählt und sie eingesteht. Sonst haben wir gegen die Leute keine Chance.“
„Wie meinst du das?“
„Ich meine ihre Engstirnigkeit. Das ganze Dorf hält mich für einen übersinnlich begabten Wahnsinnigen, der wahllos mit seinen Fähigkeiten herumexperimentiert. Und du? Du bist ein Menschenopfer, das von den Toten auferstanden ist. Viel mehr sehen sie nicht in dir, und das werden auch deine guten Absichten nicht ändern. Die Mehrheit ist das Gericht, das das Urteil fällen wird, nicht die Wahrheit. Wenn wir keine schlüssigen Beweise liefern können, kämpfen wir auf einem entsetzlich verlorenen Posten.“
Anation presste missmutig die Lippen aufeinander. Aigonn erschien es immer mehr, als hätte sie ihre und seine Lage ein Stück weit verkannt, was ihn nicht mutiger stimmte. Seine Stimme klang nicht annähernd so überzeugend, wie er wollte, als er von seinem vorher bedachten Vorschlag berichtete: „Wir, also ich, kann höchstens versuchen, die Streitfrage durch die Götter richten zu lassen. Es ist nicht der sicherste Schritt, der zu gehen möglich ist, aber im …“
„Warte!“ Auf einmal fasste Anation Aigonn bei der Schulter. Sie war so abrupt stehen geblieben, dass er einen Schritt zurück machen musste, während er die Stirn in Falten legte. „Was ist denn?“, hakte Aigonn nach. Die junge Frau aber gemahnte ihn nur zur Ruhe und deutete statt einer Antwort mit dem Finger an einem Dornenstrauch vorbei.
„Sind das eure Leute?“ Ihre Stimme war zu einem Flüstern herabgesunken. Aigonn musste sich ein Stück zur Seite beugen, um zwischen dem Blätterwerk hindurchsehen zu können. Als er aber vorsichtig einen Ast beiseite geschoben hatte, schnürte sich ihm die Kehle zu.
Eine Gruppe Männer hatte im Schutz des Strauchwerkes Deckung bezogen, wie viele konnte Aigonn nicht sagen. Er sah ihre Pferde unweit entfernt neben einer umgestürzten Buche von der Krautschicht grasen, während die Männer leise Anweisungen austauschten. Ihre Haare waren fast alle auf eine einheitliche Länge gestutzt. Wer keinen Helm trug, hatte sie sich mit Kalkwasser zu einer stacheligen Frisur nach hinten gekämmt, die im Nacken so hart wurde, dass sie einen gestreiften Schwertschlag würde abhalten können. Nicht alle von ihnen trugen Schwerter an den Gürteln, doch jeder war mit mindestens einer Lanze bewaffnet. Lederbespannte Schilder lehnten neben den Pferden. Doch was Aigonn an der Szene am meisten beunruhigte, waren mit Waidblau gemalte Eichenblätter, die zwischen heiligen Symbolen und Spiralen ihre nackten Oberkörper schmückten.
„Sie mögen von allen Göttern verflucht sein!“ Aigonn machte zwei Schritte rückwärts und fasste Anation dabei am Arm, um sie mit sich zu ziehen. Diese fragte im Flüsterton:
„Was ist? Wer sind diese Leute?“
„Eichenkrieger. Diejenigen, vor denen du uns gerettet hast, als du in diese Welt zurückgekehrt bist.“
Auf einmal wandte einer der Männer seinen Kopf in ihre Richtung. Aigonn schnellte ins Dickicht, so leise wie möglich, doch das verräterische Knacken einiger Äste erschien selbst ihm wie ein Donnerschlag durch den Wald zu hallen. Für einen Moment wagte weder er noch Anation zu atmen. Er hörte die Eichenmänner einige Worte wechseln, die er nicht verstehen konnte. Schritte näherten sich ihnen. Schon nach kurzer Zeit aber kehrten sie um und verklangen auf einem von Sträuchern unbedeckten Stück Boden.
Erleichtert atmete Aigonn aus. Eine kurze Zeit lauschte er in das Dickicht, um sicher zu gehen, dass sie genügend Abstand gewonnen hatten, dann flüsterte er Anation zu: „Die sind bestimmt nicht alleine hier. Das kann nichts Gutes heißen. Wenn sie über die Späher von ihrem toten Stammesgenossen in unserer Siedlung erfahren haben, werden sie das Dorf bis zum Abend in Schutt und Asche legen!“
Entsetzt blickte Anation auf: „Habt ihr denn keine Krieger mehr? Es muss doch in dieser Nähe andere Siedlungen von eurem Stamm geben?“
„Gibt es, ja.“ Aigonn grinste witzlos. „Wir brauchen einen Tag, um sie zu erreichen. Die Krieger, die ihnen geblieben sind, könnten unserer Seite bis zur späten Nacht hin einen geringen Vorteil verschaffen – sollten wir solange ausharren. Behlenos hat die verbliebenen Männer nach der Schlacht heimgeschickt und zunächst sämtliche Späherposten abgezogen, damit sie die Siedlung vor Ort schützen können. Hätte er dies unterlassen, wären die Eichenleute uns nie so nahe gekommen. Doch es ist ja egal. Selbst wenn wir die anderen Krieger erreichen können, bleiben uns die Eichenleute mehr als überlegen. Daran lässt sich nichts ändern.“
„Heißt das, jetzt ist alles verloren?“ Anation war fassungslos. Aus ihren Augen konnte Aigonn dieselbe Bestürzung lesen, die auch er empfunden hatte, als Behlenos von seinen Verteidigungsstrategien berichtet hatte. Ihr Fürst war kein Mann des Krieges, das wusste Aigonn schon lange. Doch niemals zuvor hatte er das Resultat seines Fehlers, sich einzig und allein auf verstreute, übernächtigte Späher zu verlassen, so plastisch vor Augen gesehen.
Der Druck, keinen Laut von sich zu geben, zwang Aigonn regelrecht dazu, auf seinen Lippen zu kauen, während er angestrengt durch das Dickicht spähte. Viel tat sich nicht. Die Krieger schienen von anderer Stelle auf neue Befehle zu warten und vertrieben sich bis dahin die Zeit.
Erst, als er Blut im Mund schmeckte, flüsterte Aigonn: „Unser einziger Vorteil ist die Wehranlage. Wenn sie noch länger auf Anweisungen warten, bleibt uns vielleicht genügend Zeit, die Siedlung zu warnen.“
„Und wenn diese Männer nur Kundschafter sind?“
Aigonn zog zweifelnd eine Braue in die Höhe. „Schwer bewaffnet? Mit den heiligen Zeichen ihrer Ahnen bemalt und gesegnet? Ganz bestimmt nicht.“
Damit gab Anation ihre letzte Hoffnung auf. Sie wartete, bis Aigonn nach allen Seiten Ausschau gehalten hatte. Dann berührte er sie sacht am Arm und tastete sich rückwärts durch das Dickicht, immer die Krieger im Auge. Sein Herz schien seinen Schädel zum Zerplatzen zu bringen. Er wagte kaum, Atem zu holen, tastete sich mit einer fast unerträglichen Langsamkeit rückwärts, während er das Blut in den Ohren pochen hörte.
Vier Schritte, dann würde eine Wand aus Sträuchern schützende Deckung bieten. Einer der Eichenkrieger hatte munter die Stimme erhoben, während er blind in die Richtung der beiden Flüchtigen lief. Drei Schritte. Äste knackten unter seinen Füßen. Noch hatte er den Blick nach hinten gewandt, war mit einem der Krieger in ein Gespräch vertieft, während er eine große Farnpflanze niedertrat. Zwei Schritte. Ein niedriger Brombeerstrauch versperrte dem Eichenmann den Weg. Unwirsch wandte er sein Gesicht nach vorn, befreite ein Lederband seines Gürtels aus den Dornen, sah sich nach beiden Seiten um, prüfte, ob der Ort seinen Ansprüchen gerecht wurde.
Ein Schritt. Dann knackte es. Aigonn schien es, als würde sein Herz aufhören zu schlagen, als der Eichenmann ruckartig aufsah. Es dauerte keinen Herzschlag, ein schriller Schrei gellte durch den Wald. Dann blieb ihm keine Zeit mehr, um nachzudenken.
Aigonn hetzte los. Er konnte Anation gerade noch am Arm packen, als dieser beinahe der Sprung über eine Erdgrube misslungen wäre. Wie von allen Dämonen seiner Welt verfolgt, jagte