Der Geheimbund der 45. Bernhard Wucherer

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Der Geheimbund der 45 - Bernhard Wucherer

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Handwerkern aller Gewerke dafür, dass bis zur feierlichen Weihe und zur von Papst Urban II. gesegneten Amtseinführung des Abtes, der für seine Gottesfurcht bekannt war und selbst dem Geschlecht der Grafen von Veringen entstammte, alles nach Plan verlief.

      Kapitel 5

      Die Gründung und die Einweihung des neuen Benediktinerklosters in Ysinensi waren auf Wunsch des neu eingesetzten Abtes Manegold weitaus bescheidener ausgefallen als die Weihe der ersten Kirche vor nunmehr vierundfünfzig Jahren. Die Übernahme der Klosteranlage durch Benediktinermönche aus Altshausen, vornehmlich aber aus Hirsau, war gemäß den Regeln des kontemplativ ausgerichteten Ordens nach vorne gerichtet und nicht auf eine schnell vergängliche Völlerei reduziert. Denn jeder der Mönche musste im Laufe seines Ordenslebens mit »Ora et labora et lege« drei Gelübde ablegen, an die er sich stets zu halten hatte. Bete und arbeite und lies! Diese drei Vorgaben ließen wenig Zeit für profane Dinge. Anstatt die gelungene Klostergründung und den einzugsfertigen Klosterbau tagelang zu feiern, legten die Mönche innerhalb ihrer Mauern weitläufige Gärten an. Dazu sollte auch ein Kräutergarten nach der »capitularis de villis vel curtis imperii« gehören, der überlieferten »Landgüterverordnung« von Karl dem Großen höchstpersönlich.

      Trotz der gottgefälligen Klosterübergabe hatte Manegold I. Graf von Altshausen-Veringen die Gelegenheit genutzt, dem Mair Hannes Eberz in einem eigenen kleinen Festakt den Titel »Herr« zu übertragen. Denn aus dem Sohn des Schwarzfischers und Wilddiebs war längst ein hoch angesehener Mann geworden, der sich durch seine herzliche und verbindende Art sowie durch seine ständig an den Tag gelegte Klugheit und Weitsicht den Respekt seines Grundherrn verdient hatte. Ihm war keine Arbeit zu viel, wenn es um die Belange seines geliebten Heimatdorfes und des Klosters ging. Um Ysinensi in eine gute Zukunft zu bringen, ließ er sich vom Klosterscholaster sogar Schreiben, Lesen und Rechnen beibringen. Außer dem Medicus, den es in Ysinensi mittlerweile gab, und dem Pfarrer war er außerhalb des Klosters der Einzige, der diese Künste bald beherrschen würde.

      Der »Herr Dorfvorsteher«, wie Hannes Eberz mehr und mehr bezeichnet wurde, seine Dörfler, Abt Manegold und seine Mönche taten alles, um nicht nur das Kloster, sondern auch das Dorf weiter nach vorne zu bringen – ein fürwahr schwieriges Unterfangen für beide Seiten. Dennoch siedelten sich immer mehr Handwerker an, aber auch neu hinzugezogene Kaufleute sorgten dafür, dass die hier produzierten Waren den Weg in immer fernere Länder fanden. Von dort brachten die Händler orientalische Gewürze, Seidenstoffe und allerlei mehr oder weniger wichtigen Tand mit, um ihn im gesamten Allgäu, in Westschwaben und um das Mare Brigantium herum unter die Leute zu bringen. Die an Ysinensi vorbeiführende Handelsstraße leistete ihren Beitrag dazu, den Ort in jeder Hinsicht für auswärtige Menschen interessanter zu machen – so interessant sogar, dass sich zum Missfallen des Pfarrers inmitten der christlich geprägten Dorfgemeinschaft auch eine Gunstgewerblerin niederließ. Als er ihr einen Platz hinter der Metzig, weit abseits der Dorfmitte zuwies, wurde Hannes Eberz klar, dass er eine klare Struktur in die Gestaltung seines Dorfes bringen musste. Denn genau so, wie sich die Gunstgewerblerin – ohne den Dorfvorsteher zuvor um Genehmigung gefragt zu haben – mitten im Dorf hatte niederlassen wollen, fingen auch andere Siedler an, ihre Zelte einfach dort aufzuschlagen, wo sie es für richtig hielten. Dies ließ Hannes Eberz nicht zu und wies sie in die Schranken, indem er der Länge nach durch ganz Ysinensi im Abstand von zwanzig Fuß Pflöcke in den Boden rammen ließ, die als Markierung für die Hauptstraße dienten, an deren beiden Seiten er Händler mit den dazugehörenden Handwerksbetrieben ansiedeln lassen wollte. »Hinten spinnen, vorne Leinenstoffe unter die Leute bringen! Hinten schlachten, vorne Fleisch verkaufen! Hinten backen, vorne Brot anbieten!«, hatte er dem Grafen vorgeschlagen und dessen Zustimmung umso mehr erlangt, als er empfohlen hatte, dafür einen Bodenzins zu verlangen, von dem die Hälfte an den Grafen gehen sollte. »Die andere Hälfte aber fließt in meine Dorfkasse, damit ich Straßen und Plätze, Brunnen und Wasserläufe innerhalb des Dorfes anlegen lassen kann!«, hatte Hannes Eberz dem Grafen gegenüber mit einem schlitzohrigen Grinsen geäußert, während er ihm die Hand zur Besiegelung gereicht hatte.

      Dabei hatte er schon klar im Kopf gehabt, dass hinter den vorderen Häusern Kleinviehzüchter, ein Huf- und Nagelschmied, ein Sattler, Töpfer und ähnliche Berufsgruppen Platz haben könnten. Um dies zu ermöglichen, würde er den dafür fälligen Bodenzins wesentlich niedriger ansetzen als in der vorderen Reihe.

      Die Ersten, die von den weitreichenden Gedanken des Dorfvorstehers profitieren sollten, waren die beiden jüdischen Familien Bernstein und Reichmann, die man mit Sack und Pack aus Ulm vertrieben hatte, weil sie wegen ihrer zwar florierenden, aber undurchsichtigen Geldgeschäfte in Ungnade gefallen waren. Im Gegensatz zu vielen andern war es ihnen in der Wahrnehmung ihrer dortigen Mitbürger schlicht und ergreifend »zu gut« gegangen. Obwohl der Ulmer Magistrat die gesamten Besitztümer der Familien beschlagnahmt hatte, war den Bernsteins und den Reichmanns durch das verdiente Geld genug zur Verfügung gestanden, um in einer kleineren Siedlung ein neues Leben beginnen zu können – und dies sollte trotz aller Bescheidenheit ganz sicher nicht in der zweiten Reihe sein! Weil Anhänger des mosaischen Glaubens in Ysinensi bisher nahezu unbekannt gewesen waren, hatte der vorsichtige Dorfvorsteher lange gezögert, die vier Erwachsenen mit ihren insgesamt sieben Kindern in Ysinensi aufzunehmen.

      »Wenn die nur keinen Ärger machen!«, hatte Hannes Eberz zwar zu seiner Frau gesagt, den Juden letztlich dennoch für gutes Geld die besten Grundstücke angeboten.

      Im weitläufigen hügeligen Gebiet um Ysinensi herum konnte neben Dinkel und Hafer auch vermehrt Flachs angebaut werden. Denn nach der Aussaat der Leinsamen um den einhundertsten Tag des Jahres herum bot das Klima in dieser Ecke des Voralpenlandes die besten Voraussetzungen für eine gute Ernte. Die nicht allzu hohen Temperaturen und der regelmäßige Wechsel von Sonne und Regen ließen die Pflanzen vom Frühjahr an bis über den Sommer hinweg bestens gedeihen. Und die Betriebe, die den Flachs bis zum spinnreifen Garn brachten, waren im wasserreichen Umland untergebracht. Garnaufkäufer brachten den Stoff von den Flachsrifflern, -brechern und -hechlern auf den Markt von Ysinensi. Den Bleichern, Blaufärbern, vor allem aber den Webern würde in der wasserdurchflossenen Nordseite, der sogenannten »Wasservorstadt« von Ysinensi, genügend Platz zur Verfügung stehen, dachte sich Hannes Eberz. Es ärgerte ihn, dass er selbst zu wenig Ahnung von Dorfplanung hatte. »Aber der Anfang ist gemacht!«, hatte er zu seiner Frau Agathe gesagt, nachdem alle Pfähle eingerammt waren und er todmüde und hungrig nach Hause gekommen war. Nachdem sie ihm eine große Schüssel mit kräftigendem Haferschleim hingestellt hatte, war Hannes mit sich und der Welt doch irgendwie zufrieden. Denn in seinem Innersten wusste er, dass er das Richtige tat.

      Und genau so war es auch: Gemeinsam mit den anderen alteingesessenen Bewohnern von Ysinensi und den neu Hinzugezogenen galten die Eberz in den Augen der Bevölkerung anderer Dörfer und Städte als Garant dafür, dass der Erfolg und das damit einhergehende pulsierende Leben in diesem Teil des Allgäus auch künftig gedeihen würden.

      Um all das besser vor fremden Zugriffen schützen zu können, war der durchlässige Speltenzaun durch eine feste Palisadenumfriedung ersetzt worden, die der Dorfvorsteher zusammen mit einem Holzrücker aus Maierhöfen und dessen beiden Pferden mit schweren Toren bestückt hatte, die er – was es in Ysinensi noch nie gegeben hatte – die Nächte über mit jeweils zwei Wachposten besetzte.

      Kapitel 6

      All diese gottgefälligen Werke sollten drei weiteren »Männern der ersten Stunde« nicht viel nützen; denn noch während des Klosterbaus war der Bauleiter mitten auf der Baustelle mit einem Stein erschlagen worden. Weil der bullige Mann seine Männer stets mit der Knute angetrieben und kein einziges gutes Wort für sie übrig gehabt hatte, vermuteten die meisten Arbeiter, dass es einer der ihren gewesen sein könnte, dem die Schikanen des brutalen Mannes zu viel geworden waren. Aber weshalb hätte der ihm eine Zahl in die Stirn ritzen sollen? Weil niemand den Bauleiter gemocht hatte, wurde nach dessen Tod nicht viel über den Mord gesprochen. Im Grunde genommen waren alle froh darüber, den brutalen Speichellecker des Grafen ein für alle Mal

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