Der Geheimbund der 45. Bernhard Wucherer

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Der Geheimbund der 45 - Bernhard Wucherer

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meinst du das?«, mochte hingegen Hulda, eine der Schwestern des neuen Familienoberhauptes wissen.

      »Na ja«, antwortete ihr ältester Bruder. »Drei, vier, fünf … fünfzehn!«

      »Ich habe dir gerade gesagt, dass du dich nicht versündigen sollst!«, schrie ihn die Mutter an und verpasste ihm eine schallende Ohrfeige, bevor sie erneut das Kreuz schlug und aufstand, um vor dem kleinen Hausaltar für das Seelenheil ihres Sohnes und für die anderen Familienmitglieder zu beten.

      Trauer in der Burg derer von Veringen

      Altshausen – Anno Domini 1065

      Die magische Zahl II

      Kapitel 3

      Das Amulett war im Besitz des Grafen Wolfrad von Altshausen verblieben. Bis zum unseligen Jahr 1065 war es zu einigen familiären Problemen und äußerst merkwürdigen Unglücken gekommen, die im überraschenden Tod des bis dahin vermeintlich kerngesunden Grafen gegipfelt hatten. Zuvor hatte es aber auch noch andere unerklärliche Geschehnisse gegeben. So war bis zum Tod des Grafen gleich mehrmals in der Burg Altshausen eingebrochen und alles durchwühlt worden. Dabei hatte ein Leibdiener des Grafen den Tod gefunden. Weil man ihn mit durchgeschnittener Kehle im Schlafzimmer seines Herrn aufgefunden hatte, waren alle davon ausgegangen, dass er den Grafen hatte schützen wollen und sich todesmutig vor den Einbrecher gestellt hatte.

      Bei seinen Einbrüchen war der Täter raffiniert vorgegangen und hatte immer dann zugeschlagen, wenn der nunmehr allein lebende Graf verreist war. Dies hatte vermuten lassen, dass der Einbrecher Kenntnis über die Reisepläne des Adeligen gehabt hatte. Es musste im engsten Umfeld des Grafen einen Verräter geben oder der Einbrecher war einige Zeit am Hof gewesen und hatte das Verhalten des Hausherrn studiert.

      Aber auch dies war lediglich reine Spekulation gewesen. Sicher war nur, dass irgendjemand irgendetwas gesucht … und augenscheinlich nicht gefunden hatte. Denn bei sorgfältiger Überprüfung nach jedem Einbruch war stets festgestellt worden, dass rein gar nichts gefehlt hatte; weder das Tafelsilber noch der Schmuck der bereits vor dreizehn Jahren verstorbenen Gräfin, geschweige denn wertvolles Interieur, Kunstwerke oder sonst etwas. Und um die schwere Geldschatulle des Grafen wegzuschleppen, hätte es mehrerer Männer bedurft. Außerdem war diese so gut versteckt, dass sie von niemandem hatte gefunden werden können.

      Was also in Herrgotts Namen war für den Einbrecher so wichtig gewesen, dass er einen wehrlosen alten Diener umgebracht und immer wieder das Risiko auf sich genommen hatte, auf frischer Tat ertappt zu werden? Was dies für ihn bedeutet hätte, wäre allen Untertanen des Grafen klar gewesen. Deswegen lag die Vermutung fern, dass es einer der ihren gewesen war. Umso mehr hatte den Burgherrn interessiert, wer die unheimliche Gestalt war, die offensichtlich keinen Respekt vor den hiesigen Gesetzen hatte. Aus diesem Grund, und um den Tod seines Leibdieners zu sühnen, hatte er alles in Bewegung gesetzt, um den Einbrecher auf frischer Tat zu erwischen. Aber trotz der Verdoppelung seiner Wachen und etlicher anderer Vorsichtsmaßnahmen war ihm dies bis zu seinem eigenen Tod nicht gelungen.

      *

      Wegen dieser Vorfälle war die Familie des toten Grafen Wolfrad lange Zeit vor einem Rätsel gestanden. Aber Manegold I., das neue Familienoberhaupt derer von Altshausen, hatte andere Sorgen gehabt; die Beerdigung seines verstorbenen Bruders hatte ebenso vorbereitet werden müssen wie die Neuregelungen der Grafschaft Altshausen-Veringen und der Herrschaft Trauchburg. Bevor Manegold das Erbe seines Bruders ordentlich hatte übernehmen können, hatte Wolfrad sieben Tage lang aufgebahrt werden müssen, was in der Kälte des Winters problemlos ohne allzu große Geruchsentfaltung machbar gewesen war. Während dieser Zeit hatten diejenigen, die ihm am offenen Sarg die letzte Ehre erwiesen hatten, die Gelegenheit gehabt, Einwände gegen die von Wolfrad gewünschte Erbfolge vorzubringen – immerhin war der Erbe kein leiblicher Sohn des Grafen, sondern nur dessen leiblicher Bruder. Da konnten Begehrlichkeiten von Seiten anderer Familienmitglieder aufkommen.

      Obwohl solch familiäre Dinge bisher immer friedlich hatten geklärt werden können, war Vorsicht geboten. In der Burg Altshausen war das »Vetorecht« am offenen Sarg eines verstorbenen Herrschers von jeher eine ebenso genau reglementierte Tradition gewesen wie die Art und Weise der Aufbahrung. Zu dieser hatte schon immer gehört, dass der Verstorbene die schwergliedrige Kette mit dem kunstvoll emaillierten Familienwappen um den Hals trug, die er zu Lebzeiten nur bei besonders wichtigen und großen Anlässen präsentiert hatte. Dem verstorbenen Regenten diese Kette umzulegen, war eine der vornehmlichen Aufgaben des designierten Nachfolgers gewesen, ebenso sie ihm kurz vor der Einsargung wieder abzunehmen, um sie für kommende Generationen verwahren und zu gegebener Zeit an sie weitergeben zu können.

      »Ach, Bruder!«, hatte Manegold trotz der Freude über das auf ihn zukommende Erbe geseufzt, als er seinem Vorgänger in Amt und Würde die Wappenkette umgelegt hatte. Zuvor hatte er seinem Bruder das Amulett abnehmen müssen, das ihm anlässlich der Kirchenweihe in villa Ysinensi vom Konstanzer Bischof überreicht worden war.

      Manegold erinnerte sich noch daran, dass Wolfrad dieses Amulett so lange als wertlos eingestuft hatte, bis ihm sein in Arithmetik und Astronomie erfahrener Sohn Hermann die geheimnisvolle Welt der Zahlen erschlossen hatte, die auf dem Revers des Amuletts zu sehen waren. Und nicht nur das; der kluge und belesene Reichenauer Benediktinermönch hatte auch die Symbolik auf dem Avers des Amuletts zu deuten gewusst. »Laut den Abbildungen und Aufzeichnungen eines alten Buches aus einem fernen Land namens China könnte es sich bei der Darstellung der Leiche in der Mitte des Amuletts um einen verstorbenen ›Huang‹, eine Art ›erhabenen Gottkönig‹ handeln!«, hatte er gesagt und dazu ergänzt, dass die zu beiden Seiten des Toten abgebildeten menschlichen Innereien darauf hindeuten könnten, dass man dem König die lebenswichtigen Organe entnommen hatte, um ihn für die Unendlichkeit einbalsamieren zu können. Nachdem er dies gesagt hatte, waren Manegold und die anderen Zuhörer derart entsetzt gewesen, dass sie allesamt das Kreuz geschlagen hatten und ihm nicht mehr hatten zuhören wollen. Aber Hermann war stur geblieben und hatte das Auditorium, das um ihn herum versammelt gewesen war, weiter aufgeklärt: »In China wurden schon vor dreitausend Jahren Leichenöffnungen vorgenommen, einerseits zum Zwecke der Wissenschaft. Andererseits …«, bevor er weitergesprochen hatte, war von ihm das Amulett so hochgehalten worden, dass es alle hatten sehen können, »… ist dies auch geschehen, um die Erinnerung an bedeutende Menschen für Jahrhunderte oder sogar über Tausende von Jahren hinweg aufrechtzuerhalten. Dabei spielte die Religion schon immer eine wichtige Rolle. Die Abbildungen auf beiden Seiten dieses Amuletts sollen den Betrachtern wohl sagen, dass sie sich ebenfalls der Verbreitung wissenschaftlichen Gedankengutes und dessen Umsetzung zuwenden sollen«

      Als wenn es nicht schon still genug im Wappensaal des Altshausener Schlosses gewesen wäre, warnte Hermann seine Zuhörerschaft davor, die Kraft des Amuletts zu unterschätzen. »… denn dort, wo dieses ›Magische Amulett‹ ist, lauert der Tod! Es wird wohl das Beste sein, wenn niemand weiß, wo es sich befindet! Es aber leichtsinnig irgendwo zu vergraben oder auf eine andere Art loszuwerden, würde noch mehr Unheil über den Besitzer und seine Familie bringen!« Er räusperte sich und beendete seinen kurzen Vortrag mit den Worten: »Es ist wie ein böser Fluch!«

      Von da an hatten Hermanns Zuhörer gewusst, dass sie ihre Familien auch über die kommenden Generationen hinweg vor diesem Amulett warnen mussten. Wolfrad selbst hatte es bis zu seinem Tod Tag und Nacht an einem Lederriemen um seinen Hals getragen. »Damit es nicht in falsche Hände gerät und somit kein Unheil mehr angerichtet werden kann!«, hatte er in Erinnerung an die grausamen Morde am Ortsvorsteher von villa Ysinensi und an seinem Leibdiener gesagt, bevor er mit einem gequälten Lächeln ergänzt hatte, dass derjenige, der ihm das Amulett abnehmen wolle, ihn umbringen müsse.

      Auf Nachfrage hatte Hermann seiner Familie auch die Mythologie und die Symbolik der Zahlen Eins bis Neun, die innerhalb des »Magischen Quadrates« auf der Rückseite zu

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